Seit zehn Monaten sind ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr aus Afghanistan in Bad Königshofen. In dieser Zeit haben sie Deutschkurse besucht und bemühen sich sichtlich diese Sprache auch zu sprechen. So manches Mal mischen sich dann aber doch englische Begriffe mit hinein.
Bereits seit 2016 ist Shahid Sadaat in Deutschland. Er hat hier Arbeit und einen Ausbildungsbetrieb gefunden. Was ihm noch fehlt? "Eine eigene Wohnung, und ich bin noch immer Single", lacht der 27-Jährige. Er ist vor sieben Jahren aus seiner Heimat geflohen, musste aber seine Familie und Freunde zurück lassen. Heute ist es noch das Handy, das ihm den Kontakt ermöglich.
Shahid Sadaat erinnert sich an die schwierige Anfangszeit, als er sich kaum verständigen konnte, die Kultur der Menschen nicht kannte und auch nicht, wo man am besten einkaufen kann. "Schritt für Schritt habe ich mich aber eingewöhnt und fühle mich in Bad Königshofen wohl." Geholfen haben ihm die Integrationsklasse und dann die verschiedenen Praktikumsmöglichkeiten. Wenn auch der Beruf Verkäufer nicht sein Traumjob ist, absolvierte er eine Ausbildung in einem Supermarkt in Bad Königshofen und bestand die Prüfung.
einst Polizist, jetzt Verkäufer
Shahid Sadaat hat sich ein Motto gewählt: "Man muss kleine Schritte machen, aber sichere Schritte, dann kommt man weiter." Zu Hause war er nach dem Abitur Polizist und musste mit dem Vater mit zum Unterhalt der Familie beitragen. Er hat noch elf Geschwister. Er selbst wurde dann immer wieder bedroht und hatte Angst, dass ihm und einer Familie etwas passieren könnte. Deshalb floh er nach Deutschland.
Feroz Ahmad Inyat war als einer der Ortskräfte bei der Bundeswehr in Kabul und kam mit anderen nach Deutschland. Man sei zwar in Bad Königshofen gut untergebracht, allerdings sei man nicht für sich allein. Er selbst hat eine große Familie mit vielen Kindern, die auf engstem Raum leben. Er bemängelt vor allem die gemeinsamen Waschmöglichkeiten und Sanitäranlagen. "Das ist nicht schön und für uns ein großes Problem."
Seine Verbindung mit den Bekannten und Freunden in Kabul hält er über Handy und Whatsapp. Sein Wunsch für die Zukunft? "Ich möchte wie jeder andere hier leben und auch angenommen werden, eine Arbeit bekommen und eine eigene Wohnung haben."
Bashir Ahmad Inyat ist seit acht Monaten in Deutschland. Auch er spricht das Problem an, dass viele Leute in kleinen Zimmern leben müssen. "Es sind sehr viele Kinder dabei, und ich muss die Toilette mit anderen teilen, das finde ich nicht gut."
Buchhalter und Finanzberater
Es gibt zu wenig Duschen und die Gefahr ist bei alledem sehr groß, dass, "wenn einer krank wird, sich viele anstecken." Wichtig für ihn und seine Familie ist es eine eigene Wohnung zu haben und auch Arbeit. Das sei schwierig, wenn man nur wenig deutsch spricht und noch keine Arbeit nachweisen kann.
Auch komme man sehr schwer mit der Bevölkerung in Kontakt. Er selbst ist mit seiner fünfköpfigen Familie in Bad Königshofen, die in zwei Zimmern im Haus Sankt Michael untergebracht ist. In Afghanistan war er zwölf Jahre bei der Bundeswehr als Buchhalter und Finanzberater für internationale Kontakte eingesetzt.
Als sich die Bundewehr aus Afghanistan zurück zog, habe man Angst vor den Taliban gehabt, die die Ortskräfte verfolgten. Da sei es gut gewesen, dass die Deutsche Regierung die Ausreise mit der Familie ermöglichte.
Ganz anders war es bei Gulamsafdar Haidari, dessen Frau bei der Bundeswehr angestellt war. Er selbst war als Verkäufer in seiner Heimatstadt tätig. Auch er hofft auf eine Arbeitsstelle und eine eigene Wohnung. Ein Zurück nach Afghanistan kann er sich nicht vorstellen. "Das ist zu gefährlich." In Afghanistan leben noch seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester.
Von ihnen weiß er, dass sie sich in ihrer Heimat, die nun von den Taliban regiert wird, nicht wohl fühlen und täglich in Angst leben, was auf sie zukommen kann. Das eben sei in Deutschland ganz anders. "Hier fühlen wir uns sicher", sagen die vier. In Afghanistan, nennt Shahid Sadaat das Gegenbsipiel, ist Gefahr überall auf der Straße. Hier könne es vorkommen, dass man wegen eines Handys, das ein anderer haben möchte, angegriffen oder gar erstochen wird.
Die Währung in Afghanistan sei sehr schlecht, es gebe kaum Arbeit, und damit haben die Menschen keine Zukunft. "Sie wissen nicht, was morgen auf sie zukommt."