Aktive Gewerkschaftler und Gäste diskutierten anlässlich des bundesweiten Aktionswochenende zum Thema „Gute Arbeit“ unlängst in der Rathschenke. DGB-Kreisvorsitzender Thorsten Raschert stellte dabei die Sichtweise des DGB-Bundesvorstandes Michael Sommer vor. „Wir brauchen eine neue Ordnung der Arbeit, weil der deutsche Arbeitsmarkt tief gespalten ist nach drei Jahrzehnten neoliberaler Deregulierung und Abbau von Arbeitnehmerrechten“, forderte Raschert unmissverständlich.
Zwar habe die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze zu- und die Arbeitslosigkeit abgenommen, so Raschert. „Aber Niedriglöhne und prekäre Beschäftigungsverhältnisse verbreiten sich immer mehr.“ Deutschland habe inzwischen den größten Niedriglohnsektor in Europa, beklagte er.
Mit Niedriglöhnen nehme die Erwerbsarmut zu und mit ihr die Altersarmut. Welche langfristigen Folgen das haben wird, könne man heute nur erahnen“, warnte Raschert eindringlich. Leiharbeit, Werkverträge, Minijobs und befristete Arbeitsverhältnisse seien Synonyme für schlecht bezahlte Arbeit und oft miese Arbeitsbedingungen.
Scharfe Kritik übte der DGB-Vorsitzende Rhön-Grabfeld an der hohen Zahl so genannter Aufstocker: „Es ist schon eine perfide Strategie mancher Arbeitgeber, die Leute so schlecht zu bezahlen, dass der Lohn auch bei Vollzeit nicht mehr zum Leben reicht.“ Auch bei den so genannten „Normalarbeitsverhältnissen“ also regulärer und unbefristeter Beschäftigung, nähmen die Probleme in aller Regel zu: „Auch hier wächst die Unsicherheit.“
Heftig diskutiert wurden Umstrukturierungen, Arbeitsplatzabbau und eine zunehmende Tarifflucht der Arbeitgeber. Arbeitsdruck und Leistungsverdichtung steigen permanent, gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen wie ständige Erreichbarkeit, Überstunden, Sonntags-, Nacht- und Schichtarbeit werden nicht oder nur halbherzig bekämpft. Um die Arbeit neu zu ordnen, brauche es starke Tarifpartner sowie Betriebs- und Personalräte. Die Tarifbindung und die Mitbestimmung müssen gestärkt werden, war man sich in der Diskussion rundum einig. „Die Sozialpartner können viel und leisten noch mehr. Aber sie können nicht allein reparieren, was die Politik zerstört hat“, so das Resümee. Die Wirkungsmöglichkeit der Sozialpartner bleibe begrenzt, wenn es nicht gelinge, die Geltung von Tarifverträgen und die Tarifbindung wieder zu stärken.
Den politischen Entscheidungsträgern warf der DGB-Vorsitzende vor, dass sie die „schützenden Deiche eingerissen und den Arbeitsmarkt mit Befristungen, Minijobbern, Solo-Selbstständigen und Hartz-IV-Aufstockern geflutet haben“. Politische Entscheidungen seien maßgeblich verantwortlich „für den verwahrlosten Zustand auf dem Arbeitsmarkt“.
So brauche es neue Regeln zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte. Niedriglohnsektor und prekäre Beschäftigung müssten bekämpft werden, existenzsichernde Arbeitsverhältnisse geschaffen und geschützt sowie Arbeitslosigkeit bekämpft werden, auch bräuchten Arbeitslose endlich wirksamere Unterstützung. „Nachdem man sich jahrzehntelang an den Bedürfnissen des Marktes orientiert hat, ist es dringend an der Zeit, sich endlich den Bedürfnissen der Arbeitnehmer zuzuwenden“, so die Forderung des DGB.
Die Gewerkschaften erwarten nachdrücklich von den Parteien im bevorstehenden Bundestagswahlkampf, dass sie das Thema „Ordnung der Arbeit“ im Interesse der vielen Arbeitnehmer und ihrer Familien in den Mittelpunkt stellen: „Wir wollen einen Politikwechsel hin zu guter Arbeit“, machte Raschert in engagierter Rede deutlich.
Ein weiteres großes Thema im Landkreis Rhön-Grabfeld sei die Sonntagsarbeit, die der DGB-Kreisverband in der „Allianz für den freien Sonntag Main/Rhön“ unterstützt. Sie erzielte bereits in Schweinfurt und Würzburg große Erfolge, berichtete Raschert. Schon am kommenden Samstag, 15. Juni, soll es dazu ab 13 Uhr im evangelischen Gemeindehaus Bad Neustadt eine Veranstaltung geben.