Es regnete und regnete und wollte zur traditionellen Heidelsteinfeier des Rhönklubs so gar nicht aufhören. Dennoch kamen rund 160 treue Rhönklubmitglieder aus über 30 Zweigvereinen, die sich von Wind und Regen nicht abschrecken ließen. Einer von ihnen, der Oberweißenbrunner Karl Roth, brachte es auf den Punkt: "Bei schönem Wetter kann jeder". Für die Musiker aus Oberelsbach, die die würdige musikalische Gestaltung der Feierstunde übernahmen, musste eigens ein Pavillon aufgestellt werden, letztlich auch, um die wertvollen Instrumente zu schützen.
Es war die 99. Heidelsteinfeier, die in diesem Jahr unter der Überschrift "Heimat" stand. Festredner war der Bürgermeister der Gemeinde Hilders, Ronny Günkel. Einen weiten Bogen spannte Günkel von der Romantik, als Heimat der Inbegriff von Naturverbundenheit war, über die problematische Aneignung durch die Nationalsozialisten, mit der Folge, dass der Begriff in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg einen bitteren Beigeschmack hatte und geächtet wurde. Heimat sei 2006 mit dem Deutschen "Sommermärchen", der Fußballweltmeisterschaft, wieder gesellschaftsfähig geworden, erinnerte Günkel.
Erneut problematisch wurde es 2015, als mit der Flüchtlingskrise viele Menschen ihre Heimat verließen, vor Krieg, Hunger und Verfolgung flüchteten. "2015 versuchten politische Kräfte, den Begriff Heimat erneut zu politisieren, als Begriff für ihre Ideale und ihr Weltanschauung." Leider sei dies kein rein deutsches Problem, in den Nachbarländern wie Polen, Ungarn und Frankreich gebe es ähnliche Strömungen. Günkel positionierte sich klar: "Öffnen wir unsere Herzen und unsere Türen, für unsere Nachbarn, damit wir gemeinsam Heimat leben können. Wenn wir dies beherzigen, können wir es schaffen, auch denen, die aus einem fremden Land ankommen, ein kleines Stückchen Heimat zu bieten." Er verwies auf Kathrin Göring-Eckhardt, die 2018 sagte: "Es ist genug Heimat für alle da". Auch aktuell kommen wieder Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg und Terror verlassen mussten. "Viele bangen um ihre Heimat und möchten dorthin zurückkehren."
"Die Nachkommen sind echte Rhönerinnen und Rhöner"
Günkel sprach über die Bedeutung von Heimat und was es für den Einzelnen bedeute, diese zu verlieren. Viele Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Sudetenland oder Schlesien in die Rhön kamen, fanden hier eine neue Heimat. "Ihre Nachkommen sind heute echte Rhönerinnen und Rhöner."
Heimat sei mehr als ein konkreter Ort. Heimat biete Menschen und Kontakte, Kultur, Bildung, Sprache, Essen und soziale Sicherheit und Frieden. Heimat bedeute für Günkel persönlich: "Unsere Rhön ist diese Heimat, sie ist unser Sehnsuchtsort." Ein Gang vor die Haustür genüge, um im Urlaub zu sein, umgeben von einer atemberaubenden Natur. Der Rhönklub setze sich genau für diese Belange ein, um die Schönheit der Rhön auch für künftige Generationen zu erhalten und letztlich vielen Menschen Gemeinschaft, Geborgenheit und auch ein Stück Heimat zu bieten.
Einen Kranz zum Totengedenken niedergelegt
Wie es die Tradition am Heidelstein erfordert, legten Rhönklub-Präsident Jürgen Reinhardt und Vize-Präsident Bernd Günder einen Kranz zum Totengedenken nieder. 370 Rhönklub-Mitglieder haben seit der Heidelsteinfeier 2021 ihre letzte Wanderung in die ewige Heimat angetreten. Stellvertretend verlas der Rhönklub-Präsident die Namen einiger Verstorbener, die sich zu Lebzeiten um den Rhönklub und ihre Heimat-Zweigvereine verdient gemacht haben.
Linus Steinwachs (Zweigverein Hilders/Eiterfeld) sprach über die Bedeutung des Heidelstein-Ehrenmals als Ort der Erinnerung, aber auch als Ort von Botschaften für eine gute Zukunft. Botschafter für Freiheit und Menschenrechte, Mahner für Frieden, Völkerverständigung, Verfechter von Heimatverbundenheit und Naturschutz sprachen schon bei den Gedenkveranstaltungen. Das Ehrenmal am Heidelstein wurde 1923 in Erinnerung an die Gefallen des Ersten Weltkriegs errichtet. Heute ist die Heidelsteinfeier vor allem ein Totengedenken für die verstorbenen Wanderfreunde und Rhönklub-Mitglieder. Präsident Reinhardt zeigte sich bestürzt, dass nach 77 Jahren wieder Krieg in Europa herrscht.