Die Landwirte im Grabfeld blicken auf ein völlig ungewohntes Jahr 2020 zurück. Witterungsbedingungen und Agrarmärkte spielten zeitweise verrückt und auch Corona wirkte sich deutlich auf die landwirtschaftlichen Betriebe aus. So lässt sich das Ergebnis einer Umfrage bei Bauern aus der Region zusammen fassen.
In Ottelmannshausen bewirtschaftet Wolfgang Wirsing einen Hof mit Ackerbau, Schweinehaltung und Christbaumkulturen. "Das Jahr hatte eigentlich gut begonnen mit Ferkelpreisen bis zu 90 Euro", erinnert sich Wirsing. Ab Mitte März setzte sich aber eine rückläufige Tendenz am Schweinemarkt durch. Als Anfang September der erste Fall der Afrikanischen Schweinepest an einem Wildschwein diagnostiziert wurde, führte dies zu einem völligen Zusammenbruch der Absatzmärkte. Absoluter Tiefpunkt war für Wirsing als er im Oktober Ferkel für 15 Euro verkaufen musste - ein Preis, der weit unter den Erzeugungskosten liegt.
Verlust bei jedem verkauften Ferkel
Dies bedeutete hohe Verluste für jedes verkaufte Ferkel. "In solchen Krisenzeiten kann ich als Bauer die Schweinehaltung nicht einfach stoppen", so der Ottelmannshäuser. Die Tiere seien ja da und müssen verkauft werden. Wirsing weist darauf hin, dass die Afrikanische Schweinepest für den Menschen völlig ungefährlich sei. Dennoch sei der Absatz von Schweinefleisch völlig zusammen gebrochen. Neben Corona bezeichnet Wirsing die Afrikanische Schweinepest als die zweite Seuche, die die Stimmung unter den Bauern drückt.
Ein anderes Problem sei, dass die Wasserversorgung der Böden im Grabfeld sich immer mehr zuspitze. Drei Trockenjahre in Folge haben ihre Spuren hinterlassen. Der 48-jährige beobachtet, dass kaum noch Feuchtigkeit im Unterboden vorhanden ist. Die Pflanzen leben sozusagen "von der Hand in den Mund" und können kaum auf Wasservorräte im Boden zurückgreifen. Deshalb wählt Wirsing beim Anbau vor allem Sorten aus, die mit Stress-Situationen wie Trockenheit, Hitze und Kalfrösten einigermaßen klar kommen.
Trockenheit setzt allen Feldfrüchten zu
Diesbezüglich hatte es vergangenen Mai besonders die Wintergerste in der Region erwischt. Spätfröste Mitte Mai führten zu Schäden in der Kornausbildung und hatten Ertragseinbußen von 50 bis 90 Prozent zur Folge. Die Wintergerste dient auf dem Betrieb Wirsing als wichtige Futtergrundlage für die Zuchtsauen. Umgebrochene Wintergerstenfelder wurden teilweise mit Hafer neu angesät. Aber auch diese Frucht ist missraten, weil nach der Aussaat kein Niederschlag mehr kam. Auch in Wirsings Christbaumkulturen gab es Engpässe in der Wasserversorgung. Frisch gepflanzte Christbäumchen mussten erstmals schon im April bewässert werden um sie vor dem Vertrocknen zu schützen.
Auch Andreas Butzert aus Irmelshausen bezeichnet das vergangene Jahr in vielerlei Hinsicht als ungewöhnlich. Er konnte keine Abnahmeverträge für Braugerste abschließen. Wegen der unsicheren Absatzmöglichkeitenkonnte hat Butzert kurzerhand auf den Anbau dieser Frucht verzichtet. Stattdessen wurden Sonnenblumen ausgesät. Diese Frucht toleriert auch längere Trockenphasen. Allerdings brauchen die Sonnenblumen etwas länger bis sie abreifen und können erst im September gedroschen werden.
Im Herbst verzeichnete Butzert eine Mäuseplage auf frisch gesäten Feldern. Um die Feldmausvorkommen einzudämmen wurden Sitzgelegenheiten für Greifvögel auf den Feldern aufgestellt. Butzert freut sich momentan über die geschlossene Schneedecke auf den Flächen. Die Schneeschicht habe auch eine schützende Wirkung auf die überwinternden Getreidebestände. Starke Fröste auf schneefreien Flächen bezeichnet der Irmelshäuser als Gift für die Getreidebestände.
Auch die Fröste fehlten
Thomas Baer vom Dörfleshof bei Ottelmannshausen treffen wir beim Grubbern an. Er nutzt die leichten Fröste für die Bearbeitung seiner Felder. Dies war im vergangenen Winter unmöglich, weil das Thermometer ganz selten unter null Grad kletterte. "Die Böden müssen im Winter eisfrieren", erklärt Baer. Dadurch entstehe die sogenannte Frostgare und der Acker lasse sich im Frühling leichter bearbeiten. Dieser Umstand fehlte 2020, sodass die Aussaatbedingungen für die Kulturen ungünstig verliefen.
Hinzu kam, dass ausbleibender Regen in den Monaten März und April den Wachstumsstart aller Feldfrüchte erschwerte. Auch Corona hat auf dem Dörfleshof den Arbeitsablauf erschwert und manche Pläne durcheinander gebracht. So konnten die ausländischen Saisonarbeitskräfte nicht rechtzeitig einreisen und mit dem Hacken der Rüben beginnen. Die Folge war, dass unliebsame Kräuter und Gräser in den Rüben überhand nahmen. Da der Dörfleshof vor einigen Jahren auf Biolandbau umgestellt wurde, ist man dort mehr denn je auf Arbeitskräfte angewiesen, die mit der Handhacke Unkräuter entfernen.
Trotz der vielen Trockenperioden des Jahres 2020 zeigt sich Thomas Baer mit den eingefahrenen Erträgen noch zufrieden. "Lediglich die Zuckerrüben waren hier bei uns ein Ausreißer nach unten", erzählt der studierte Landwirt. Wegen durchgewachsener Unkräuter und langen Trockenphasen haben die Baers im vergangenen Jahr eine äußerst niedrige Rübenernte verzeichnet.
Bierkonsum eingebrochen
Eine andere negative Begleiterscheinung von Corona sei die Vermarktung der angebauten Sommergerste. Man habe sehr gute Qualitäten eingefahren. Allerdings ist die Ware so gut wie unverkäuflich. Sommergerste wird normalerweise als Rohstoff für die Malzherstellung benötigt. Da aber Corona bedingt keine großen Feste stattfinden, ist auch der Bierkonsum massiv eingebrochen. Die Nachfrage der Mälzereien nach Sommergerste hält sich deshalb in Grenzen. "Ich bin froh, dass 2020 hinter uns liegt", so Thomas Baer. Für das neue Jahr wünscht er sich vor allem wieder mehr Normalität beim Wetter, den Märkten und in der Gesellschaft.