Von morgens bis abends läuft Werbung im Fernsehen, im Radio, im Internet. In welche Zeitung oder Zeitschrift wir auch blicken, ohne Werbung anzusehen, funktioniert unser Leben scheinbar nicht mehr. Doch ist Werbung gleichzeitig auch Manipulation? Philipp Weber hat sich diesen Verdacht vorgenommen und einen ganzen Kabarettabend darum gestrickt. Welche Erkenntnisse er dabei gewonnen hat, davon durfte sich das Publikum in der Stadthalle überzeugen. Wobei „überzeugen“ nicht das richtige Wort ist, das wäre ja dann Manipulation, oder nicht? Oder Werbung?
Philipp Weber aus Amorbach im Odenwald ist bekannt dafür, dass er sich bestimmte Themen genauestens vornimmt und sich abendelang an ihnen abarbeitet. Mit seinem neuesten Programm „Ich liebe ihn“ war Weber in der Stadthalle zu Gast. Auf der großen Bühne, die Weber durchaus braucht, legt er schließlich gefühlt mehrere Kilometer pro Abend zurück. Zu umtriebig ist er, wenn er an das Thema Werbung denkt und sich dabei vorstellt, wann Werbung in Manipulation übergeht. Wo liegen die Grenzen? Philipp Weber will es wissen.
Beispiel Palmolive, ja, das Spülmittel. „Sie baden gerade Ihre Hände darin“, suggerierte die Werbung aus den 1970er Jahren. Natürlich Quatsch, wer badet schon seine Hände in Spülmittel. Dennoch ist diese Werbung sinnbildlich für Produktbilder und -Vorstellungen, die sich über Jahrzehnte im kollektiven Gedächtnis halten. Ist das dann eine Manipulation der Gesellschaft?
Alles ist Marketing, alles ist Werbung. Weber zitiert die Parship-Werbung: „Alle elf Minuten verliebt sich ein Single bei Parship.“ Und Philipp Weber wäre nicht Philipp Weber, wenn er da nicht mal nachrechnen würde. Mit erstaunlichem Ergebnis. Bei Millionen von Nutzern des Online-Datingdienstes läge die Wahrscheinlichkeit bei gerade mal 1,5 Prozent, sich tatsächlich via Parship zu verlieben. „Sie haben mehr Chancen den passenden Partner zu finden, wenn Sie auf einer Isolierstation sind“, zetert Weber.
Doch warum klappt Werbung trotzdem? Warum sollen wir sechs Eier einkaufen gehen und kommen mit sechs Eiern und einem Laubbläser nach Hause? Warum reicht nicht der Weber Kugelgrill (das „Gartenpissoir“) aus, sondern es muss das Modell „Genesis“ sein. Selbst wenn dieses gar nicht auf den heimischen Balkon drauf passt. Vom Thermomix in Frauenhand mal ganz zu schweigen.
Intelligent wird Philipp Weber, wenn er das ganze Dilemma über die Maslowsche Bedürfnispyramide erklärt. Etwas, was der halbwegs gebildete Durchschnittsbürger durchaus versteht und nachvollziehen kann. Und trotzdem auf Werbung reinfällt, weil Werbung auf Bedürfnisse abzielt, die vermeintlich höher gesteckt werden, als sie in Wahrheit sind. Gekauft wird anschließend dennoch. Mit Genuss. „Eine Armbanduhr von Rolex, die bis 1200 Meter wasserdicht ist“, nimmt sich der Hobbytaucher Weber vor. „Wenn ich mit Ihnen auf 1200 Meter hinabtauche, haben Sie ganz andere Probleme als die korrekte Uhrzeit ablesen zu können.“
Dass er selbst vor Werbung und den Vorzügen des Kapitalismus nicht gefeit ist, streut Weber immer wieder in sein Programm ein. Nämlich dann, wenn er selbst Werbung machen soll für irgendwelche Produkte, sich zunächst vehement dagegen wehrt, dann aber der Verlautbarung „Die zahlen dir 5000 Euro!“ sehnsüchtig ob des schnöden Mammons nachgibt.
Was Werbung mit Kindern anzustellen vermag, ist hinlänglich bekannt. „Wenn es nach mir ginge, wären jegliche Marketingaktionen für Kinder unter zwölf Jahren gesetzlich verboten“, schimpft Philipp Weber. Und die Erwachsenen? Die fallen auf die Autowerbung mit Bergabfahrhilfe und Parkassistent herein. „Muss ich im neuen Auto bei Wiedereintritt in die Erdatmosphäre den Warnblinker einschalten“, fragt Philipp Weber völlig zu Recht. Und hat damit die Werbeindustrie bestimmt auf eine neue Idee gebracht.