zurück
BAD NEUSTADT
Der Schlangenbändiger aus der Stadtverwaltung
Im Eimer: per Hand gefangen, die Schlange, die einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung daheim über den Weg kroch.
Foto: Privat | Im Eimer: per Hand gefangen, die Schlange, die einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung daheim über den Weg kroch.
Hubert Herbert
Hubert Herbert
 |  aktualisiert: 24.08.2015 11:01 Uhr

Auch wenn der Mann aus der Stadtverwaltung von Bad Neustadt seinen Namen nicht nennen will, eins steht fest: Er ist ein cooler Typ. Nicht jeder reagiert schließlich so gelassen und rational, wenn ihm in aller Herrgottsfrühe eine Schlange in der eigenen Wohnung über den Weg zischelt.

Genau das hat unser Mann nämlich gerade erlebt. Er hatte einen Tag frei, so erzählt er, kam etwas später die Treppe herunter und wollte eigentlich seinen Morgenkaffee genießen. Barfuß mit kurzer Hose und noch nicht so ganz fit für den Tag sah er das etwa 80 Zentimeter lange Tier ein Stückchen von ihm entfernt den Kopf heben und zischen.

„Es war wahrscheinlich ganz gut, dass ich noch keinen Kaffee getrunken hatte“, sagt der Mann im Rückblick, „sonst wäre ich vielleicht ein wenig aufgeregter gewesen.“ So aber handelte er sehr rational, so wie ihn alle seine Kollegen kennen, analysierte die Lage und überlegte, was zu tun sei.

Als Erstes kam ihm der Gedanke: „Du musst von dem Tier ein Foto machen.“ Aus zwei Gründen, so seine Überlegung. Zum einen könnte es ja sein, dass das Tier in irgendwelchen Ritzen in der Wohnung verschwindet, dann könnten ihm wenigstens Fachleute sagen, ob es sich um eine gefährliche Schlange handelt oder nicht. Zum anderen kalkulierte er die Möglichkeit ein, dass ihn die Schlange beißen könnte, dann wäre mit Bild eine sichere Bestimmung der Schlangenart sehr hilfreich, überlegte er sich, falls das Tier wirklich giftig ist und ein Gegenserum nötig wäre. Es war ja nicht klar, ob die Schlange bei uns heimisch ist oder eventuell aus einem Terrarium entkommen war.

Also organisierte er sein Smartphone und fotografierte das Tier, das sich gottlob nicht aus dem Staub machte und sich kaum vom Platz rührte. Ein Foto schickte er gleich an einen Kumpel beim BRK – wegen des Serums.

Jetzt ging es für unseren Mann darum, das Tier einzufangen. Dass er das schaffen könnte, da war er sich eigentlich ziemlich sicher. Schließlich ist unser Mann bekannt dafür, dass er Mücken im Flug fangen kann. Er setzte auf seine Schnelligkeit. Ganz ruhig verschwand er rückwärts Richtung Terrasse, organisierte einen Eimer und einen Gartenhandschuh.

Was dann geschah erfordert gute Nerven. Unser Mann schlich sich von hinten an die Schlange an. Die war ungefähr an ihrem Platz geblieben. Mit dem Handschuh an der rechten Hand, den Eimer in der linken packte er das Tier im Stil von Indiana Jones und beförderte es in den Eimer. Und dann nichts wie raus damit. Erst einmal auf den Tisch auf der Terrasse. Ein vorsichtiger Blick zeigte: Der Eimer ist hoch genug, die Schlange kommt nicht heraus.

Jetzt wäre natürlich interessant gewesen, um welche Schlangenart es sich handelt. Immerhin hatte das Tier eine charakteristische Zeichnung auf dem Kopf: ein Kreuz, das sah nicht ungefährlich aus. Fragen in der Nachbarschaft, ob sich einer mit Schlangen auskennt, verliefen negativ. Auch ein in Facebook und Whats App mit einer entsprechenden Frage gepostetes Bild brachte keine Klarheit.

Also blieb nach dem nachgeholten Kaffee nur die Möglichkeit, Fachleute zu fragen. Einfach irgendwo in der Natur freilassen, kam erst einmal nicht in Frage, solange die Art nicht geklärt war.

Mit einem mehrfach gefalteten, über den Eimer gespannten Handtuch machte sich der Mann aus der Stadtverwaltung auf ins Nachbarhaus seiner Arbeitsstätte, ins Landratsamt zur Unteren Naturschutzbehörde und zum Veterinäramt. Da war auch nicht gleich klar, welche Schlange da im Eimer war. Nur dass es eine seltene Art war.

Dann gegen Mittag: ein Anruf aus dem Veterinäramt. Es handelte sich um eine sehr seltene,aber ungiftige Schlingnatter, eine Art die man praktisch nie zu sehen bekommt. So gesehen war es also eigentlich fast ein Glück, dass er dem Reptil begegnete. Aus dem Blickwinkel danach könne man das vielleicht so sehen. Das Tier war inzwischen schon von Mitarbeitern des Veterinäramts zwischen Herschfeld und Heustreu in die Freiheit entlassen worden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Neustadt
Hubert Herbert
Indiana Jones
Kommunalverwaltungen
Schlangenarten
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top