Wenn Kurdirektor Werner Angermüller bei seinen Führungen in den Gradierpavillon im Kurpark von Bad Königshofen kommt, ist eine Frage vorprogrammiert. Was hat es denn mit dem Holzfass im Gebälk auf sich? Ein schmunzelnder Kurdirektor kann diese Frage rhetorisch ebenso beantworten wie auch durch ein Schnapsgläschen mit bernsteinfarbenem Inhalt. "Das ist unser Gradierbrand, der hier neun Monate in diesem Fass durch die solehaltige Luft reift." Die anschließende Likörprobe für die Gäste fällt dabei immer positiv aus. "Schmeckt gut... hat was… ist ein guter Likör." Der Sole-Gehalt der Luft bewirkt eine Mineralisierung, so dass eine whiskyähnliche Farbe und ein whiskyähnlicher Geschmack entstanden sind.
Mittlerweile ist es schon einige Jahre her, dass Rhöner Schnapsbrenner die Idee hatten, ein Eichenfässchen hoch oben in der salzhaltigen Luft zu lagern, um herauszufinden, welchen Geschmack der Inhalt nach neun Monaten oder zwei Jahren hat. Dabei haben diese speziellen Gradier-Brände aus Bad Königshofen im Grabfeld bei Prämierungen hervorragend abgeschlossen: Vom Genussmagazin Selection erhielt der Zwetschgenbrand von der Brennerei Zeis aus Alsleben, der im Gradierpavillon Bad Königshofen im Grabfeld reifte, im Jahr 2016 Gold.
Karlheinz Zeis von der Kleinbrenner-Kooperation innerhalb der Dachmarke Rhön hatte sich mit dem Zwetschgenbrand zum ersten Mal am Projekt "Rhöner Gradierbrand" der Dachmarke Rhön beteiligt. Zur Herstellung sagt die Zeis: Aus den fränkischen Hauszwetschgen wurde in der Brennerei zunächst ein rund 80-prozentiger Brand hergestellt, der mit weichem Wasser auf eine Fassstärke von 55 Prozent eingestellt wurde. Nach dem Befüllen des 50 Liter fassenden Eichenfasses reifte der Brand knapp zwei Jahre in der sole-haltigen Luft des Gradierpavillons. Danach wurde er auf eine Trinkstärke von knapp 40 Prozent reduziert und in Flaschen abgefüllt. Die rund 150 Flaschen werden ausschließlich in der Franken-Therme in Bad Königshofen zum Verkauf angeboten,
Aktuell entsteht der Gradierbrand Birne. Diese stammen von regionalen Streuobstbirnen aus Alsleben und Umgebung. Die Sorten, so erklärt Brenner Karlheinz Zeis, sind vorwiegend "Gute Luise," "Palmischbirne", "Pastorenbirne" und "großer Katzenkopf." 16 Monate reifte er in dem Eichenfässchen. Er riecht fruchtig, nach einer reifen Birne, vermischt mit einer dezenten Holznote. Der Brenner sagt zum Geschmack: Vanille, Banane, zarte Schokoladenote, reife Birne, sehr dezente Salznote, ausgewogenes Verhältnis von Holz und Frucht. Nicht nur für die Einheimischen sind die Gradierbrände ein beliebtes Geschenk, sondern auch für die Gäste ein besonderes Mitbringsel aus Bad Königshofen. Die Brennerei Zeis in Alsleben ist als Mitglied der Dachmarke Rhön eine Anlaufadresse für jeden Besucher, der Hochgeistiges mag. Zu den Dauerbrennern dieses Familienbetriebes gehören 20 verschiedene Brände, von denen bereits viele weitere Brände mit Goldmedaillen prämiiert wurden, sowie zwölf verschiedene selbstgemachte Fruchtliköre.
Bei Führungen verweist Kurdirektor Werner Angermüller darauf, dass man nicht nur außen, sondern auch innen im Pavillon gehen und sitzen kann. Dadurch werde das salzhaltige Gemisch der Urbaniquelle, die gegenüber an der ehemaligen Trink- und Wandelhalle entspringt, noch wirksamer. Durch das Einatmen salzhaltiger Luft werden die Atemwege befeuchtet und die Wandungen der Atemorgane positiv beeinflusst. Darüber hinaus besitzen die feinen Salzkristalle eine sekretlösende Wirkung, die die Atemwege intensiv von Bakterien reinigen und die Schleimhäute abschwellen lassen.
Na ja, so ein Kurdirektor ist ja auch hauptsächlich für Wasser zuständig.