Corona hat viele negative Aspekte. Wenn man die Langzeitwirkungen der Pandemie jedoch betrachtet, dann ergibt sich für die Zukunft auch eine positive Perspektive. So wurde nicht nur den Entscheidungsträgern deutlich vor Augen geführt, dass die Digitalisierung für das Land sehr wichtig ist. Homeoffice ist heute in aller Munde. Aber auch für den digitalen Unterricht, das Homeschooling, haben sich Horizonte eröffnet, die vor dem März 2020 so noch gar nicht vorstellbar waren.
Dieses Mammutprojekt fand zwar einen großen medialen Widerhall, die Realisierung ging aber recht ruhig über die Bühne. Sieht man von kleinen Startschwierigkeiten ab, so wurde hier im Hintergrund gigantisches geleistet. Dies kann man aber nur wirklich würdigen, wenn man sich etwas näher mit der Technik und der Umsetzung vor Ort befasst.
Stephen Johannes, der Geschäftsführer der Interkomm-IT GmbH Rhön-Grabfeld, erinnert sich noch genau an den 13. März vergangenen Jahres: "Damals wurde angekündigt, dass aufgrund von Corona Homeschooling gemacht werden soll. Das war an einem Freitag. Am Montag hatten wir die ersten Lösungen umgesetzt, ab Dienstag lief das System dann rund." Der Landkreis betreute als Träger damals elf Schulen, für diese musste innerhalb kürzester Zeit die Möglichkeit des Homeschoolings umgesetzt werden. Und das klappte sehr gut. "Wir waren dafür natürlich das ganze Wochenende lang im Einsatz. Ein großes Lob geht hier an mein Team, das die Aufgabe wirklich klasse gemeistert hat", lobt Stephen Johannes.
50 000 Filme in HD-Qualität
Die Schulserver, über die die Kommunikation und der Datenaustausch läuft, sind das Herz in diesem System. Sie stehen im Rechenzentrum des Landratsamtes. "Das war uns sehr wichtig. Denn so bleiben die Daten in unserer Hand und wir erfüllen alle Auflagen des Datenschutzes", sagt Johannes. Natürlich musste man bei dieser Aufgabe auch Prioritäten setzen. "Zuerst wurden die Abiturklassen in das System eingebunden, dann kam der Rest", erklärt der Geschäftsführer.
Mittlerweile ist die Serverausstattung gewachsen. "Wir haben elf Videoserver im Einsatz, 5000 Personen können gleichzeitig auf das System zugreifen", sagt Pascal Keßler. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Im Vergleich zum März vergangenen Jahres wurde die Rechenleistung verfünffacht. 200 Terabyte an Speicherplatz werden laut Keßler vorgehalten. Umgerechnet könnte man hier 50 Millionen Fotos abspeichern oder 50 000 Filme in HD-Qualität.
Das System kann vielfältig genutzt werden. So bietet es nicht nur eine Plattform für den Datenaustausch, Schüler können hier beispielsweise Infovideos abrufen oder ihre Hausaufgaben hochladen. Es können hier zudem bis zu 5000 Personen Videokonferenzen führen und auch die Kommunikation zwischen Schule, Eltern und Schüler laufen über die Systeme.
"Außerdem kann das bayernweite Schulportal Mebis problemlos mit in den digitalen Unterricht eingebunden werde", so Johannes. Hier kommt die Software von externen Firmen zum Einsatz. So kommt das Videokonferenzsystem von 3CX, die Speichertechnik von der Firma Synology, welche in der IT-Welt einen guten Ruf genießt. "Für die Hardware mussten wir in dem Fall selbst sorgen", informiert Keßler.
Das Betriebssystem ist nicht entscheidend
Im System gibt es ebenso eine Cloud und auch auf eine Online-Office-Variante muss man nicht verzichten. "Hier verlassen wir uns allerdings nicht auf das Produkt Microsoft Office, sondern haben eine andere Variante gewählt", so Johannes. Über ein ausgeklügeltes Rechtemanagement kann jeder Benutzer auch wirklich nur die Daten verändern, auf die er Zugriff hat. "Somit wird ausgeschlossen, dass die Schüler beispielsweise voneinander die Hausaufgaben abschreiben", sagt Keßler mit einem Schmunzeln. Man sieht: Das System ist recht ausgeklügelt.
Zugreifen kann man auf die Dateien von jedem Gerät aus. Ob Mac, Windows-PC, Smartphone mit iOS oder Android oder sogar Linux-PCs: das Betriebssystem ist nicht entscheidend. "Das war uns sehr wichtig, das hier möglichst viele Plattformen unterstützt werden und man die Technik daheim vor Ort weiterverwenden kann", sagt Stephen Johannes.
Bei der Auswahl der Produkte wurde darauf geachtet, dass alles browserbasiert bedient werden kann. Egal ob beispielsweise Firefox oder Chrome: auf die Daten zuzugreifen ist überhaupt kein Problem. "Es gibt sogar Apps dafür, dass man die Hausaufgaben abfotografieren und dann zum Lehrer schicken kann", sagt Keßler. Wichtig war dem Team der Interkomm-IT Rhön, dass die Einstiegshürden möglichst klein sind.
Die einzelnen Schulen können außerdem die von ihnen bevorzugte Software einsetzen. "Wenn jemand für die Videokonferenz Teams von Microsoft verwenden will, ist das auch kein Problem. Um den Support muss sich die Schule dann aber selbst kümmern. Wir können nur Beratungen zu den Systemen geben, die wir hier im Einsatz haben", schränkt Stephen Johannes ein.
Sichere Kommunikation ist das A und O
Bei der Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus setzt man auf eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Das sei sehr sicher und heute Standard, betont Pascal Keßler. Die Login-Daten können die Schüler außerdem auch verwenden, wenn sie irgendwann einmal wieder in der Schule vor Ort mit den Systemen arbeiten. "Benutzername und Passwort sind hier wie da die gleichen. Und wenn man sich über den Browser einloggt, ist es auch egal, wo man sich genau befindet: Die Schulklasse ist somit mobil", betont Johannes.
Das System habe sich als sehr robust erwiesen. "In der ersten Woche vor Weihnachten kam das System an seine Grenzen. Wir haben aber rasch nachjustiert, sodass nach kurzer Zeit alles wieder reibungslos funktioniert hat", so Pascal Keßler. Die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt verlaufe dabei wunderbar. "Ich bedanke mich auch noch einmal für das große Vertrauen, das hier in uns gesetzt wird", sagt Stephen Johannes. Beim Homeschooling von 0 auf 100 zu kommen, und das in nur drei Tagen ist eine Leistung, die sich mehr als sehen lassen kann. Der Digitalisierung wurde dadurch auf jeden Fall ein immenser Schub verliehen.
Die beste Serverfarm hilft nichts, wenn deren Daten nicht dort hin kommen wo sie hin sollen...
Was ich jedoch nicht so ganz verstanden habe: 11 Schulen in der Trägerschaft des Landkreises wurden zu Beginn unterstützt. Ist das immer noch der gleiche Umfang oder wurden inzwischen auch (alle) anderen Schulen des Landkreises in die IT-Systemlandschaft eingebunden ?
Falls ja, verdoppelt ich mein Lob.
Falls nein, frage ich mich, in welcher Welt kommunale Entscheidungsträger unseres Landkreises leben. Jedem Huehnerhaufen sein eigenes "Hoasen-Gaertle" ?