Keinen Besuch bekommen, keine Gruppenangebote und keine Gottesdienste feiern. Die Einschränkungen für Menschen, die in Pflege- und Senioreneinrichtungen leben, sind enorm und das Personal leistet schier übermenschliches, um die Bewohner nicht nur zu unterhalten und zu versorgen, sondern auch Sicherheit und Stabilität zu geben. "Die aktuelle Situation wühlt bei einigen unserer Bewohner schon etwas auf, da kommt manches hoch", berichtet Elke Müller, Einrichtungsleiterin des BRK Alten- und Pflegeheims in Bad Neustadt. "Es erinnert Bewohner an Kriegszeiten. Das ist für uns eine Herausforderung." Auch für das Pflege- und Betreuungspersonal ist die Situation neu: "Sie tragen die Hauptbelastung", betont Müller. Gruppenangebote gibt es im BRK-Heim nicht mehr, dafür umso mehr Einzelbetreuung und dies erfordere mehr Zeit für den Einzelnen.
Das ist auch im Pflegezentrum Hammermühle in Bischofsheim so. "Es findet viel Gesprächstherapie auf den Zimmern statt", erklärt Einrichtungsleiterin Annette Erickson die Situation. "Viele unserer Bewohner sind am Geschehen sehr interessiert, sie fragen nach und wollen darüber reden", so Erickson. "Aber es wird auch miteinander gespielt. Karten spielen ist sehr beliebt und es gibt Gymnastik auf dem Zimmer. Wir beschäftigen uns viel mit den Bewohnern, um Ausfälle in anderen Bereichen auszugleichen."
Die Bewohner der Altenheime sind trotz allem sozial nicht isoliert
Auch im Seniorenheim St. Niklas in Mellrichstadt steht die Einzelbetreuung in Vordergrund. Neben Einzelbeschäftigung durch Malen oder Rätseln finden Bewegungsübungen auf den Zimmern statt. Andrea Seufert berichtet von internen Fernsehübertragungen der Ergotherapeutin, die vorliest oder zu Bewegung animiert. Dies seien neue Formen, um die Bewohner einerseits zu schützen und andererseits zu beschäftigen. Die täglichen Gedächtnisübungen dürfen dabei nicht fehlen. "Wichtig ist uns, dass unsere Bewohner jeden Tag an die frische Luft kommen. Mit Mundschutz und einzeln wird mit ihnen hinaus gegangen." Kontakt untereinander werde in Mellrichstadt vermieden.
Auch wenn Besuche von Angehörigen und Freunden derzeit nicht stattfinden können, so seien die Menschen in den Heimen sozial nicht isoliert. Regelmäßige Telefonate mit Angehörigen, aber auch Whatsapp und Skype, gehören zum Alltag dazu. "Wer nicht mehr alleine telefonieren kann oder die Nummer der Angehörigen vergessen hat, dem helfen unsere Betreuungskräfte natürlich", so Müller. Aber auch intern werde in Bad Neustadt und Bischofsheim noch Gemeinschaft gepflegt. "Interne Bekanntschaften dürfen sich nach wie vor besuchen", betont Erickson. "Unsere Eingangstüre ist zugeschlossen, aber im Haus können sich die Bewohner bewegen und unterhalten." Auch die Mahlzeiten werden weiterhin gemeinsam eingenommen. Nur Gemeinschaftsaktivitäten, wie gemeinsames kochen, falle weg.
Angehörige können kleine Aufmerksamkeiten zu den Häusern bringen
Kleine Spaziergänge im Garten seien bei passendem Wetter immer angebracht. "Wer möchte, hat aber auch jederzeit die Möglichkeit, auf dem eigenen Balkon frische Luft zu schnappen", beschreibt Müller die Möglichkeiten im BRK-Heim.
Die Bewohner der Vill'schen Altenstiftung in Bad Neustadt nutzen sehr gerne den windgeschützten sonnigen Garten. Ein Besuch auf dem Marktplatz oder in der Stadtpfarrkirche ist zwar nicht mehr möglich, dafür steht jetzt intern sehr viel auf dem Programm. Manuela Schneyer, Leitern der Sozialbetreuung, berichtet von Film- und Kinoabenden. "Wir versuchen die Tage so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten."
Die Angehörigen haben weiterhin die Möglichkeit, ihren Senioren mit kleinen Aufmerksamkeiten eine Freude zu machen. Ein netter Blumengruß, das Lieblingsgetränk oder eine süße Freude, dem Ideenreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Die Dinge können zu den Häusern gebracht werden. "Sie werden dann vom Personal weitergegeben", beschreibt Müller. "Das ist für uns natürlich ein größerer Aufwand. Es muss noch mehr gelaufen werden, aber wir machen das gerne und wissen, wie wichtig es für die Senioren ist."
Das Personal ist weiterhin hoch motiviert, auch die Senioren sind diszipliniert
Vielen alten Menschen ist der regelmäßige Gottesdienst und das Gebet ein wichtiges Anliegen. Sowohl in Bischofsheim als auch Bad Neustadt gibt es Hauskapellen, die die Besucher aufsuchen dürfen. "Es ist dann auch Aufgabe der Betreuungskräfte mit den Bewohnern in die Kapelle zu gehen", so Erickson. In der Vill'schen Altenstiftung werden die ausgefallenen Gottesdienste durch Fernsehübertragungen so gut es geht ersetzt.
Hoch motiviert sei das Personal, das wurde von allen Seiten betont. Und zwar nicht nur die Pflege- und Betreuungskräfte. "Ob Küche, Haustechnik oder Pflege, unser Haus hält zusammen. Keiner ist sich für Aufgaben zu schade. Es ist ein gutes und schönes Miteinander", sagt Müller. Aber es sei auch klar, dass die Heime Unterstützung benötigen, vor allem personelle Unterstützung, sollten die eigenen Mitarbeiter in Quarantäne müssen oder krank werden.
Begeistert ist Müller über die Bereitschaft und Disziplin der Senioren. "Unsere Bewohner passen aufeinander auf. Erinnern sich daran, die Hände zu desinfizieren. Das läuft richtig gut." Dennoch sei die Situation sehr angespannt. "Die Angst schwebt über uns", fasst es Müller zusammen. "Wir wissen nicht, was auf uns zukommt." Daher werde alles dafür getan, dass die Menschen in den Alten- und Pflegeheimen fit bleiben. Wer dennoch in eines der Heime müsse, seien es Lieferanten oder Rettungsdienst, müsse die gängigen Hygienevorschriften natürlich penibel beachten.