„Von der Erfindung bis zur Umsetzung dauert es durchschnittlich 20 Jahre, hier waren es nur fünf - und das ganz ohne Forschungsgelder“, lobte Professor Markus Antonietti, Leiter des Max-Planck-Instituts (MPI) für Grenzflächen- und Kolloidforschung beim Symposium in Bad Königshofen, zu dem die Artec Biotechnologie GmbH anlässlich der Auslieferung der ersten HTC-Anlage an die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Göttingen eingeladen hatte.
Die „Art.coal 20k“, die am Dienstag in auslieferungsfertiger Version zu bestaunen war, hat eine Vorgeschichte, die bis ins Jahr 2005 zurückgeht (wir berichteten mehrfach). Das MPI hatte damals einen Artikel mit dem Titel „Zauberkohle aus dem Dampfkochtopf“ veröffentlicht, die Idee wurde von den Vertretern der Agrokraft GmbH und Renergie Systeme GmbH & Co. KG aufgegriffen.
Wie Michael Diestel, Geschäftsführer der Artec und der Agrokraft, zu Beginn des Symposiums berichtete, konnte am Aschermittwoch 2008 um 2 Uhr morgens die erste produzierte HTC-Biokohle gewonnen werden. Von da an ging der Weg weiter in den Bereichen Entwicklung und Forschung und auch auf der Suche nach möglichen Forschungsgeldern, was trotz großer Bemühungen leider nicht geklappt hat. Als Bestätigung von Stehvermögen und Tapferkeit, Freundschaft und Zuverlässigkeit und der Umsetzbarkeit von Visionen sah Diestel den Erfolg, der an die Auslieferung der ersten fertigen HTC-Anlage geknüpft ist. Zuvor war 2011 bereits ein Forschungsautoklav „Art.coal 2.0“ für das Biomasse-Forschungszentrum Leipzig gebaut worden.
Nach einem Grußwort, gesprochen von Landrat Thomas Habermann, berichtete über die HTC-Technologie Peter Wieczorek, Geschäftsführer der Artec GmbH und Renergie Systeme GmbH & Co. KG. Er erinnerte an erste Versuche und an unzählige investierte Stunden, um das Projekt erfolgreich umzusetzen. Kurzreferate zum Thema hielten Diana Neudeck von der Hochschule Göttingen, Prof. Markus Antonietti, Prof. Bruno Glaser von der Universität Wittenberg-Halle, Katja Wiedner von der gleichen Universität sowie Dr. Marco Klemm vom Deutschen Biomasse-Forschungs-Zentrum, Prof. Dr. Frank - Dieter Kopinke vom Umweltforschungszentrum und Prof. Dr. Gert Lautenschlager aus Weihenstephan/Triesdorf .
„Vielleicht sind wir einige Jahre zu früh dran“, mutmaßt Professor Antonietti, denn erst jetzt geht die Entwicklung dahin, dass alle vorhandenen Stoffe einen Wert darstellen, gemäß der EU-Richtlinie zur Nutzung von Reststoffen. „Wenn die Artec die schmalen Jahre überlebt, wartet auf sie ein potenzieller Markt von weltweit 60 Milliarden Euro“, hat er ausgerechnet. „Was wir brauchen ist eine Technik mit negativer CO2-Bilanz“, so der Professor. Die HTC-Kohle bindet das klimaschädliche Kohlendioxid für 160 bis 800 Jahre, wenn man sie als Bodenverbesserer in die Erde bringt. Hier sieht er das größte Anwendungspotenzial. Für die Entwickler der HTC-Anlage, empfindet er tiefen Respekt. „Sie hätten wirklich Forschungsgelder verdient“, ist seine Meinung.
In Halle wird fleißig weitergeforscht, berichtet Katja Wiedner, die zuvor einen Vortrag zum Thema „Chemische Charakterisierung von HTC aus Pappel, Stroh und Oliventrester bei unterschiedlichen Temperaturen“ gehalten hatte.
Zu den Gästen beim Symposium gehörten auch potenzielle Kunden, wie Regina Blümel, zuständig für die Projektentwicklung der Stadtwerke Halle. Sie hofft, dass die Stadtwerke eine HTC-Anlage kaufen und hat sich vor Ort von der Technik überzeugt
Es geht jedenfalls weiter für die Artec GmbH, deren HTC-Anlage die Geschäftsführer Wieczorek und Diestel als Schlüsseltechnologie in den Bereichen Klimawandel und Ressourcenschonung ansehen. Die nächste Bestellung liegt bereits vor, sie geht an die Betreiber der Biogasanlage in Ostheim.