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Breitensee
Den ältesten Orgelprospekt Unterfrankens findet man in der Dorfkirche von Breitensee
Orgelbauer und Restaurator Siegmar Zeller zeigt das historisch wertvolle Orgelgehäuse, den sogenannten Prospekt. Dieser stammt noch aus der Erbauerzeit der Kirche und ist damit der älteste Prospekt Unterfrankens.
Foto: Hanns Friedrich | Orgelbauer und Restaurator Siegmar Zeller zeigt das historisch wertvolle Orgelgehäuse, den sogenannten Prospekt. Dieser stammt noch aus der Erbauerzeit der Kirche und ist damit der älteste Prospekt Unterfrankens.
Hanns Friedrich
Hanns Friedrich
 |  aktualisiert: 12.11.2022 02:39 Uhr

Als Regionalkantor Peter Rottmann (Münnerstadt) bei der Abnahme an der Orgel der kleinen Dorfkirche von Breitensee saß fiel sein Blick unweigerlich auf den Orgelprospekt. Der Grund sind die sogenannten Knorpelwerkschnitzereien, die beim näheren Hinsehen beeindrucken. Man erkennt dabei Fabelwesen aber auch links und rechts als Abschluss einen Vogelkopf.

Beachtenswert ist der eigentümliche siebenfeldrige Prospekt mit von der Mitte nach außen niedriger werdenden Flachfeldern, sagt der Regionalkantor. Das alles zeige deutliche Merkmale des Renaissance-Stils. "Außerdem ist es der älteste Orgelprospekt Unterfrankens und gehört damit der Bauzeit der Kirche an, die 1598 vollendet wurde."

Die schwarz-goldene Fassung ist für die Zeit typisch

Rottmann verweist auf die gewundenen Säulchen, einige geschuppte Pilaster und immer wieder Knorpelwerkschnitzereien. Beachtenswert zum Beispiel das groteske Knorpelwerk in den "Ohren" mit dem eingearbeiteten Vogelkopf. Die Inschrift am Gurtgesims lautet: Ehre sey Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen."

Es sind die Knorpelwerkschnitzereien und Vogelmotive, die nicht nur die Orgelbauer der Firma Hey sondern auch Regionalkantor Peter Rottmann begeisterten. Fabelwesen und Vogelköpfe sind beim näheren Hinsehen zu erkennen.
Foto: Hanns Friedrich | Es sind die Knorpelwerkschnitzereien und Vogelmotive, die nicht nur die Orgelbauer der Firma Hey sondern auch Regionalkantor Peter Rottmann begeisterten. Fabelwesen und Vogelköpfe sind beim näheren Hinsehen zu erkennen.

Die Friesbemalung ist wie die Inschrift ursprünglich und enthält Beschlägwerkornamente. Die schwarz-goldene Fassung ist für die Zeit typisch. Wer allerdings den Prospekt gebaut hat, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Bis 1939 hatte die Breitenseer Kirche auch noch das gesamte Orgelwerk aus der Erbauerzeit, schreibt Pfarrer Josef Stöger aus Oberstreu. Er hat die Orgeln der katholischen Kirchen im Grabfeld erforscht. In dem an Mariä Lichtmess 1947 herausgegebenem Heft hat er vermerkt, dass die Breitenseer Orgel durch Alter und Vernachlässigung sehr herunter gekommen war. Es sei eine kleine Orgel gewesen mit kurzem Pedal und einem Spieltisch an der Rückseite.

1939 erhielt die Orgel ein pneumatisches Werk

Das schlechte und ebenfalls vernachlässigte Pfeifenwerk aus dem 16. Jahrhundert sei nicht mehr brauchbar gewesen, jedoch das alte Gehäuse aus der Erbauerzeit der Kirche. Deshalb erhielt die Dorfkirche 1939 ein pneumatisches Werk.

Dieses wurde jetzt von der Orgelbaufirma Hey (Urspringen) grundlegend überholt. Ein begeisterter Regionalkantor sagt dazu: "Das Instrument ist zwar immer noch ein Kind seiner Zeit, aber nicht mehr wieder zu erkennen." Die Register haben jetzt einen individuellen Charakter und mischen sich gegenseitig hervorragend. "Jetzt macht es wieder Spaß das Instrument zu bespielen."

In diesem Vorbau der Brüstungsempore in der Kirche von Breitensee dürfte einst der historische Orgelprospekt mit dem Orgelwerk gestanden haben.
Foto: Hanns Friedrich | In diesem Vorbau der Brüstungsempore in der Kirche von Breitensee dürfte einst der historische Orgelprospekt mit dem Orgelwerk gestanden haben.

Was beim Blick in das Innere der Breitenseer Orgel auffällt, ist ein großer Balken, der dort steht. Die Orgelbauer stellten bei ihren Nachforschungen schließlich fest, dass die Orgel nicht mehr an ihrem angestammten Platz ist. "Das Instrument stand einst direkt an der Brüstung der Empore", sagt Orgelbauer und Restaurator Siegmar Zeller. Das sei durch die Höhe zu erkennen, die sich genau der Brüstung der Empore anpasst. Wann die Orgel in den hinteren Bereich versetzt wurde, sei jedoch nicht nachvollziehbar.

Alle 552 Pfeifen für die Restaurierung ausgebaut

Vor der Restaurierung wurde die Orgel von Juniorchef Thomas Hey besichtigt und die Schäden akribisch notiert. Der zunächst vorgesehene Leistungsumfang musste jedoch, aufgrund der finanziellen Situation, verringert werden. Bei der Restaurierung wurden alle 552 Pfeifen aus Holz und Metall ausgebaut. Das Orgelwerk wurde gereinigt und überarbeitet.

Ein absolut gutes musikalisches Gehör verbunden mit entsprechend technischen Geräten sind  beim  Orgelbauer und Intonateur Konrad Hartmann gefragt. Hier bei der Nachintonation und Stimmen der Orgel. Im Hintergrund ist der große Balken sichtbar, der mitten im Orgelgehäuse steht.
Foto: Hanns Friedrich | Ein absolut gutes musikalisches Gehör verbunden mit entsprechend technischen Geräten sind beim Orgelbauer und Intonateur Konrad Hartmann gefragt. Hier bei der Nachintonation und Stimmen der Orgel.

Hinzu kam eine Holzschutz- und Schimmelbehandlung. 111 defekte Membranen aus Spaltleder wurden erneuert, die Windanlage abgedichtet und die technischen Einrichtungen sowie die Relais überarbeitet und neu justiert. Viel Klanggefühl war abschließend notwendig, als die Pfeifen wieder eingestellt und der Klang behutsam nachintoniert und gestimmt wurde.

Knapp 20.000 Euro hat die Renovierung gekostet, die aber nur durch eine großzügige Spende von Rainer Bötsch möglich wurde.

Die Segnung der renovierten Orgel findet am Samstag, 3. Dezember, statt.

 
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