„Man kann nicht alles vom Büro aus machen. Vor Ort bekommt man ein Gespür für die Gewässer und ihre Problematik“, findet Wolfgang Silkenat, Leiter der Fischereifachberatung beim Bezirk Unterfranken in Würzburg. Am Montagmittag hat er Ernst gemacht. Mit zwei Kollegen und unter Begleitung der drei Fischpächter am Mühlengrund – einem Verbindungsarm des Mahlbachs mit der Streu – hat er sich auf die Suche nach den Forellen-Feinden gemacht.
Hunderte Barsche
Im Paddelboot durchfuhren sie den Mühlengrund. „Wir haben etliche Hundert Barsche gefangen und einige Hechte“, resümiert Silkenat die Aktion. Bei dieser Menge an sogenannten untypischen Fremdfischen ist es nicht verwunderlich, dass die Forellenbestände in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind. „Heuer haben wir noch keine Forelle gefangen“, klagt denn auch Pächter Karl Sturm. Mit seinen Kollegen Franz Balling und Winfried Daut betreut er den rund einen Kilometer langen Mühlengrund und den parallel verlaufenden Streu-Abschnitt bis etwa hinunter in den Kirschgarten.
Die Streu ist eigentlich ein salmonides Gewässer, beherbergt also in der Hauptsache lachsartige Fische, zu denen die Forelle zählt. Die Ursache für das starke Vorkommen von Barschen und auch einigen Hechten könnte am anderen Ende des Mahlbachs zu finden sein, im Stausee bei Schwickershausen. Der See wird immer wieder einmal abgelassen, in solchen Fällen könnten Hechte und Barsche quasi durch den Mahlbach „flüchten“.
„Es deutet vieles darauf hin, dass die Ursache für die ungewöhnlich hohe Menge an Raubfischen dort zu suchen ist“, meint Wolfgang Silkenat. Er will die Thüringer Kollegen nun kontaktieren und darauf hinwirken, dass zum Beispiel feinere Gitter beim Ablassen des Sees eingesetzt werden, um die Barsche von ihrer unerwünschten Reise abzuhalten.
Großer Verlust
Für die Fischpächter bedeuten die Raubfische ebenfalls einen herben Verlust. In diesem Jahr zum Beispiel wurden 4000 Stück Forellenbrut im Mühlengrund eingesetzt, die Menge passt freilich in zwei, drei Joghurtbecher. „Wenn von 1000 gut 50 Fische fangreif werden, ist das ein guter Schnitt“, erklärt Fischer Sturm. Geangelt wurde heuer noch keine einzige Forelle.
Die Abfisch-Aktion auf einer Länge von rund 600 Metern am Mühlgraben verlief übrigens auf elektrischem Weg. Dabei wird Strom in den Bach geleitet, der die Fische bewusstlos macht. Nach der Zählung erwachen die Fische stromabwärts wieder.
Fischpächter Karl Sturm ist nicht nur verärgert, dass sich so viele Raubfische in diesem Streu-Zufluss tummeln. „Die Fischerei-Aufsicht übt massive Kritik am Zustand des Uferbereichs“, sagt Sturm. Büsche, Unrat aus Gärten, Grünabfälle, Bretter und andere Abfälle landeten im Mühlgraben. Dies sei ein unerträglicher Zustand, appellierte er an die Einsicht von Anliegern und Bürgern.
Problem mit Mühlen
Ein Teil des Problems mit zu wenigen Forellen ist aber womöglich nicht in Thüringen zu suchen, sondern hausgemacht. Wie Sturm erklärt, werden auch die Mellrichstädter Mühlen zum Problem für die Fische. Das liegt unter anderem an Aufstauungen des Wassers in den trockenen Sommermonaten, um genügend Wasserkraft für einen sogenannten Schwall-Betrieb anzusammeln.
Das sorge für Sauerstoffknappheit bei den Forellen. Gespräche mit den Betreibern habe es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Ein Kompromiss könnte zum Beispiel sein, dass für die Forellen ein dauerhafter Umgehungs-Lauf eingerichtet werde, bei entsprechenden Ausgleichszahlungen für die Müller. Doch müssten hier noch weitere Verhandlungen geführt werden, schließt Sturm.