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Reyersbach
Den Opfern ein Gesicht geben: Ausstellung beim Dorffest
Der langjährige Vorsitzende und Ortsbeauftragte, Artur Türk, beim Besuch der Ausstellung über das Schicksal des früheren jüdischen Mitbürgers Moritz Moses Kahnlein.
Foto: KLaus-Dieter Hahn | Der langjährige Vorsitzende und Ortsbeauftragte, Artur Türk, beim Besuch der Ausstellung über das Schicksal des früheren jüdischen Mitbürgers Moritz Moses Kahnlein.
Klaus-Dieter Hahn
 |  aktualisiert: 15.09.2024 02:27 Uhr

Alljährlich feiert die örtliche Vereinsgemeinschaft des kleinen Besengau-Dorfs Reyersbach gegen Ende der Schulferien ihr Dorffest. Auch heuer saßen Gäste aus nah und fern gemütlich zusammen, ließen sich die "Reyersbacher Küche" schmecken und lauschten den Klängen der Blasmusiker. Das Dorffest nutzte Dorfchronist Manfred Stumpf diesmal auch dafür, die Dorfbewohner an dunkle Zeiten  zu erinnern. An damals, als in den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts das NS-Regime so viel Unheil verbreitete.

Er führte das Schicksal des früheren jüdischen Mitbürgers Moritz Moses Kahnlein in Wort und Bild mit einer kleinen Ausstellung eindrucksvoll und nachhaltig vor Augen, Erinnerung und Mahnung zugleich. Zum Gedenken an die in Reyersbach geborenen Juden, die in jenen Jahren deportiert und ermordet wurden, hat die Gemeinde vor einiger Zeit Koffer mit einer Erinnerungstafel gegenüber der Bäckerei Euring aufstellen lassen. Während das Koffer-Denkmal allgemein auf die grausamen Deportationen hinweist, wollte Manfred Stumpf mit seiner Aktion "den Opfern ein Gesicht geben".

Und das ist ihm mit der Darstellung der Lebens- und Leidensgeschichte der Eheleute Moritz und Marianne Kahnlein, eindrucksvoll gelungen. Darauf gestoßen ist er durch die Recherche von Elisabeth Böhrer, der renommierten Kennerin der jüdischen Geschichte. In der Ausstellung erfährt man, dass es bereits 1673 Juden in Reyersbach gegeben hat. Von 1692 an wohnten vier jüdische Familien als sogenannte "Schutzjuden" der Herren von Bastheim im Reyersbacher "Judenhof", wo sie Miete, Abgaben und Schutzgeld an den Grundherrn zahlen mussten.

Viel Beachtung unter den Besuchern

Moritz Kahnlein erblickte am 14. Dezember 1877 das Licht der Welt.  Zunächst Metzger, dann selbständiger Viehhändler musste er erleben, wie 1937 der Viehhandel für Juden verboten wurde. 1930 hatte die Familie bereits den Wohnsitz nach Oberelsbach verlegt. Nach der "Reichskristallnacht" am 10. November 1938 wurde Moritz zusammen mit seinem Sohn Albert bis zum 19. November 1938 in "Schutzhaft" genommen. Das Eisenwarengeschäft der Kahnleins in Oberelsbach musste 1939 geschlossen werden, da es für Juden verboten war, ein Gewerbe zu betreiben.

Die Kahnleins mussten ihr Haus verkaufen und in eine Sammelunterkunft ziehen. 1942 erfolgte dann die Deportation in das ostpolnische Ghetto Krasniczyn, wo sie auch starben. Über die näheren Umstände ihres Todes ist nichts bekannt. So weiß man nicht, ob sie dort erschossen wurden oder in der Gaskammer des Vernichtungslagers Sobibor umgekommen sind. Auch ihr Sohn Siegfried ist Opfer der Shoa geworden. Die Ausstellung "Den Opfern ein Gesicht geben" fand unter den Besuchern viel Beachtung und erhielt viel Lob.

Der Artikel wurde im letzten Absatz aktualisiert.

Beim Dorffest in Reyersbach bastelten auch die Großen nach Herzenslust.
Foto: Klaus-Dieter Hahn | Beim Dorffest in Reyersbach bastelten auch die Großen nach Herzenslust.
 
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