
Vor 60 Jahren liefen die ersten Rennpappen, wie die DDR-Bürger ihren Trabant halb liebevoll, halb abschätzig nannten, von den Bändern im Automobilwerk Zwickau. Das ist, wie der Staat selbst, längst Geschichte. Im Gegensatz zur DDR fand das Gefährt im Westen viele Liebhaber. Einer von ihnen ist der Bad Königshofener Christian Fischer. „Ich wollte schon immer einen Trabbi haben“, erklärt der Wirt des Hotel-Restaurant Schlundhaus. Nur hatte er in den Jahren nach der Grenzöffnung so viel geschäftlich um die Ohren, dass er einfach keine Zeit fand, sich ernsthaft auf die Suche zu machen. Es sollte eh kein Wald- und Wiesen-Trabbi sein, sondern ein eher seltener Kombi, denn „in die anderen kriegt man ja nichts rein“, wie Fischer meint.
Das Auto seiner Träume stand im Spreewald
Es war schon im Jahre 2006, als er von Gästen aus Brandenburg dann auch den Tipp bekam, wo er ein Exemplar seiner Wünsche ausfindig machen könnte. Im über 400 Kilometer entfernten Spreewald bei Berlin gab es einen Werkstattbesitzer, der noch einen Trabant 601 S Kombi, Baujahr 1987, bei sich stehen hatte. Fischer ließ sich Fotos kommen und war begeistert. „Den kauf ich“, teilte er seiner Tochter mit, steckte sich 2000 Euro ein und bat sie, mit ihm zusammen das Auto abzuholen.
Während die Tochter dann auf dem Nachhauseweg vorausfuhr, knatterte Fischer am Nachmittag dieses Tages mit dem 26 PS starken Zweitakter hinterher.
Ein Höllentrip im Trabbi durch die Nacht
Es sollte ein Höllentrip werden. Die Karre blieb nämlich alle 100 Kilometer stehen. „Alles kein Problem“, dachte sich Fischer anfangs, schließlich war er ja Mitglied in einem großen deutschen Automobilclub, der damit wirbt, Engel persönlich zur Reparatur vorbeizuschicken. Nach ein wenig Hin-und-her-Geschraube lief der Trabbi auch wieder – bis zum nächsten unfreiwilligen Stopp. Alles gute Zureden half nichts, das Auto gebärdete sich wie ein störrischer Esel. Also wieder ein Telefon gesucht – sein Handy hatte Fischer zuhause vergessen – und den Notdienst alarmiert. Und so ging das dann immer weiter.
Erst in Jena wurd der Fehler entdeckt
„Das waren alles Ost-Experten“, sagt Fischer, die bekamen das Auto für eine gewisse Zeit zwar wieder flott, aber keinem gelang es, den Fehler wirklich zu finden. Bis er mitten in der Nacht in Jena ankam. Für den Mann vom Dienst war die Sache schnell klar. Der schnappte sich den Tankdeckel, stocherte ein wenig rum und fortan lief die Rennpappe wie ein Uhrwerk, oder, – vielleicht besser – wie eine Nähmaschine. Des Rätsels Lösung: Das Belüftungsloch des Tankdeckels war verklebt. Dadurch entstand im Tank ein Unterdruck, wodurch dann regelmäßig die Benzinzufuhr blockiert wurde.
Polizisten wollten mal Trabbi fahren
Mittlerweile hatte man sich im Hause Fischer in Bad Königshofen schon Sorgen um den Verbleib des Vaters gemacht. „Die wollten schon eine Vermisstenanzeige aufgeben“, lacht Fischer heute über die Sache. Damals war ihm anders zumute. Bis er endlich früh um 6 Uhr erschöpft ins heimische Bett fallen konnte, musste der Wirt allerdings noch ein ungewöhnliches Erlebnis über sich ergehen lassen. Bei Mellrichstadt hielt ihn nämlich eine Polizeistreife an. Aber nicht, weil am Auto etwas defekt gewesen wäre oder er sich irgendeines Fehlers schuldig gemacht hätte.
Nein, die Polizisten hätten ihn gebeten, eine Runde mit dem Trabi fahren zu dürften. Mit knirschenden Zähnen erfüllte er den Freunden und Helfern diesen Wunsch.
Benzin mit einem Schuss Kettensägeöl
Zuhause in Bad Königshofen sei er zunächst etwas angefeindet worden wegen der Luftverschmutzung, die der Betrieb des Trabbis nach sich zieht, aber bald schon habe sich das geändert. „Jetzt lächeln die Leute und grüßen“, freut sich Fischer. Probleme gab es anfänglich beim TÜV, aber mittlerweile ist das auch kein Problem mehr. Da machen ihm die Bremsen schon mehr Sorgen. Getankt wird übrigens Benzin mit einem Schuss Kettensägeöl. Einen großen Traum hat Fischer noch. Einmal mit dem Trabbi über die Autobahn in seine alte Heimatstadt Düsseldorf fahren. Doch, das gibt er zu, „das hab ich mich bisher noch nicht getraut.“