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RÖMHILD/HILDBURGHAUSEN
Dem Geheimnis der Dunkelgräfin auf der Spur
Fundstück I: Michael Römhild, Leiter des Hildburghäuser Stadtmuseums, zeigte vor wenigen Tagen Sargteile des mutmaßlichen Grabes der sogenannten „Dunkelgräfin“.
Foto: DPA | Fundstück I: Michael Römhild, Leiter des Hildburghäuser Stadtmuseums, zeigte vor wenigen Tagen Sargteile des mutmaßlichen Grabes der sogenannten „Dunkelgräfin“.
Von unserem Redaktionsmitglied Alfred Kordwig
 |  aktualisiert: 23.10.2013 15:23 Uhr

Anfang dieses Jahres gab es im Nachbarlandkreis Hildburghausen schon einmal ein Thema, das für überregionale Schlagzeilen sorgte: Der Hildburghäuser Landrat hatte gedroht, mit seinem Kreis nach Bayern zu wechseln, sollte eine Landkreisreform so wie von der Regierung geplant umgesetzt werden.

Die Wogen haben sich wieder geglättet. Der Landkreis Hildburghausen gehört heute immer noch zu Thüringen und das wird wohl auch so bleiben, auch wenn die Neugliederung der Landkreise nach Auskunft des Landratsamtes noch nicht endgültig vom Tisch ist.

Dafür wird jetzt im Herbst in Südthüringen ein anderes Thema heiß diskutiert: die kürzlich erfolgte Öffnung des Grabes der geheimnisumwobenen Dunkelgräfin, die vor 200 Jahren in einem heute nicht mehr existierenden Schloss bei Hildburghausen gelebt hat.

Enormes Medieninteresse

Viele deutsche Medien, darunter auch die Main-Post, griffen das Thema in den vergangenen Tagen auf, schließlich bahnt sich da möglicherweise eine kleine Sensation an. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich bei den sterblichen Überresten der Dunkelgräfin um die französische Prinzessin Marie Thérese handeln, der einzigen Überlebenden der französischen Königsfamilie nach der Revolution.

Dass dieses Geheimnis jetzt vielleicht gelüftet werden kann, ist modernster Analyse-Technik zu verdanken. „Von den sterblichen Überresten werden Proben entnommen und davon in Instituten in Freiburg und Innsbruck DNA-Analysen durchgeführt“, erklärt Michael Römhild, Leiter des Hildburghäuser Stadtmuseums, der die Mitte vergangener Woche durchgeführte Graböffnung im Auftrag der Stadt begleitet hat.

Pietätsvoller Umgang

Römhild betont, dass die Gebeine der Dunkelgräfin sehr pietätsvoll behandelt werden und bereits am 7. November wieder ins ursprüngliche Grab zurückgelegt werden sollen, falls die entnommenen Knochenproben für die Analysen geeignet erscheinen. „Bis dahin werden die Gebeine sicher in Hildburghausen aufbewahrt.“

Neben dem Hildburghäuser Museumsleiter war auch die Antropologin und Gerichtsmedizinerin Professor Ursula Wittwer-Backofen bei der Bergung von Skelett und Sargresten dabei. Sie gehört zu einem mehrköpfigen Wissenschaftsteam, mit dem die Stadt Hildburghausen und der MDR Thüringen „eines der letzten großen Rätsel der Thüringer Geschichte lösen will“, wie es in einer Mitteilung des in Erfurt beheimateten Senders heißt.

„Wir haben nach erster Inaugenscheinnahme die Gebeine einer Frau gefunden, die dem Alter der vermuteten historischen Person entspricht“, äußerte sich Wittwer-Backofen kurz nach Beendigung der Grabungsarbeiten gegenüber dem MDR. Der Sender finanziert das Projekt und dreht darüber einen Dokumentarfilm, der im Frühjahr kommenden Jahres gesendet werden soll. Spätestens dann wird das Ergebnis der DNA-Analysen vorliegen und veröffentlicht. Als Vergleichsmaterial soll Genmaterial eines anderen Kindes des 1789 hingerichteten Königspaares dienen.

Nicht alle sind begeistert

Gespannt verfolgt man das Geschehen nicht nur in Hildburghausen, sondern auch in Bad Königshofens Partnerstadt Römhild, wie Stadtoberhaupt Günther Köhler bestätigt. „Es interessiert die Bürger, welches Ergebnis der Erbguttest am Ende bringen wird“, so der Rathauschef, der seit Anfang dieses Jahres Bürgermeister der neuen Stadt Römhild ist. Auf Interesse stößt die Exhumierung laut eines Mitarbeiters auch bei den Bediensteten des Steinsburgmuseums in Römhild, einer Außenstelle des Thüringer Amts für Denkmalschutz, das die Ausgrabung der Gebeine unter Auflagen genehmigt hat.

„Ein ganz trauriges Kapitel“

Es gibt aber auch kritische Stimmen, die nichts von der Exhumierung der „Dunkelgräfin“ und der Erbgutanalyse halten. Ein Bürgerbegehren scheiterte aber knapp, da die für einen Bürgerentscheid erforderlichen Unterschriften nicht zusammenkamen.

Die Einwohner von Römhild durften sich zwar nicht am Bürgerbegehren beteiligen, Gegner der Graböffnung gibt es aber auch in der Partnerstadt von Bad Königshofen. „Das ist ein ganz, ganz trauriges Kapitel“, meint ein Römhilder, der namentlich nicht erwähnt werden möchte. Mit so einer Aktion zerstöre man doch nur einen Mythos. „Und glauben Sie mir: Es gibt viele Menschen im Landkreis Hildburghausen, die so denken wie ich.“

Drei Theorien über die „Dunkelgräfin“

Seit vielen Jahren gibt es mehrere Theorien, wer die 1837 gestorbene Hildburghäuser „Dunkelgräfin“ gewesen sein könnte. So wird vermutet, dass es sich um eine illegitime Tochter des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen handelt. Auch wird spekuliert, dass es Sophie von Botta sein könnte, eine illegitime Tochter des österreichischen Kaisers Joseph II. Am intensivsten wird aber Theorie drei diskutiert: Die „Dunkelgräfin“ ist Prinzessin Marie Thérese gewesen, Tochter des 1793 hingerichteten französischen Königspaars. Sie soll heimlich durch eine andere Frau ausgetauscht worden sein und sich nach Hildburghausen abgesetzt haben. Überliefert ist, dass im Jahr 1807 ein Paar in Hildburghausen abstieg, neben einem Mann, den man für einen Grafen hielt, die „Dunkelgräfin“, über die nichts weiter bekannt ist. Die beiden bewohnten ab 1810 bis zu ihrem Tod ein Schloss bei Meiningen. Die Frau starb 1837, der Mann 1845. Es stellte sich heraus, dass sich um keinen Grafen, sondern um einen holländischen Diplomaten mit engen Verbindungen zu Ludwig XVI handelte.

Konzentriert: Die Anthropologin und Gerichtsmedizinerin Ursula Wittwer-Backofen und Michael Römhild, Leiter des örtlichen Stadtmuseums, verfolgen die Freilegung des mutmaßlichen Grabes der sogenannten „Dunkelgräfin“.
| Konzentriert: Die Anthropologin und Gerichtsmedizinerin Ursula Wittwer-Backofen und Michael Römhild, Leiter des örtlichen Stadtmuseums, verfolgen die Freilegung des mutmaßlichen Grabes der sogenannten ...
Fundstück II: Michael Römhild mit gefundenen Sargnägeln.
| Fundstück II: Michael Römhild mit gefundenen Sargnägeln.
Südthüringen aus der Luft: Voraus sind die Gleichberge zu sehen. Fliegt man weiter, kommt man direkt nach Hildburghausen. Rechts vom Flugzeug sind Häuser zu erkennen, die zur Stadt Römhild gehören.
Foto: Maximilian Stuhl | Südthüringen aus der Luft: Voraus sind die Gleichberge zu sehen. Fliegt man weiter, kommt man direkt nach Hildburghausen. Rechts vom Flugzeug sind Häuser zu erkennen, die zur Stadt Römhild gehören.
 
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