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RHÖNBLICK
Die Rhön will den schiefsten Turm der Welt
In der thüringischen Rhön könnte in den nächsten zwei Jahren ein spektakuläres Aussichts- und Erlebniszentrum entstehen – mit dem schiefsten Gebäude der Welt.
Schwindelerregend: Auf einem beweglichen Band in Form einer Umlaufbahn können Besucher in 30 Metern Höhe und seilgesichert einen Spaziergang wagen.
Foto: Biessmann & Büttner | Schwindelerregend: Auf einem beweglichen Band in Form einer Umlaufbahn können Besucher in 30 Metern Höhe und seilgesichert einen Spaziergang wagen.
Fred Rautenberg
 |  aktualisiert: 26.04.2023 21:08 Uhr

Bayern hat den Kreuzberg, Hessen die Wasserkuppe mit dem berühmten Kugel-Radom. Nun soll auch die Rhön in Thüringen ein ganz besonderes Wahrzeichen bekommen.

Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen plant in der Gemeinde Rhönblickgemeinsam mit den Anrainer-Kommunen auf dem 751 Meter hohen Tafelberg einen mehr als 70 Meter hohen Aussichtsturm, auf dem man über die Hügel der Rhön blicken kann. Das Areal liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zu Unterfranken entfernt.

Das geplante Bauwerk würde sich um 23,5 Grad neigen. Im Guinness-Buch der Rekorde ist das Capital Gate in Abu Dhabi mit 18 Grad als schrägstes Gebäude vermerkt. „Das würden wir deutlich überbieten“, kündigt Schmalkalden-Meiningens Landrat Peter Heimrich in einer Presseerklärung an.

Das Schmalkalder Architekturbüro Bießmann+Büttner sieht einen Guinness-Buch-Rekord als zusätzlichen Ansporn. „Auf diesen Fakt sind wir aber erst im Zuge der Projektplanung gestoßen“, erklärt Planer Jens Büttner. „Entscheidend für den Entwurf waren die Aura und der Charakter des Aussichtsberges.

Der einzigartige Nachthimmel zum Beispiel offenbart astronomische Phänomene wie das an nur wenigen Orten der Welt sichtbare Zodiakallicht. Nicht umsonst ist die Hohe Geba als Kernzone eines Sternenparks im Biosphärenreservat Thüringer Rhön vorgesehen.

So sollen am Turm befestigte Stahlseile eine ellipsenförmige Umlaufbahn tragen, die zu einem Rundgang in bis zu 30 Metern Höhe einladen wird. „Die ansteigende Umlaufbahn soll ähnlich wie eine Wirbelsäule aus vielen einzelnen Segmenten bestehen“, erklärt Architekt Jens Büttner. Besucher würden wie bei einem Hochseilgarten gesichert.

„Schon die Ankunft auf dem Berg soll ein Erlebnis sein“, erklärt Planer Jens Büttner. Bei ansteigendem Gelände nähert sich der Besucher auf ebenem Wege und verschwindet so erst in der Landschaft und danach im unterirdischen Foyer.

Himmelskörper-Rutsche

Eine Ausstellung auf etwa 1200 Quadratmetern soll sich mit astronomischen Phänomenen, mit der Entstehung der Rhön sowie mit Wetter- und Naturereignissen auseinandersetzen. Für die Ausstellungskonzeption zeichnet das Berliner Büro „Studio klv“ verantwortlich.

Das Büro will verschiedenen Fragen nachgehen: Wie schwer ist eine Tüte Milch auf dem Mond? Wie entstehen die Jahreszeiten? Oder wie fühlen sich Sprünge in der Schwerelosigkeit an? „Darüber hinaus werden wir mit Medienteleskopen arbeiten, mit einer Projektion des aktuellen Sonnenbildes auf dem Boden des Foyers, mit einem Lava-Lift oder mit einer riesengroßen Himmelskörper-Rutsche“, erklärt Ausstellungs-Entwickler Kehrer. Mit einer Höhe von 52 Metern und einer Länge von rund 120 Metern könnte hier eine der größten überdachten Trockenrutschen der Welt entstehen.

14-Millionen-Projekt

Im Kopf des Turms sind Räumlichkeiten für Verpflegung und Seminare geplant. Auf dem Dach wird ein Sonnendeck am Tage wie nachts beeindruckende Ausblicke bieten.

„Wir wollen auf der Hohen Geba ein Leuchtturmprojekt schaffen, mit dem wir touristische Impulse für die Thüringer Rhön und darüber hinaus erzielen“, erklärt Landrat Heimrich. Für die 14-Millionen-Euro-Investition wird mit einer 90-prozentigen Förderung durch das Thüringer Wirtschaftsministerium gerechnet. „Ich bin dem Freistaat sehr dankbar dafür, dass er sich so klar zur Rhön bekennt“, betont Heimrich.

Ausschreibung und vielleicht sogar der Spatenstich könnten dieses Jahr noch erfolgen, im Jahr 2016 soll das Besucherzentrum auf der Hohen Geba öffnen.

Friedrich Kugler, Professor für Tourismuswirtschaft an der Fachhochschule Schmalkalden, begleitet das Vorhaben aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht: „Wir haben uns an aktuellen Tourismustrends orientiert. Das Projekt soll authentisch sein, die Besonderheiten der Umgebung widerspiegeln und ein Erlebnis bieten“, erklärt er.

„Und zwar für ganz unterschiedliche Besuchergruppen.“ Kugler, der auch für das Betreiberkonzept zuständig ist, sieht bei der anvisierten Attraktivität das Ziel von 100 000 Besuchern als realistisch an. „Nach unseren Berechnungen könnte sich das Besucher- und Erlebniszentrum aber bereits bei etwa 80 000 Besuchern pro Jahr wirtschaftlich selbst tragen – und das bei konservativer Kostenkalkulation und marktkonformen Preisvorstellungen.“

Wirtschaftlichkeitsberechnungen

Am Donnerstag wurde das Projekt erstmals umfänglich im Rahmen der Gemeinderatssitzung in Helmershausen öffentlich vorgestellt, inklusive der Wirtschaftlichkeitsberechnung und des Betreiberkonzepts.

Unterstützung kommt aus dem thüringischen Wirtschaftsministerium. „Der Standort hat das Potenzial, ein neuer touristischer Leuchtturm ähnlich dem Baumkronenlehrpfad im Hainich zu werden“, so der SPD-Wirtschaftsminister Uwe Höhn.

Allerdings ist das Projekt nicht unumstritten. Geba-Pächter Silvio Vollstädt und sein Mitstreiter Armin Chronst haben ein Alternativ-Konzept entwickelt, um die Umgestaltung des Areals behutsamer anzugehen. Hier wären nur rund drei Millionen zu investieren.

Über eine Verwirklichung des Turm-Projekt müssen Gemeinderäte und der Landkreis entscheiden.

Projekt in Schieflage: Ein spektakulärer, 70 Meter hoher Aussichtsturm mit einem Besucher- und Erlebniszentrum auf der Hohen Geba könnte ein touristisches Leuchtturmprojekt der Thüringer Rhön werden. Doch gegen das 14-Millionen-Projekt regt sich der Widerstand von Naturschutzverbänden und kritischen Bürgern.
Foto: Biessmann & Büttner | Projekt in Schieflage: Ein spektakulärer, 70 Meter hoher Aussichtsturm mit einem Besucher- und Erlebniszentrum auf der Hohen Geba könnte ein touristisches Leuchtturmprojekt der Thüringer Rhön werden.
 
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  • C. B.
    Da frag ich mich ernsthaft wie so etwas mit noch mit Naturschutz und Biosphärenreservat vereinbar ist.
    Nichts gegen einen Aussichtsturm (wie im schwarzen Moor) aber das hier ist zu viel des Guten.
    Auch die prognostizierten Besucherzahlen von 100.000 p.a. sind doch deutlich zu hinterfragen.
    Sternenpark etc. hat auch was mit "Lichtverschutzung" zu tun. wie ein solcher Projekt allerdings ohne entspr. Beleuchtung der Parkplätze, Treppen etc. laufen soll ist doch eher fraglich.
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    Die sollen mal in sich gehen und überlegen wer es ihnen ermöglichte das sie auch dahin dürfen was Sie von dort aus sehen. Desweiteren sollen sie mal zurückblicken und überlegen wie es im Osten vor der Wende ausgesehen hat und mit welchen Milliarden das heutige Ostdeutschland aufgebaut wurde! Wenn zuviel Soli übrig ist, dann können die ja gerne darauf verzichten! Wer Geld für solchen Schwachsinn hat braucht keine weiteren Hilfszahlungen mehr.
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  • N. K.
    braucht es wohl so einen Quatsch.
    Baumwipfelpfad im Steigerwald, "Aussichtsröhren" in den Alpen und so fort...
    Müssen denn alle unsere (noch) schönen Ecken für jeden Halbschuh-Touristen "erschlossen" werden?
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    eine unberührte Naturlandschaft zerstört wird..... zwinkern

    Sind denn schon alle Straßen im Osten "generalsaniert".....und man weiß nicht mehr wohin mit dem Geld?
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    ..... das Ganze als etwas verfrühten Aprilscherz. Aber der kostet uns Steuerzahler etliche Millionen, und von daher kann ich hier nicht lachen traurig
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  • P. K.
    Wie irre die Ideen sind zeigt schon die geäußerte Absicht noch dieses Jahr mit dem Bau anzufangen. Da sind Leute am machen die entweder keine Ahnung von unserer Bürokratie haben, oder nicht haben wollen.
    Zum einsammeln von Investorengeld wir die Intelligenz der Umtreiber aber schon ausreichen. Da findet man immer Dumme.
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  • J. W.
    da oben ist die natur am schönsten, da brauchts kei konkurrenz zu abu dhabi oder pisa. man kann jetzt schon rundum schauen, wenn man etwas seine haxen bemüht
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  • P. K.
    So einen Schwachsinn wie dieses Projekt gibt es nur selten. An jedem Windradl üben die Lokalpolitiker den Aufstand. Aber kaum kommt ein windiger Investor daher und will ihnen den Grössten und Längsten im Land aufstellen, dann finden sie das megageil. Hoffentlich fällt das schiefe Scheusal den Verantwortichen bei der nächsten Wahl auf den Kopf.
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