
Wer Günther Krines und seine Theatergruppe der DJK aus Eußenhausen kennt, der weiß, dass kein Auge trocken bleibt, wenn sich der Vorhang im Kulturheim hebt. Weit über die Dorf- und Landkreisgrenze hinaus ist das routinierte Ensemble bekannt. Und so gingen alle Karten auch in der 27. Spielsaison weg wie warme Semmeln. Innerhalb kürzester Zeit waren acht Vorstellungen restlos ausverkauft.
Aufgeführt wurde der Dreiakter "Feiertage für Fortgeschrittene" aus der Feder von Regina Rösch. Glänzende Kugeln, Kerzenschein und eine festlich geschmückte Tanne – dem Bühnenbild nach zu urteilen: Harmonie pur. Doch der Schein trügt. Innerhalb kürzester Zeit ist es aus und vorbei mit der Ruhe im Hause Holzinger. Ein heiteres Verwirrspiel rund um eine bierselige Wette beginnt. Wie immer wurde die temporeiche Komödie in feinstem "Össenhäuser Dialekt" inszeniert und voller Leidenschaft dargeboten. Aus den Zuschauerreihen gab es reichlich Szenenapplaus, kräftige Lacher und begeisterte Zwischenrufe.

Zum Inhalt: Weihnachten, das Fest der Liebe, ist fast vorbei. Bis zum 26. Dezember lief bei Ehepaar Holzinger alles nach Plan – zumindest aus Sicht von Familienoberhaupt Hans-Peter (Günther Krines), der dank einer faustdicken Lüge seine zwei Schwestern nebst angeheirateten Pantoffelhelden ferngehalten hat. Gattin Erna (Gisela Beck) hingegen findet die Feiertage grauenvoll. Im festlichen Kleid an Silvester in Bad Kissingen das Tanzbein zu schwingen, wäre ihrer Meinung nach die angemessene Entschädigung für einen stinkenden Baum und einfallslose Geschenke. Doch zunächst verspricht das bevorstehende Weihnachtskonzert Abwechslung. Während bei den Nachbarn Eugen (Steffen Krines) und Klothilde (Manuela Schmitt) die Verwandtschaft alles belagert und heuschreckengleich den Kühlschrank leert, liegt Hans-Peter entspannt zuhause, um das üppige Festmahl zu verdauen. Verdientermaßen, schließlich will er Stadtrat werden – vermutlich der Startschuss für eine große politische Karriere. Und wer, wie er, zu Höherem berufen ist, würde sogar den Posten des Landrats übernehmen. Zum Repräsentieren käme das Weihnachtskonzert also genau richtig, wie Erna findet.
Aber Kulturbanause Hans-Peter zieht das heimische Sofa langatmigen Weihnachtsarien vor. Was tun, um sich zu drücken, ohne die Gattin zu verärgern? Gut, dass man aktives Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist und Nachbar Eugen mit Max (Felix Stingl) einen gewitzten Sohnemann hat, der gegen Bezahlung erfolgreich Alarm simuliert. Zufrieden kommen die Herren nach dem Aufbruch ihrer Damen entspannt bei einer "Pilspfanne" zusammen. Herrlich, so kann es bleiben.

Tut es aber nicht, denn in diese Idylle platzt TSV-Mitglied Kurt Schneider (Lukas Zorychta). Ob er Hans-Peter als Vorstand gewinnen möchte? Von wegen. Schadenfroh grinsend präsentiert er Teile einer Tischdecke, auf dem dieser fünf Jahre zuvor alkoholumnebelt einen verhängnisvollen Vertrag unterzeichnet hat. Am 100. Vereinsjubiläum soll er bei Eiseskälte einen Sumoringkampf rund um die Linde gegen einen professionellen Gegner austragen – und zwar im knappen Sumohöschen. Kurt macht unmissverständlich klar: Beim Versuch, sich zu drücken, werden die Mitglieder sämtlicher Vereine Hans-Peter am Wahltag ihre Stimme versagen. Welche Blamage! Auch Erna scheint angesichts des faltigen Hinterteils ihres Ehemannes wenig begeistert, schließlich wird dieses Event Zuschauer aus der ganzen Umgebung mobilisieren. Und dann fällt mit Hermine (Elfriede Dietz), Klementine (Jasmin Dietz), Karl-Heinz (Jochen Endres) und Karl-Friedrich (Gerald Beck) plötzlich und unerwartet die buckelige Verwandtschaft ein.
Guter Rat ist teuer, jetzt kann nur weibliche Raffinesse helfen. Nach mehreren Gläsern Wodka scheint der Ausweg aus dem Dilemma zum Greifen nah. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Ob Hans-Peter seinen Kopf gerade noch rechtzeitig aus der Schlinge ziehen kann? Und welche Rolle spielt Haushaltshilfe Natascha (Michaela Gensler) aus Russland dabei? Jene turbulente Handlung voll abwechslungsreicher Dialoge bildete ein aberwitziges Szenario rund um die Erkenntnis, dass Lügen kurze Beine haben und ehrlich am längsten währt.

Selbst nach 27 Jahren traten keinerlei Ermüdungserscheinungen auf. Dank helfender Hände hinter der Bühne ist es Theaterchef Günther Krines erneut gelungen, seine bunt gemischte Truppe zu Höchstleistungen anzuspornen. Ihm selbst scheint die Hauptrolle wie auf den Leib geschrieben, Gisela Beck glänzt in bewährte Weise als Ehefrau an seiner Seite. Sechs intensive Probenwochen liegen hinter dem Ensemble. Wer für diese Saison eine der begehrten Eintrittskarten ergattern konnte, darf sich glücklich schätzen.