Wie kann man einen herrlich sonnigen und warmen Spätsommernachmittag am Abend am besten ausklingen lassen ? Vielleicht mit einem Biergartenbesuch? Oder mit einer Grillparty? Wie wär's denn mit Franz Schuberts "Die schöne Müllerin". Die Besucher des gleichnamigen Liederabends im Kloster Wechterswinkel waren jedenfalls hellauf begeistert.
Hauptverantwortlich für dieses Glücksgefühl waren die beiden exzellenten Künstler: Sänger Sebastian Köchig und Michael Lörcher am Klavier. Beiden merkte man die Freude richtig an, endlich wieder einmal vor Publikum auftreten und das musikalische und gesangliche Können unter Beweis stellen zu können. Sebastian Köchig freute sich riesig über seinen diesjährigen Premierenauftritt, der coronabedingt erst mit großer Verspätung erfolgen konnte.
Ein Meilenstein der Musikgeschichte
Kreiskulturmanagerin Carolin Fritz-Reich kündigte bei der Begrüßung eingangs das Werk als "Meilenstein der Musikgeschichte" an und hatte damit nicht zu viel versprochen. Mitreißend die ausdrucksstarke Tenorstimme von Sebastian Köchig, mal gefühlvoll und empathische, mal temperamentvoll und kräftig, die die Gefühlswelt des Müllergesellen eindrucksvoll beschreibt, ja unterstreicht und hervorhebt. Dazu das meisterliche Klavierspiel von Dozent Michael Lörcher, laut Carolin Fritz-Reich "Stammgast" im Kloster.
Der österreichische Komponist Franz Schubert war Zeitgenosse von Ludwig van Beethoven und – wie Sebastian Köchig zum diesjährigen Beethoven-Jahr (250. Geburtstag des berühmten Komponisten) verriet, auch einer der sechs Sargträger, die ihn 1827 zu Grabe trugen. 20 vertonte Gedichte umfasst der Liederzyklus, die auf Wilhelm Müller zurückgehen. Die tragisch endende, romantische Liebe eines Müllergesellen auf der Wanderschaft zur Tochter seines Meisters bildet die Rahmenhandlung des Werkes. Das erste Lied "Das Wandern ist des Müllers Lust" ist auch heute noch Jung und Alt bestens bekannt und ein richtiger Evergreen.
Müllergeselle ertränkt sich im Bach
Die Liebe des Müllergesellens scheint anfangs von der Müllerstochter erwidert zu werden, doch schließlich entscheidet sie sich doch für den Jäger und damit für den angeseheneren Beruf. Mit dieser Enttäuschung ("mein Schatz mag´s grün so gern….. mein Schatz hats Jagen so gern") wird der Müllergeselle nicht fertig und ertränkt sich schließlich im Bach.
Diese Stimmung – mal himmelhochjauchzend, dann am Ende zu Tode betrübt – spiegelt sich auch immer wieder in der Tonart wider. Gut die Hälfte des zweiten Abschnitts ist in Moll gehalten. Sebastian Köchig und Michael Lörcher präsentieren diese Stimmungsschwankungen meisterlich: mal pure Lebensfreude und überschwängliche Glücksgefühle in Dur, mal Zornesausbrüche, tiefste Enttäuschung und innere Zerrissenheit. Am Ende gibt es für die beiden Künstler minutenlang begeisterten Applaus, wofür sie sich noch mit der Zugabe "Im Abendrot" (Franz Schubert) beim Publikum bedanken.