Auf der Fahrt durch Unterwaldbehrungen sieht man schon von weitem die Hütte mit der markanten Kuh auf der Rückseite. Dort steht mit großen Buchstaben "Schlemmereck". Die kleine Kiesparkfläche vor der Hütte direkt an der Durchfahrtsstraße und das rustikal gestaltete Inventar mit Werkbank und einem alten Küchenschrank laden zum Hineinschnuppern ein. Die Rede ist vom "Unterwälder Schlemmereck" der Familie Stiel.
"Ohne Corona würde es das Oberwälder und Unterwälder Schlemmereck nicht geben", sind sich Christoph und Melanie Stiel einig. "Wir hatten Zeit und die Idee und haben einfach gemacht", erklärt Melanie Stiel, die ihren Christoph im Corona-Jahr 2020 geheiratet hat. Während der Schließungen im vergangenen Jahr hat die gelernte Augenoptikerin einfach mal angefangen, den kompletten Hof der Familie Stiel in Oberwaldbehrungen auszuräumen, neu zu streichen und neu zu gestalten.
Plötzlich war eine Ecke im Hof frei. Es entstand das "Oberwälder Schlemmereck", in dem die hofeigenen Produkte des Bauernhofs Stiel sowie dessen Hausmacher Wurst- und Schinkenspezialitäten, Holzofenbrot und weitere regionale Spezialitäten angeboten werden. Das freie Grundstück der Eltern von Melanie Stiel in Unterwaldbehrungen lieferte sodann die Idee zum "Unterwälder Schlemmereck", das im Juni 2021 in der Behrunger Straße eröffnet wurde. Durch das hohe Verkehrsaufkommen ein idealer Standort, wie die beiden feststellen.
In der Landwirtschaft groß geworden
Christoph Stiel ist durch seine Familie in die Landwirtschaft sowie das Metzgerhandwerk hinein gewachsen. Da gab es den "Bauernhof-Opa" Heini Gutsch, der den landwirtschaftlichen Hof in Oberwaldbehrungen bewirtschaftete, und den "Wurst-Opa" Karl Stiel, der vor dem Zweiten Weltkrieg als Knecht im Gasthaus "Eiche" in Ostheim das Metzger-Handwerk erlernt hat.
Nach seiner Kriegsgefangenschaft war der "Wurst-Opa" als Hausmetzger rund um Oberwaldbehrungen unterwegs. Sein Sohn Edgar Stiel trat in seine Fußstapfen. Von Anfang Oktober bis Ende März gab es keinen freien Tag für den Hausmetzger Edgar Stiel. "Außer den 22. Dezember", schmunzelt Sohn Christoph Stiel, "das ist mein Geburtstag, den habe ich im neuen Schlachtkalender immer gleich durchgestrichen."
Auf Silo-Mais und Soja-Futter wird verzichtet
Mit der BSE-Krise im Jahr 2002 endete schlagartig das Tätigkeitsfeld für Hausmetzger. "Zum Schluss haben wir nur noch für uns geschlachtet", erinnert sich Christoph Stiel. Die Landwirtschaft jedoch ging weiter. Durch die Schwerpunktsetzung auf langsames Wachstum der hofeigenen Tiere durch den Verzicht auf Silo-Mais oder Soja-Futter vermarktet sich das Fleisch vom Bauernhof Stiel sehr gut. "Bei uns gilt Qualität vor Quantität", so Christoph Stiel.
Der gelernte Agraringenieur Christoph Stiel hat im Jahr 2013 dank seiner Bachelor-Arbeit mit der Direktvermarktung und den Fleischpaketen begonnen, wenige Jahre später kamen die Wurst- und Schinkenspezialitäten dazu. Im Jahr 2016 hat er den Betrieb vom Vater übernommen.
Rustikale Gestaltung und Betreuung
Das "Oberwälder und Unterwälder Schlemmereck" haben Christoph und Melanie Stiel, die seit 2014 ein Paar sind, gemeinsam gestaltet. Die rustikale Gestaltung und die Betreuung der Verkaufsstellen sei "ihr Baby". Automaten soll es hier nicht geben.
Gerade das Unterwälder Schlemmereck werde gut angenommen. Erstaunlicherweise schätzen die Leute sehr die Anonymität des 24 Stunden geöffneten Verkaufsladens. "Es ist verrückt: Wenn jemand da ist, fahren die Leute weiter. Wenn keiner da ist, erfährt das saisonal wechselnde Sortiment großen Zuspruch." Eine offizielle Eröffnung des "Oberwälder und Unterwälder Schlemmerecks" musste wegen der hohen behördlichen Auflagen in Corona-Zeiten leider ausfallen. Aber ohne Corona würde es ja auch das Schlemmereck nicht geben.