
Die Bundesrepublik hat sich Klimaneutralität bis 2045 auf ihre Fahnen geschrieben, Bayern will dieses Ziel laut bayerischem Klimaschutzgesetz sogar fünf Jahre früher erreichen. Der Notwendigkeit der Umsetzung der Anforderungen können sich mittlere und kleinere Unternehmen genauso wenig entziehen wie die großen Betriebe. Zu diesem Thema lud die Energie-Initiative Rhön und Grabfeld, unterstützt von der Stabsstelle Kreisentwicklung des Landkreises, zum Vortrag mit Professor Ralf Bogdanski von der Technischen Hochschule Nürnberg in das Kloster Wechterswinkel ein, um die generelle und wissenschaftliche Vorgehensweise rund um eine Treibhausgas-Bilanzierung (bilanzieren, mindern, freikaufen) zu erläutern. Einer der Teilnehmer, Peter Kess, Referent der Geschäftsführung der Firma Ullmer in Bad Neustadt, berichtete aus der Praxis des energieintensiven Betriebs.
Peter Kess: Wir können heute nur die Weichen stellen, die auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vertretbar sind und unser Unternehmen wettbewerbsfähig halten, um das Fortbestehen der Arbeitsplätze zu sichern. Investitionen in kalkulierbare Techniken – wie etwa unsere neueste Anschaffung einer Fotovoltaikanlage zur kompletten Eigenstromerzeugung unter optimalen Bedingungen, amortisieren sich in einem kalkulierbaren Zeitrahmen und tragen unmittelbar zur CO₂-Vermeidung bei.
Kess: Im Sinne der "vollständigen" Klimaneutralität in der gesamten Lieferkette, ist dies für uns als mittelständisches Unternehmen aufgrund der äußerst komplexen Erfassung, die auch der Vortrag der "Energie-Initiative" so zeigte, nicht wirklich umsetzbar oder nachvollziehbar. Eine wesentliche Reduzierung des CO₂-Ausstoßes im eigenen Umfeld (ohne den Umweg über CO₂-Zertifikate und ohne Einbeziehung von Zulieferern), sehen wir hier eher als realistisch und nachvollziehbar an. Voraussetzung ist dann natürlich der technische Fortschritt unserer Zulieferer für Anlagen, Maschinen und Fahrzeuge.
Kess: Wir können nach heutigem Stand hierzu keine Aussage treffen, da weder die Maschinenentwicklung unserer Hersteller, noch die externe Infrastruktur einschätzbar ist. Auch hier gilt in erster Linie die genannte Wettbewerbsfähigkeit. Sollte die notwendige Infrastruktur für Wasserstoff vorhanden und wirtschaftlich sein, müssen immer noch Anlagen und Maschinen dafür umgerüstet oder neu angeschafft werden. Für die meisten Maschinen bei uns gelten Lebenszyklen von 10 Jahren als üblich. Im Falle einer Wasserstoffnutzung muss auch bedacht werden, dass ein zweigleisiges Fahren mit Wasserstoff und Gas als unwahrscheinlich zu sehen ist, somit also ein Großteil unseres Maschinenbestands wasserstofffähig sein müsste.

Kess: Die aktuellen Energiepreise belasten das Unternehmensergebnis erheblich. Die Preisbremsen helfen ein wenig und für die kommenden Jahre arbeiten wir mit Nachdruck daran, die Energieabhängigkeit von fossilen Trägern weiter zu reduzieren und langfristig günstigere Einkaufskonditionen zu erzielen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.
Kess: Ullmer selbst hat bislang seit Beteiligung an "Plant fort he Planet" über 22.000 Bäume aufgrund des eigenen CO₂-Ausstoßes der Energieträger Gas, Strom und Dieselkraftstoff pflanzen lassen. Im Rahmen unserer deutschlandweiten Partnerunternehmen in der "Sitex-Gruppe", wurden bislang 204.746 Bäume gepflanzt, mit dem Ziel 500.000 Bäume bis 2027. Nicht nur Ullmer, sondern die gesamte Gruppe schätzt trotz der zum Teil negativen Berichterstattung gegenüber der Organisation, diese als seriöses Unternehmen ein, welches die Spendengelder für die Aufforstung unseres Planeten einsetzt und sich zudem seit den bekannt gewordenen Anschuldigungen deutlich transparenter darstellt sowie die Arbeit durch eine unabhängige Prüfungsstelle überwachen lässt. Unsere "Ullmer-Bäume" stehen in Mexiko Yucatán zur Renaturierung in Aufforstungsgebieten.
Artikel wurde im Nachhinein geändert: In einer früheren Version wurde Peter Kess als Geschäftsführer der Firma Ullmer bezeichnet. Tatsächlich ist er Referent der Geschäftsführung.