
„Wer war Adeline von Schimmelmann?“ Diese Frage stellten sich viele, als ein Vortrag über das Leben und Wirken der Frau in Bischofsheim angekündigt wurde. So kamen zahlreiche Interessierte in das Rentamt, um diese Bildungslücke zu schließen. Die Referenten sind in Bischofsheim keine unbekannten, recherchierten sie doch vor einigen Jahren hier, um die Lebensgeschichte der Gräfin Schimmelmann (1854 bis 1913), die zeitweilig am Holzberghof lebte, zu erforschen.
Gemeinsam mit ihren ehemaligen Studenten Martin Rosenkranz, Martina Wüstefeld und Regina Wetjen führte Professorin Ruth Albrecht die Interessierten durch das Leben einer Adligen um die Jahrhundertwende. Im Luxus aufgewachsen, kam die 18-jährige Gräfin an den Berliner Hof der Kaiserin Augusta, lebte dort 18 Jahre lang, wurde „religiös erweckt“ und widmete sich anschließend intensiv der Fürsorge sozial Schwacher und Bedürftiger. 1903 gründete sie eine GmbH mit dem Titel „Gräfin Adelinde Schimmelmanns Internationale Mission“, die beispielsweise ein Fischerheim gründete, einen Verlag mit eigenem Monatsblatt namens „Leuchtfeuer“ und eine Seemannsmission unterhielt.
Ihre Vortragsreisen zur „Evangelisation“ führten sie sogar bis nach Amerika. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam sie in die Rhön, als ihr späterer Adoptivsohn Paul den alten Forsthof am Holzberg kauft.
Die Referentin räumte mit dem Märchen über das Gebäude auf, es sei nach dem Vorbild eines dänischen Wasserschlosses gebaut. Die Familie Schimmelmann baute das Gebäude so um, wie man es heute kennt.
Dort lebte die Familie einige Jahre, die Geburten der Kinder von Paul Schimmelmann sind im evangelischen Kirchenarchiv nachzulesen. War die Gräfin Schimmelmann in ihrer Heimat Ahrensburg und in Berlin als engagierte Missionarin bekannt, so fielen sie und ihre Familie in der Rhön nur als „normale“ Adelige auf, die am Holzberghof ihre Sommerfrische genossen. Verarmt und krank starb Adeline Gräfin Schimmelmann 1913 in Hamburg. 1919 wurde der Holzberghof dann schließlich an Viktor Hoesch verkauft.
Wie kommt ein Wissenschaftler auf die Idee, die Vita einer Gräfin zu erforschen? Zu ihrer Zeit war Schimmelmann eine bekannte und äußerst umstrittene Persönlichkeit. Auf der einen Seite erlebte sie den Luxus bei Hofe, andererseits kümmerte sie sich um Randgruppen der Gesellschaft. So fand ihre Geschichte Eingang in ein Buch mit dem Titel „Große Frauen Norddeutschlands“. Dieses antiquierte Buch fiel der Professorin Ruth Albrecht in die Hände. Sie machte die Person der Gräfin Schimmelmann zum Gegenstand einer Seminararbeit ihrer Studenten.
Aus den Ergebnissen der Forschung sollte eine kleine Broschüre entstehen, allerdings gipfelten die Bemühungen schließlich in einem Buch mit 528 Seiten – Und die Forschungen sind noch nicht beendet.
Der Vortrag wurde von einigen Musikstücken umrahmt, die aus der Zeit der Schimmelmannschen Missionierung stammten. Gerhard Nägler und Franz Reder hatten die Noten von Ruth Albrecht erhalten und die Stücke einstudiert. Nach dem Vortrag, der nicht nur das Leben der Gräfin behandelte, sondern das damals aktuelle Zeitgeschehen einflocht, stellten sich die Wissenschaftler dem Gespräch mit den Besuchern, was auch gerne angenommen wurde.
Bernd Meinschäfer, heutiger Besitzer des Holzberghofes, hatte nach dem Vortrag zum kleinen Stehimbiss im Flur des Rentamtes geladen. Dort lag auch das Buch aus.
Für Kunsthistorikerin Regina Wetjen ist das Thema ebenfalls noch nicht beendet. Sie freut sich, immer wieder kleine Mosaiksteinchen aus dem Leben der Gräfin zu finden. Ruth Albrecht bittet auch weiterhin um Mithilfe.
Wer Kontakt aufnehmen will, kann das über die Internetseite tun www.adelineschimmelmann.de