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BAD NEUSTADT
Die Zeit wird knapp, das Klima zu retten
Von unserem Mitarbeiter Eckhard Heise
 |  aktualisiert: 11.10.2012 12:05 Uhr

Das Bild war bezeichnend: Dicht besetzt war der Schalterraum der Sparkasse, in der ersten Reihe saß allein, fünf Plätze vom nächsten Teilnehmer entfernt, der Referent des Abends, Professor Franz Josef Radermacher, Mitglied des Clubs of Rome, der Institution, die in den 90er Jahren das Weltgewissen darstellte, inzwischen totgeschwiegen wird, weil deren Warnungen nicht mit dem ungehemmten Wachstum der Weltwirtschaft vereinbar sind. Jetzt, da die Prognosen sich erfüllt haben, wird nach Auswegen gesucht, von denen einige der Wissenschaftler aufführte.

Wer von dem unglaublich redegewandten und mit viel Beifall bedachten Mann lokale Betrachtungen erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Der Wissenschaftler, der für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft eintritt, steht für globale Betrachtungsweise. Schon das Thema seines Vortrags „Klima und Energie“ spiegelt seine Denkweise wider: Erst durch umfassende Analyse lassen sich Zusammenhänge erkennen.

Die Zukunftsprobleme der Menschheit lassen sich nach Radermacher auf die zwei Themenbereiche reduzieren. Nicht die Beschaffung von Lebensmitteln und Wasser werde die Existenz sichern, sondern die Erzeugung von Energie. „Hast du genügend Energie, kannst du ausreichend Lebensmittel und Wasser produzieren.“ Aber: „Wir haben sie eben nicht.“ Die Suche danach kann für Radermacher nur bei erneuerbaren Energien enden. Dezentrale Versorgungseinheiten hätten zwar ihre Berechtigung, doch die Lösung könne nur in größerem Maßstab stattfinden, wie der Stromgewinnung in der Wüste und dem Projekt Desert Tec, das den Energiehunger in Europa stillt und Nordafrika Wohlstand bringt. Skeptischer betrachtet Radermacher die Umsetzung seiner Vision zum Stopp des Klimawandels. Mit gewisser Berechtigung sagen Länder wie China und Indien, dass sie nicht die größten Verschmutzer der Atmosphäre sind und dass die großen Industrienationen kein Recht haben, Vorschriften zu machen. Radermacher sieht den Zug längst abgefahren, dass der Ausstoß auf das Niveau zurückgefahren wird, das in Klimazielen festgelegt wurde. An das Szenario einer Erwärmung von lediglich zwei Grad glaube ohnehin schon niemand mehr.

Da es also vergeblich sei, den Ausstoß zu reduzieren, könne die einzige Lösung sein, das klimaschädliche Kohlendioxid der Atmosphäre zu entziehen. Das funktioniere lediglich auf eine Weise: Aufforstung um jeden Preis und Grünlandmanagement. Mit ein paar Bäumen sei es nicht getan. Um den Kohlendioxidanteil spürbar zu senken, müsste eine Fläche von der Größe Europas bepflanzt werden. Das könnte durch die Aufforstung der Bereiche des Regenwaldes geschehen, die abgeholzt worden sind. Grünlandmanagement sei notwendig, um die Fütterung der rund 1,3 Milliarden Rinder so umzustellen, dass deren Methanproduktion durch Wiesenbeweidung neutralisiert werde. Fast schon zynisch eine weitere Möglichkeit, Schadstoff-Ausstoß zu senken. Die Bevölkerung der Wohlstandsgesellschaften müsste in Armut versinken, damit sie sich hohen Energieverbrauch nicht mehr leisten kann. Dieser Prozess sei schon eingeleitet, wie die Diskussion um Mindestlohn und Billigjobs unterstreiche. Eine solche Entwicklung sei allerdings nicht im Sinne des Clubs of Rome, der Wohlstand für alle propagiere.

Ganz auf globaler Ebene sollte der Redner aber nicht nur agieren. Sparkassendirektor Roland Schmautz erkundigte sich nach dessen Haltung zur E-Mobilität. Radermachers Antwort war nicht nach jedermanns Geschmack. Das Elektroauto sei ein Segment unter künftigen Fortbewegungsmitteln, aber eben nur eines. Die Möglichkeiten seien längst nicht ausgeschöpft.

 
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