Carmen Schiefhauer ist die erste ausgebildete Streuobstpädagogin Unterfrankens. Sie ist eine von fünf Streuobstpädagoginnen und -pädagogen Bayerns. An der Streuobst-Schule in Böblingen absolvierte sie ihre Ausbildung mit 90 Unterrichtsstunden. Gemeinsam mit ihrem Mann Helmut bewirtschaftet sie in Wegfurt einen alten Streuobstbestand, der im Rahmen der Flurbereinigung vor gut 20 Jahren angelegt wurde. In Unterelsbach haben sie vor vier Jahren eine junge Streuobstwiese angelegt, auf der 20 unterschiedliche Arten und Sorten gepflanzt wurden.
Für Theresia Dietz vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Bad Neustadt) sind Schiefhauers ein Paradebeispiel. Um Streuobst auch für die nächste Generation zu erhalten, bedarf es nicht nur des Erhalts der Bäume, sondern es müssen auch junge Bäume nachgepflanzt werden. Streuobst wachse nicht von alleine. Die Bäume müssen gepflegt werden und dazu brauche es Wissen und die dazugehörigen traditionellen Handwerkstechniken (Baumpflege/Obstverarbeitung). Doch dieses Wissen gehe immer mehr verloren.
Personen jeden Alters die Streuobstwiesen näher bringen
Für Carmen Schiefhauer ist es wichtig, dieses alte Wissen um das Streuobst selbst zu erlernen und weiter zu geben. Als Streuobstpädagogin möchte sie Streuobstwiesen in altersspezifischen Veranstaltungen begreifbar und erlebbar machen. Exkursionen und Projekte richten sich vor allem an Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen, aber auch an Erwachsene.
Charakteristisch für Streuobst sei die doppelte Nutzung mit Obstanbau und eine Unterkultur als Wiese, Weide, Acker oder Garten, sowie verschiedene Obstarten, Sorten und Altersstufen auf einer Fläche. Die typische Baumform sei der Hochstamm. Streuobstbestände zählen seit diesem Jahr zum immateriellen Kulturgut der UNESCO.
Streuobstwiesen helfen, die Artenvielfalt zu erhalten
Die Obstbäume stehen gewissermaßen über die Landschaft "verstreut". Davon leite sich der Begriff "Streuobst" ab und nicht wie irrtümlich angenommen von herunter gefallenem Obst, erklärt Helmut Schiefhauer. Welchen Beitrag Landwirte beim Erhalt von Streuobst leisten, das möchte Theresia Dietz nach außen tragen. "Es ist eine Umweltleistung, die auch wahrgenommen werden sollte. Die Pflege einer Streuobstwiese ist arbeits- und zeitintensiv", betonte sie. Mit Feldtafeln entlang von Rad- und Wanderwegen auf diese Leistungen aufmerksam gemacht werden.
Im Landkreis Rhön-Grabfeld beantragte am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt im Jahr 2021 jeder zweite Landwirt Förderung für den Erhalt von Streuobstbäumen auf seinen Flächen. "Zum Teil wurden hierfür Streuobstwiesen wieder ergänzt oder sogar neu angelegt", weiß Dietz zu berichten.
Schiefhauers und Dietz sind sich einig, dass der Erhalt von Streuobstwiesen ein wertvoller Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt in der Kulturlandschaft sei. "Jeder einzelne Baum, sei es Kirsche, Apfel-, Birn-, Zwetschgen- oder Nussbaum ist wertvoll für die Insekten- und Vogelwelt einer Region." Streuobstbäume bieten Nistplätze für Vögel, Hohlräume zur Überwinterung von Insekten, sind Ansitz für Greifvögel. Selbst tote Streuobstbäume erfüllen diese Aufgaben noch.
"Alte Sorten" können sich beim Anschneiden verfärben
Für rund 5000 Tier- und Pflanzenarten bieten Streuobstbäume Lebensraum, rund vier Millionen Tonnen klimaschädliches CO2 können Bayerns Streuobstbestände binden, mit ihren belaubten Baumkronen schützen sie die darunter wachsenden blütenreichen Wiesen. Mit ihren Wurzeln bewahren sie die darunter liegenden Flächen vor Erosion durch Wind und Wasser.
Für die menschliche Ernährung seien Streuobstbestände mit alten Obstsorten besonders wertvoll. Die Früchte dieser Bäume seien häufig weniger allergieauslösend als jene aus Obstplantagen, die auf Aussehen, Größe, Höchstertrag oder "leichtere Ernte" gezüchtet sind. Früchte sogenannter "alter" Sorten verfärben sich zum Beispiel beim Anschneiden der Frucht. Hierfür seien die in ihnen enthaltenen Polyphenole verantwortlich, die für die menschliche Gesundheit besonders wertvoll sind.
Die Früchte der Streuobstbäume finden sich in regionalen Fruchtsäften, Konfitüren, Apfelmost oder in Brennereiprodukten wieder, vorausgesetzt sie wurden nicht frisch verzehrt oder für den Wintervorrat eingelagert.
Alte Apfelsorten sind sehr gesund- man muss sie nur essen. Doch was ist mit meiner Apfelallergie, welchen Einfluss hat die Apfelsorte? Streuobstpädagogin Carmen Schiefhauer informiert am Sonntag, 31. Oktober, während einer Wanderung (etwa drei Kilometer) vorbei an alten Streuobstbeständen über den Lebensraum Streuobstwiese und die Verwendung von alten Apfelsorten. Treffpunkt ist um 14 Uhr an der Einfahrt nach Simonshof/Bastheim direkt am Fahradweg (Trafostation). Die Veranstaltung dauert etwa zwei Stunden. Der Witterung angepasste Kleidung ist notwendig. Anmeldung erforderlich unter Tel. (09774= 910 260.