Als der 54-jährige Angeklagte aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld seinem eigenen Chat-Verlauf im Gerichtssaal in Bad Neustadt zuhören musste, kommentierte er den Inhalt: „Da wird mir übel“. Nicht nur ihm, sondern jedem normal empfindenden Menschen, der sich mit dieser perversen Form des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschäftigen musste.
Von September 2017 bis Januar 2018 bewegte sich der ledige IT-Fachmann auf einer Internet-Plattform für Sex-Kontakte und tauschte sich dort mit einem gewissen Kevin aus. An ihn vermittelt worden war er von Kevins Schwester, die von sich auch schon allerlei merkwürdige Sexualpraktiken preisgegeben hatte.
Neunjährige schwängern
Doch Kevins Ausrichtung war noch eine Nummer härter: Er bot Mädchen unter zehn Jahren zu Sex-Treffen an und schickte vorab entsprechende Bilder. Im konkreten Fall ging es um eine Neunjährige, die der Angeklagte in einem sächsischen Hotel treffen sollte, möglicherweise auch noch andere kleine Mädchen. Was dort im Einzelnen geschehen sollte, schilderte der Chat-Verlauf detailliert. In Erwägung gezogen wurde unter anderem, die Neunjährige zu schwängern.
Nicht nur die biologischen Voraussetzungen verhinderten dies, sondern auch der rechtzeitige polizeiliche Einsatz. Beamte waren beim Hotel-Treffpunkt vor Ort, Kevin mit dem Mädchen allerdings ließ sich nicht blicken, ist in der Zwischenzeit aber gefasst.
Auszüge aus dem Chat-Protokoll
Der Beschuldigte im Bad Neustädter Gerichtssaal stritt die Vorüberlegungen, die am PC für die Begegnung getroffen wurden, nicht ab, hatte aus der Erinnerung aber den Eindruck, dass es Kevin war, der ihm seine Absichten suggerierte. Um dies zu widerlegen, las die Vorsitzende Richterin dann das Chat-Protokoll vor, das einen hohen Anteil eigener Initiative deutlich machte und die Begierde nach ganz jungen Mädchen zum Ausdruck brachte.
Er habe ganz großen Mist gemacht, bekannte der 54-Jährige, der sich nicht recht erklären konnte, warum er auf Kevin und seine Angebote eingegangen sei. Eigentlich sei er normal veranlagt. Zweifel daran ließ allerdings eine Strafe aus dem Ausland aufkommen, die er erhalten hatte, weil er weibliche Gäste im Bad gefilmt hatte.
Nachdem er bisher nicht von einem deutschen Gericht verurteilt wurde und eine positive Sozialprognose zu erkennen war, plädierte der Staatsanwalt dafür, dass eine einjährige Freiheitsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zur Bewährung ausgesetzt werden könne, gegen eine Geldauflage von 2000 Euro und mit therapeutischer Unterstützung. Dass ihm Beratung helfen könne, bejahte der Mann auf der Anklagebank schon nach diesem Antrag.
Positive Sozialprognose
Entsprechend nahm er das Urteil ebenso wie der Staatsanwalt direkt nach der Verkündung an. Mit zustimmendem Nicken des Angeklagten wählte die Vorsitzende Richterin das Wort „widerlich“ für den Vorgang, der ganz kleine Mädchen zu Opfern sexuellen Missbrauchs machte, in diesem Fall im Gegensatz zu vielen anderen ohne konkrete Ausführung.
Wegen der günstigen Sozialprognose wurde die einjährige Freiheitsstrafe für ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt und soll für ein Jahr von einem Bewährungshelfer begleitet werden. Außerdem muss der Verurteilte zwei Jahre lang mindestens drei Beratungsgespräche pro Quartal bei der Psychosozialen Fachambulanz für Sexualstraftäter in Würzburg führen und 4500 Euro an den Förderverein für offene Jugendarbeit zahlen.