Am Anfang haben wir es nicht für möglich gehalten, doch dann wurde es ernst. Nie hätten wir gedacht, die Sache könnte sich so lange hinziehen. Mittlerweile haben wir zwei Lockdowns überstanden und uns an die Maßnahmen, wie Masken und Abstände gewöhnt. Trotzdem, die Einschränkungen strapazieren die Nerven aller und für viele sind es schwierige Zeiten. Da kann es doch nur helfen, an die positiven Dinge, die die Krise mitgebracht hat, zu denken.
Sybilla Schmitt-Peter aus Oberfladungen hat sehr viele positive Sachen aus der Zeit mitgenommen. "Wir haben die, wie ich finde einmalige Chance bekommen, aus unserem gewöhnlichen Alltag auszubrechen. Unsere schneller, höher, weiter Gesellschaft hat mal einen Dämpfer bekommen und plötzlich war es möglich, auch einmal etwas anders zu machen, umzudenken, innerlich freier zu sein. Einfach einmal Familie sein, ohne Zeitdruck." Obwohl sie anfangs erst gegen das Homeoffice war, finde sie es mittlerweile gut, diese Möglichkeit zu haben. "Aber", und das sei ihr im Moment leider wieder viel zu oft bewusst geworden, "wir sind gerade dabei, uns diese Flexibilität wieder zu nehmen und das finde ich sehr, sehr schade. Unser deutsches System mit all dem Leistungsanspruch schafft so viel Flexibilität auf einmal einfach nicht."
Den Führerschein bereits in der Tasche
Julius Weydringer aus Roth nimmt etwas ganz besonders Gutes aus der Corona-Zeit mit: Seinen Führerschein. "Ich habe meinen Führerschein schneller gemacht, als gedacht", erzählt der 17-Jährige, der aktuell eine Ausbildung zum Brauer und Mälzer in Zeil am Main macht und nur am Wochenende zu Hause ist. Statt planmäßigem Blockunterricht in der Berufsschule hatte er während des zweiten Lockdowns Homeschooling und nutzte die ohnehin nicht zu ändernde Situation, um für seine praktische Prüfung zu üben. Die Theorie hatte er bereits im Dezember, noch vor dem Lockdown, erfolgreich bestanden, sodass ihm nur noch die nötigen Fahrstunden mit seiner Fahrschullehrerin fehlten. Die konnte er dann ohne Unterbrechung "abfahren" und am Ende mit der bestandenen Führerscheinprüfung toppen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht, wegen der Arbeit", gesteht Julius Weydringer und freut sich jetzt um so mehr, dass er – vorerst noch mit Begleitperson – selbst Auto fahren darf.
"Ich habe nach 49 Jahren das erste Mal kaum Druck bei der Arbeit", erzählt Sonja Karlein aus Fladungen. Dadurch konnten in ihrem Leben neue Beschäftigungsbereiche Einzug halten. Wie die Gartenarbeit, Online-Coaching, Kochen und Backen, Lesen und regelmäßige Spaziergänge. Zudem sei nun vieles im Haus, im Büro und auf dem Computer aufgeräumt, neu sortiert oder auch weggegeben – was sonst aus Zeitmangel nicht möglich war. "Interessanterweise sind bei diesen meditativen Arbeiten mir viele Ideen gekommen. Ideen, die ich in meinen beruflichen Kontext einarbeiten kann." Ohne Corona hätte sie sich wohl niemals eine Auszeit von rund zehn Monaten genommen, ist sich die Hotelchefin sicher. Ihr persönliches Ziel sei die richtige Balance zwischen Arbeit und Freizeit. "Dem konnte ich nun ein großes Stück näher kommen und üben. Üben, dass ich es nach dem Lockdown in meinen Alltag integriere."
