Man könnte meinen, Josef Schober, einst Friseurmeister in der Juliusstraße, habe gerade den letzten Kunden bedient und seinen braunen Kittel an den Haken gehängt. Die letzten Haare sind vom Boden gekehrt, Rasierpinsel und Scheren liegen fein säuberlich daneben, der große Handspiegel hängt an der Wand.
"Genau so soll es sein, denn dann können wir uns ein wirkliches Bild vom Arbeitsplatz machen, eben wie hier bei Friseur Schober", sagt Ariane Weidlich, Leiterin des Fränkischen Freilandmuseums Fladungen. In den vergangenen Tagen wurde der Friseursalon abgebaut und ins Depot des Museums eingelagert. Jetzt geht es noch um die Aufarbeitung, sagt die Museumsleiterin.
Dokumentieren und Zeitzeugen befragen
Das Thema "örtlich Handwerksbetriebe" ist ein Zukunftsprojekt des Freilandmuseums, hieß es bei der Zweckverbandsversammlung in Würzburg im vergangenen Jahr. Man müsse das Thema auch kulturgeschichtlich für die Region sehen. Es gehe dabei nicht darum, Gebäude in das Museum umzusetzen, sondern vor allem das oftmals noch komplette Inventar zu sichern. Im Gespräch waren damals eine Wagnerei und eine Schusterwerkstatt. Es sei wichtig, das zu dokumentieren und Zeitzeugen zu befragen. Ein erstes Projekt ist nun der Friseurladen in der Juliusstraße in Bad Königshofen.
Bevor der Abbau beginnt, wird erst einmal eine Fotodokumentation erstellt. "Es soll ja alles wieder so aufgebaut werden, wie es hier steht", erläutert Ariane Weidlich. Genau abgemessen wird der Abstand der Spiegel zur Marmorablage darunter, ebenso die eingebauten Waschbecken mit einer Ausbuchtung für den Halsbereich. Aufmerksam wird die Museumsleiterin dann auf den schwenkbaren Rasierapparat. "Der hat auch schon einige Jahre hinter sich", meinen ihre Mitarbeiter, erfahren aber von Lorenz Schober, dem Bruder des verstorbenen Friseurs Josef Schober, dass der noch immer in Gebrauch war.
Die Kasse hat ein Geheimfach
Die beiden speziell gefertigten Friseurstühle werden ebenso dokumentiert wie eine Kasse. "Die hat auch ein Geheimfach", sagt Lorenz Schober und hebt die obere Schublade ab, in der einzelne Fächer für das Geld eingearbeitet sind. "Darunter hat unser Vater immer die großen Geldscheine verwahrt und wichtige Dokumente."
Im Gespräch erfährt die Museumsleiterin, dass die Einrichtung wohl aus den 1930-er Jahren stammt. Lorenz Schober berichtet, das, als sein Vater im Krieg war, die Mutter in der Wohnstube zu Hause den Friseursalon weiterbetrieb. "Dann hat sie von irgendwo her die Einrichtung bekommen, als ein älterer Friseur nicht mehr arbeitete und diese erworben."
Diese wurde dann im ersten Friseurladen von Adolf Schober in der Hindenburgstraße (heute Eisdiele) eingebaut. Sie machte Jahre später auch einen Umzug in das Haus gegenüber (heute Friseur Harlekin) und später in die Juliusstrasse mit.
Solche Informationen sind für das Freilandmuseum zur Dokumentation des Friseursalons ganz wichtig, erläutert Weidlich. Sie möchte deshalb noch viel mehr Informationen bekommen, zum Beispiel von ehemaligen Kunden, der Familie oder auch dem Juliusspital, wo Josef Schober nach Feierabend bei den Heimbewohnern tätig war.
Schober war auch Damenfriseur
Dann zeigt die Museumsleiterin auf eine historische Trockenhaube und erfährt, dass Josef Schober auch das Handwerk des Damenfriseurs erlernte, und zwar bei seinem Onkel in Frankfurt. In einem Schrank befindet sich auch noch sein Meisterstück, eine geknüpfte Perücke. "Das war damals Teil der Meisterprüfung und mein Bruder hat wohl alles richtig gemacht, denn das beweist sein Meisterbrief." Den nehmen die Museumsleute natürlich ebenso mit wie die Vitrine, die Schubfächer hat, in denen die Angebote des Friseurs, also Rasierklingen, Rasierapparate oder Shampoo zu sehen waren.
Dann bringt Joachim Richter einen gusseisernen sogenannten "Ausleger" herein. "Daran hing ein silberner Teller. Immer wenn der Friseurladen offen hatte, wurde dieser Teller dort aufgehängt", berichtet er. "Den nehmen wir natürlich auch gerne mit, ebenso wie das Werbeschild für den Friseurladen vor der Türe", sagt Ariane Weidlich.
Sie erfährt, dass Josef Schober dafür bekannt war, dass ihm der Schalk im Nacken saß, wenn er glaubwürdig eine Geschichte erzählte, die sich letztendlich als ein Spaß herausstellten. Wer zum "Seppl" wie er allgemein bekannt war, kam, der wurde in die 1930-er Jahre zurückversetzt, was vor allem die Einrichtung des Friseursalons betraf. Grund genug für das Fränkische Freilandmuseum, diese historische Einrichtung zu sichern.