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Bad Neustadt
Der Weg zur Klimaneutralität: Arbeitsplätze, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz unter einen Hut bringen
Wie steinig ist der Weg in die Klimaneutralität? Peter Kess, Referent der Geschäftsführung der Firma Ullmer Bad Neustadt, berichtete aus der Praxis des energieintensiven Betriebs.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Peter Kess berichtet aus der Praxis.
Foto: Martin Ziegler | Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Peter Kess berichtet aus der Praxis.
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:50 Uhr

Die Bundesrepublik hat sich Klimaneutralität bis 2045 auf ihre Fahnen geschrieben, Bayern will dieses Ziel laut bayerischem Klimaschutzgesetz sogar fünf Jahre früher erreichen. Der Notwendigkeit der Umsetzung der Anforderungen können sich mittlere und kleinere Unternehmen genauso wenig entziehen wie die großen Betriebe. Zu diesem Thema lud die Energie-Initiative Rhön und Grabfeld, unterstützt von der Stabsstelle Kreisentwicklung des Landkreises, zum Vortrag mit Professor Ralf Bogdanski von der Technischen Hochschule Nürnberg in das Kloster Wechterswinkel ein, um die generelle und wissenschaftliche Vorgehensweise rund um eine Treibhausgas-Bilanzierung (bilanzieren, mindern, freikaufen) zu erläutern. Einer der Teilnehmer, Peter Kess, Referent der Geschäftsführung der Firma Ullmer in Bad Neustadt, berichtete aus der Praxis des energieintensiven Betriebs.

Frage: Das Jahr 2040 scheint noch in weiter Ferne, aber ein Industriebetrieb muss langfristig denken. Welche Weichen können jetzt schon gestellt werden?

Peter Kess: Wir können heute nur die Weichen stellen, die auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vertretbar sind und unser Unternehmen wettbewerbsfähig halten, um das Fortbestehen der Arbeitsplätze zu sichern. Investitionen in kalkulierbare Techniken – wie etwa unsere neueste Anschaffung einer Fotovoltaikanlage zur kompletten Eigenstromerzeugung unter optimalen Bedingungen, amortisieren sich in einem kalkulierbaren Zeitrahmen und tragen unmittelbar zur CO₂-Vermeidung bei.

Kann man vollständige Klimaneutralität überhaupt erreichen und welche Investitionen setzt das voraus?

Kess: Im Sinne der "vollständigen" Klimaneutralität in der gesamten Lieferkette, ist dies für uns als mittelständisches Unternehmen aufgrund der äußerst komplexen Erfassung, die auch der Vortrag der "Energie-Initiative" so zeigte, nicht wirklich umsetzbar oder nachvollziehbar. Eine wesentliche Reduzierung des CO₂-Ausstoßes im eigenen Umfeld (ohne den Umweg über CO₂-Zertifikate und ohne Einbeziehung von Zulieferern), sehen wir hier eher als realistisch und nachvollziehbar an. Voraussetzung ist dann natürlich der technische Fortschritt unserer Zulieferer für Anlagen, Maschinen und Fahrzeuge.

Baut die Firma Ullmer auf die Wasserstoffnutzung in der Zukunft?

Kess: Wir können nach heutigem Stand hierzu keine Aussage treffen, da weder die Maschinenentwicklung unserer Hersteller, noch die externe Infrastruktur einschätzbar ist. Auch hier gilt in erster Linie die genannte Wettbewerbsfähigkeit. Sollte die notwendige Infrastruktur für Wasserstoff vorhanden und wirtschaftlich sein, müssen immer noch Anlagen und Maschinen dafür umgerüstet oder neu angeschafft werden. Für die meisten Maschinen bei uns gelten Lebenszyklen von 10 Jahren als üblich. Im Falle einer Wasserstoffnutzung muss auch bedacht werden, dass ein zweigleisiges Fahren mit Wasserstoff und Gas als unwahrscheinlich zu sehen ist, somit also ein Großteil unseres Maschinenbestands wasserstofffähig sein müsste.

Hintergrundwissen vermittelte Professor Ralf Bogdanski (Mitte) von der Technischen Hochschule Nürnberg in einem Vortrag, eingeladen hatte die Energie-Initiative Rhön und Grabfeld mit Vorsitzendem Christof Helfrich (rechts) und Jörg Geier von der Stabsstelle Kreisentwicklung.
Foto: Regina Vossenkaul | Hintergrundwissen vermittelte Professor Ralf Bogdanski (Mitte) von der Technischen Hochschule Nürnberg in einem Vortrag, eingeladen hatte die Energie-Initiative Rhön und Grabfeld mit Vorsitzendem Christof Helfrich ...
Wie kommen sie mit den teuren Energiepreisen zurzeit zurecht?

Kess: Die aktuellen Energiepreise belasten das Unternehmensergebnis erheblich. Die Preisbremsen helfen ein wenig und für die kommenden Jahre arbeiten wir mit Nachdruck daran, die Energieabhängigkeit von fossilen Trägern weiter zu reduzieren und langfristig günstigere Einkaufskonditionen zu erzielen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Firma Ullmer hat schon viele Bäume durch "Plant for the Planet" pflanzen lassen, vertrauen sie der Institution?

Kess: Ullmer selbst hat bislang seit Beteiligung an "Plant fort he Planet" über 22.000 Bäume aufgrund des eigenen CO₂-Ausstoßes der Energieträger Gas, Strom und Dieselkraftstoff pflanzen lassen. Im Rahmen unserer deutschlandweiten Partnerunternehmen in der "Sitex-Gruppe", wurden bislang 204.746 Bäume gepflanzt, mit dem Ziel 500.000 Bäume bis 2027. Nicht nur Ullmer, sondern die gesamte Gruppe schätzt trotz der zum Teil negativen Berichterstattung gegenüber der Organisation, diese als seriöses Unternehmen ein, welches die Spendengelder für die Aufforstung unseres Planeten einsetzt und sich zudem seit den bekannt gewordenen Anschuldigungen deutlich transparenter darstellt sowie die Arbeit durch eine unabhängige Prüfungsstelle überwachen lässt. Unsere "Ullmer-Bäume" stehen in Mexiko Yucatán zur Renaturierung in Aufforstungsgebieten.

Artikel wurde im Nachhinein geändert: In einer früheren Version wurde Peter Kess als Geschäftsführer der Firma Ullmer bezeichnet. Tatsächlich ist er Referent der Geschäftsführung.

 
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