Volltreffer. Die Ansiedlung des Beschussamts in der Loh Anfang der 1980er Jahre hat Mellrichstadt gutgetan. Schließlich existieren in Deutschland nur sieben an der Zahl, in Bayern neben Mellrichstadt noch die kleinere Landesbehörde in München. In diesen 35 Jahren hat das Beschussamt Mellrichstadt Weltruf erlangt. Dessen amtliches Prüfsiegel gilt als Qualitätsbeweis und ist deshalb gefragt – international. Mit der Einweihungsfeier für den Neubau des Beschussamts, einem 16,2 Millionen Euro teuren Großprojekt, läutet an diesem Donnerstag Ilse Aigner, die bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, eine neue Epoche ein.
„Wer baut, glaubt an die Zukunft. Und somit an die Qualität des Beschussamts“, betonte Bürgermeister Eberhard Streit beim Richtfest zum Neubau voller Zuversicht. Zu Recht. Denn seit das Beschussamt in Mellrichstadt angesiedelt ist, haben die Verantwortlichen an der Spitze Weitblick bewiesen. Wie beispielsweise Joachim Baumart, der von 1984 an 25 Jahre lang Behördenleiter war. Ursprünglich, so sagt es der Name, beschäftigte sich das Beschussamt mit der amtlichen Prüfung von Waffen. Doch schon damals richtete sich der Blick auf neue Aufgaben.
Der Schachzug des Behördenleiters, neben der florierenden Prüfung von Waffen und Munition die Materialprüfung zu forcieren – eine für eine Behörde sogenannte freiwillige Prüfung, die nach marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten abzulaufen hatte –, ging voll auf. Sie hat die Prüfung von angriffshemmenden Materialien und Konstruktionen zur Aufgabe, mit dem Ziel, schutzbedürftigen Personen die Verwendung von zuverlässigen Produkten zum Schutz gegen Angriffe zu ermöglichen. Solche Produkte sind beispielsweise Schutzwesten, Schutzhelme, Schutzschilde, gepanzerte Fahrzeuge oder Türen.
Mit Blick auf die Einweihungsfeier des gelungenen Neubaus an diesem Donnerstag sei der Versuch gestattet, auf wesentliche Daten und wichtige Ereignisse in der Geschichte des Beschussamts Mellrichstadt zurückzublicken. Einer Behörde, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung die sicherheitstechnischen Anforderungen und speziellen Prüfleistungen hinter verschlossenen Türen bewältigt. Stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geriet die Behörde in Mellrichstadt, als Anfang Januar 2007 die Meldung die Runde machte, „das Beschussamt Mellrichstadt steht auf wackligen Füßen“.
Das Dementi von Behördenleiter Baumart folgte prompt, denn das Gegenteil sei der Fall: „Das Beschussamt Mellrichstadt ist erfolgreich wie nie zuvor in seiner Geschichte“, betonte er. Auslöser der Falschmeldung sei wohl das Bestreben der Staatsregierung, die Strukturen des Beschusswesens in Bayern zu reformieren.
In der Tat sahen die Pläne von Regierungsseite vor, das Beschussamt zu privatisieren und beim TÜV beziehungsweise der Dekra anzusiedeln. Doch Mitte 2008 kam „Entwarnung“ aus München: Das Beschussamt Mellrichstadt bleibt seinem Standort in seiner bisherigen Form als staatliche Behörde erhalten. Zwar hätte es auch im Falle der Privatisierung eine Standortgarantie geben sollen. Jedoch wurde befürchtet, dass der Wegfall des staatlichen Gütesiegels zu einem Vertrauensverlust bei den Kunden führen würde. Diese Einsicht bestärkte die Bemühungen des damaligen Landtagsabgeordneten Bernd Weiß, der sich wiederholt für den Erhalt des Standorts Mellrichstadt wie auch des Beschussamts als staatliche Behörde eingesetzt hat.
Die Botschaft, die der bayerische Finanzminister Erwin Huber im Zuge seiner Wahlkampftour Ende August 2008 in Mellrichstadt verkündete, hörte man hier gerne: „Das Beschussamt am Standort Mellrichstadt hat Zukunft.“ Besiegelt mit der Unterschrift des Ministers im Gästebuch der Behörde. Nicht nur den Erhalt, sondern auch die Erweiterung und Modernisierung am hiesigen Standort hatten die Mellrichstädter schriftlich. Und Anfang 2009 schienen die Pläne zur Sanierung und Erweiterung konkrete Formen anzunehmen. Mit der Begründung, dass sich das Beschussamt Mellrichstadt zu einem bayerischen Kompetenzzentrum in Sachen Sicherheitstechnik entwickelt habe.
Die Weichen für einen kompletten Neubau des Beschussamts wurden schließlich Mitte Februar 2011 gestellt, als eine hochrangige Delegation aus Regierungsmitgliedern, Ministerialbeamten und Behördenvertretern vor Ort in Mellrichstadt die Lage sondierte. Man kam laut Prüfbericht zu dem Schluss, dass ein Neubau wirtschaftlicher als eine Sanierung samt Erweiterungsbau sei. Nicht zuletzt deshalb, weil das bestehende Gebäude aus den 1980er Jahren „bautechnisch verbraucht ist“.
Den offiziellen Bauantrag des Freistaats Bayern zum Neubau des Beschussamts für 16,2 Millionen Euro befürwortete der Stadtrat Mellrichstadt im November 2011 „mit großer Freude“. Dem Spatenstich im September 2012 folgte das Richtfest für einen topmodernen Neubau im Juli 2013. Die Einweihungsfeier an diesem 22. September 2016 mit Wirtschaftsministerin Ilse Aigner setzt den Schlusspunkt unter ein prestigeträchtiges Großprojekt, das als herausragendes Beispiel für die Strukturförderung des ländlichen Raums gefeiert wird.
Das Staatliche Bauamt Schweinfurt hatte für das Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie den Neubau des Beschussamts geplant und errichtet. Für Planer Martin Rohrmüller eine reizvolle Aufgabe, wenn auch knifflige Baustelle. Galt es doch ein spezielles Gebäude für einen speziellen Nutzer zu schaffen. Er kann nun bei der Fertigstellung voller Stolz sagen: „So ein Beschussamt baut man nur einmal im Leben.“
Behördenleiter Horst Willner und seine Mitarbeiter fühlen sich „im rundum gelungenen Gebäude“ wohl. Willner lobt die stetige Kooperation mit dem Staatlichen Bauamt während der langen Bauphase und freut sich jetzt über ein Haus der kurzen Wege, in dem das Thema Sicherheit ganz großgeschrieben wird. Er lädt die Bevölkerung zu einem Rundgang durch das Gebäude ein. An diesem Freitag, 23. September, öffnet das Beschussamt seine Türen für die Öffentlichkeit in der Zeit von 13 bis 17 Uhr.