
Der Zensus, eigentlich für das Jahr 2021 geplant, wird wegen der Corona-Pandemie auf 2022 verschoben. Die Bevölkerungsstatistik spiegelt die Entwicklung der Orte wider und liefert Planungsgrundlagen. Eine Umfrage im Grabfeld bei den Verwaltungsgemeinschaften und der Stadtverwaltung Bad Königshofen zur Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Orten (Hauptwohnsitze) im letzten Jahrzehnt, 31. Dezember 2010 bis 31. Dezember 2020, brachte Interessantes zutage.
Eine Statistik sollte immer hinterfragt werden, denn sie spiegelt meistens nur eine grobe Zusammenfassung wider. Bad Königshofen ist laut Einwohnermeldeamt (ohne Stadtteile) in der betrachteten Dekade von 4880 auf 4020 Einwohner gefallen, während in Wirklichkeit die Bevölkerung laut Bürgermeister Thomas Helbling gestiegen ist – er hat recht.
Die "Karteileichen" machen einen Unterschied
Ursache ist der letzte Zensus, bei dem alle „Karteileichen“, zum Beispiel Schüler, die sich in den vorangegangenen Jahren zwar angemeldet, aber nicht abgemeldet hatten, getilgt wurden. Hatte Bad Königshofen im Jahr 2012 noch 7156 Einwohner, waren es 2013 nur noch 5966. Das plötzliche Minus von 1190 Einwohnern hatte auch Auswirkungen auf die Schlüsselzuweisungen. Da die Stadt in den betrachteten zehn Jahren nur ein Minus von 860 Einwohnern vorweist, hat sie in Wirklichkeit um 330 Bewohner zugenommen.
Ein Blick auf die einzelnen Orte im Grabfeld zeigt sehr unterschiedliche Entwicklungen. Spitzenreiter im negativen Sinne ist Kleineibstadt mit minus 94 Einwohnern (2010: 528; 2020: 434). Großeibstadts Bürgermeister Gerhard Jäger verweist auf die hohe Sterberate, während die jungen Leute auswärts studieren oder einen Job bekommen und wegziehen. Er hofft, mit dem Neubaugebiet in Großeibstadt (minus 39) zumindest die Bevölkerungsabnahme stoppen zu können. „Wir werden wieder zulegen, ich hoffe, dass sich der Trend in den nächsten Jahren umkehrt“, sagt er.

Bürgermeister wollen gegensteuern
Irmelshausen ist mit minus 66 Einwohnern Zweiter im Minus-Ranking, Bürgermeister Michael Hey macht ebenfalls die demografische Entwicklung Sorgen. „Das einzige, was die Gemeinde tun kann, ist, ein attraktives Umfeld gestalten, eine Dorferneuerung durchführen, preiswerte Bauplätze bieten, die Vereine stärken und damit dafür sorgen, dass sich junge Familien ansiedeln. Wir können ja keine Arbeitsplätze schaffen.“
Wie wichtig attraktive Wohnbedingungen sind, zeigt das Beispiel Leinach (plus 3), Zimmerau (plus 3) und Sulzdorf (plus 5), die mit ihrer idyllischen Lage die Trendwende geschafft haben. Die Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft Bad Königshofen und Sulzdorfs Bürgermeisterin Angelika Götz sieht eine Bewusstseinsänderung. „Die Corona-Zeit hat den Wunsch nach einer schönen Wohngegend im Grünen mit großem und preiswertem Grundstück noch verstärkt. Die Leute nehmen es in Kauf, zum Arbeitsplatz zu pendeln, aber auf dem Land ruhig zu wohnen.“ Sie habe in den letzten Jahren mehr Bauplätze verkauft, als ihre Vorgänger in 20 Jahren, schätzt sie. „Hier kann man sich einen Bauplatz leisten und entspannt zur Arbeit fahren, anstatt in der Stadt im Stau zu stehen, aber das Café um die Ecke zu haben.“
Bauplätze und Kinderbetreuung
Eine Ausnahme im Ranking ist Wülfershausen, das mit plus 25 Einwohnern (2010: 1168; 2020: 1193) von der guten Verkehrsanbindung und der Nähe zu den umliegenden Städten mit Arbeitsplätzen profitiert. Für Saal (plus 7) gilt das in etwas abgespeckter Form. Bürgermeister Wolfgang Seifert hält auch die gewährleistete Kinderbetreuung für entscheidend, dass junge Familien sich niederlassen. „Das ist eine der wichtigsten Fragen, die Bauwillige stellen“, berichtet er. Dass es im Umkreis von Bad Neustadt kaum noch preiswerte Bauplätze gibt, ist auch ein Vorteil für die Gemeinde. „Die Leute suchen eine lebendige Gemeinde, da spielt auch das Vereinsleben eine Rolle“, meint Seifert.
Was die Statistik nicht zeigt, ist außerdem die Entwicklung von Gemeinden, die anfangs einen Abwärtstrend zeigten, dann aber in den letzten Jahren wieder zugenommen haben, wie zum Beispiel Großbardorf, wo durch gebotene Arbeitsplätze sich wieder mehr Leute angesiedelt haben, dazu kommt ein angenehmes Ambiente. Das Bayerische Landesamt für Statistik sagt übrigens für die Jahre 2019 bis 2039 eine „starke Abnahme“ der Bevölkerung in Rhön-Grabfeld von 5,6 Prozent voraus. Man darf gespannt sein, ob die Prognosen zutreffen.