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BAD NEUSTADT
Doktor-Titel: „Fußball ist keine Religion“
Hubert Herbert
Hubert Herbert
 |  aktualisiert: 17.04.2017 03:28 Uhr

„Fußball und Kirche durchziehen mein Leben, seit ich denken kann.“ Seine beiden Leidenschaften hat Pastoralreferent Dr. Thorsten Kapperer, Beauftragter für Jugend und Schule im Dekanat Bad Neustadt sowie Regionaljugendseelsorger, laut einer Mitteilung des Bischöflichen Pressedienstes nun in einer Doktorarbeit zusammengebracht. „Leidenschaft und Fußball. Ein pastoral-theologisches-Lernfeld“ lautet der Titel des 464 Seiten starken Werks.

Kreatives Potenzial

Fußball beinhalte viel kreatives Potenzial für die Pastoral. Dieses Potenzial möchte Kappererer unter anderem für die Pastoral der Zukunft nutzen, erklärt er. „Ich wünsche mir mehr Leidenschaft, auch in der Kirche.“

„Ich bin fußballverrückt und kirchenverrückt“, beschreibt Kapperer sich selbst. Aufgewachsen in Lohr am Main, spielte er als Kind im SV Sendelbach und trainierte später die G- und F-Jugend. Zugleich war er Ministrant, dann Oberministrant. In der zwölften Klasse beschloss er, Theologie zu studieren, und absolvierte anschließend die Ausbildung zum Pastoralreferenten.

Eigenes Konzept

Schon damals habe er Berührungsfelder zwischen Sport und Religion gesehen. Nach der Ausbildung habe er dann den Wunsch verspürt, ein eigenes pastorales Konzept zu entwickeln. „Ich wollte die beiden Themen wissenschaftlich in Beziehung setzen und mir so ein Konzept für mein pastoraltheologisches Wirken erarbeiten“, erklärt Kapperer, der mittlerweile für die „Rhön-Oldies“ kickt.

Unerwartete Formen

Im Verein habe er die Erfahrung gemacht, dass Pastoral auch ganz unerwartete Formen annehmen kann. Während des Studiums war Pastoraltheologie Kapperers Lieblingsfach. So wandte er sich an Professor Dr. Erich Garhammer, Inhaber des Lehrstuhls für Pastoraltheologie an der Universität Würzburg. „Er war gleich offen für meine Idee.“ Im September 2012 begann Kapperer mit der Arbeit an seiner Promotion, im Sommer 2016 legte er das Doktorexamen ab. „Kirche ist nicht ,nur‘ im Gottesdienst sichtbar. Das Religiöse wird auch außerhalb seiner angestammten Orte in den etablierten Konfessionen und Kirchen sichtbar, zum Beispiel auf dem Fußballplatz“, erklärt er die Grundidee seiner Doktorarbeit.

Verstanden werden

Religion biete Inhalte, die einen guten Beitrag für ein gelingendes Leben leisten könnten. „Allerdings muss sie ihre Inhalte so kommunizieren, dass sie verstanden werden – auch von Menschen, die sich nicht zu einer Pfarrgemeinde zugehörig fühlen. Die Frage war also: Wie kann man die tolle Botschaft Jesu kommunizieren, so dass sie wieder bei den Menschen ankommt?“

Drei Teile

Um sich dieser Frage wissenschaftlich zu nähern, unterteilte Kapperer seine Doktorarbeit in die drei Hauptteile „Sehen“, „Urteilen“ und „Handeln“. Im ersten Teil betrachtet er die Geschichte des Fußballs als die Geschichte einer Leidenschaft. Zugleich stellt er klipp und klar fest: „Fußball ist keine Religion, und es gibt auch keinen Fußballgott.“

Dennoch zeigt er im zweiten Teil unter anderem auf, wie exemplarische Kennzeichen des Heiligen auch beim Fußball sichtbar werden. Kapperer beschreibt das Heilige als etwas, das zugleich „erschreckt und fasziniert“. Wenn der Fußballfan das Stadion betrete, lasse er die profane Welt hinter sich und betrete einen anderen Lebensbereich „Beim Fußball kommt das Heilige derart zum Ausdruck, dass es offensichtlich von vielen Menschen verstanden wird. Somit kann der Fußball zum Vorbild pastoraltheologischer Sprachfähigkeit werden“, folgert er.

Bundesweite Beispiele

Für den dritten Teil hat Kapperer bundesweit Beispiele gesammelt, wie Kirche und Fußball voneinander profitieren können. Viele weitere Beispiele hat Kapperer zusammengetragen, von der Fußballwallfahrt mit Jugendlichen über Sportlergottesdienste bis zur Stadionkapelle des FC Schalke 04, in der viele Trauungen und Taufen stattfänden. Er selbst organisierte 2010 für seinen Heimatverein SV-DJK Langenleiten einen Fußballworkshop mit Jugendtrainer Udo Bassemir vom FC Bayern München, den er zufällig bei einer Tagung kennen gelernt hatte.

Andere Formen

„Der Gottesdienst ist mir sehr wichtig, aber es muss auch andere Formen geben. Für die Pastoral der Zukunft wünsche ich mir, dass wir noch viel mehr als bislang den Blick über den kirchlichen Tellerrand wagen und uns von dem inspirieren lassen, was Menschen heute bewegt. Gerade mit Blick auf die Pastoral der Zukunft gibt es viele Möglichkeiten, etwas zu gestalten“, zieht Kapperer ein Fazit seiner Arbeit.

Neue Arbeitsstelle

Die Erkenntnisse aus seiner Doktorarbeit möchte er auch an seiner nächsten Stelle einbringen. Im September wechselt er in die Pfarreiengemeinschaft „Unter der Homburg, Gössenheim“ und wird für den pastoralen Raum Gemünden in der Koordination und Planung tätig sein.

Thorsten Kapperer: Leidenschaft und Fußball. Ein pastoral-theologisches-Lernfeld. Band 98 der Reihe „Studien zur Theorie und Praxis der Seelsorge“. Echter-Verlag Würzburg, 2017. 464 Seiten, 42 Euro.

 
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