Die Armutswochen des Deutschen Caritasverbandes nehmen in diesem Jahr besonders die Situation von benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Blick.
In Deutschland wächst jedes fünfte Kind in Armut auf, das betrifft insgesamt 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Im Landkreis Rhön-Grabfeld liegt die Quote bei vier Prozent, das sind ungefähr 500 Heranwachsende.
Vier Prozent mögen wenig erscheinen. Doch Sylvia Pflaugner und Eva Bergmann, Beraterinnen bei der Caritas in Bad Neustadt, wissen: „Auch wenn wir im deutschlandweiten Vergleich geringe Zahlen haben, so bedeutet das Aufwachsen in Armut für jedes einzelne Kind oder Jugendlichen auch in unserer Region Ausgrenzung und eine deutliche Belastung.“
Armut schränkt ein
Armut geht für diese jungen Leute mit Einschränkungen einher: so haben sie Zuhause oft keinen Rückzugsort oder einen ruhigen Ort zum Lernen. Da häufig die Eltern kein Auto haben, sind sie hier auf dem Land in ihrer Mobilität eingeschränkt, bestimmte Veranstaltungen oder Termine können sie nicht besuchen. Trotz staatlicher Bemühungen wie das Bildungs- und Teilhabepaket erleben viele der Kinder und Jugendliche Ausgrenzungen: sie besuchen seltener einen Verein oder machen weniger Dinge, die Geld kosten wie Eis essen oder ins Kino gehen.
Die Beschränkungen in der Corona-Pandemie haben diese Schwierigkeiten noch deutlicher gezeigt: so waren im Distanzunterricht zunächst die Ausstattung mit einem PC oder Laptop ein Problem, dann aber auch so Dinge wie Drucker, Kosten für Druckerpatronen oder der Internetzugang.
Armut beschämt
Armut beschämt, das verdeutlicht Eva Bergmann vom allgemeinen sozialen Beratungsdienst der Caritas konkret: „Manchen Kindern ist es peinlich, Freunde einzuladen, weil dann der ärmliche Zustand der Wohnung deutlich wird. Sie verabreden sich lieber außerhalb der Wohnung.“
Bei Jugendlichen wächst oft der Leidensdruck, denn gerade in dieser Lebensphase werden die finanziellen Unterschiede in Familien besonders deutlich. Während Klassenkameraden mit teuren Smartphones unterwegs sind oder kostenintensiven Hobbies nachgehen, müssen 15- bis 17-Jährige aus Hartz-4-Familien mit 39,20 Euro monatlich für Freizeit, Unterhaltung und Kultur zurechtkommen.
Armut nimmt die Zukunft
Gerade der Übergang ins Berufsleben stellt junge Erwachsene vor Herausforderungen, weil die finanziellen Mittel weder für Führerschein noch für ein Auto vorhanden sind, um den Ausbildungsort leichter zu erreichen. Wie die Untersuchung der Lebenslagen im sechsten Armuts- und Reichtumsbericht deutlich macht, ist die Chance eines sozialen Aufstieges weiterhin in Deutschland zu gering. Ein Aufwachsen in Armut hat eine enorme Prägekraft und sorgt für Nachteile, die auf dem Weg ins Erwachsenenleben selbst unter guten Förderbedingungen kaum ausgeglichen werden können.
Insgesamt ist die Situation von armutsgefährdeten Menschen und den Auswirkungen auf das Leben von Kindern und Jugendlichen keine neue Entwicklung. Mit der Tafel, dem Gebrauchtwarenkaufhaus in Unsleben oder dem Kleidermarkt der Caritas gibt es verschiedene regionale Initiativen, die versuchen, so manche Lücken zu stopfen, wenn Menschen sich Lebensmittel, Möbel oder Kleidung nicht mehr leisten können.
Hier gibt es Hilfe
Die Beratungsangebote der Caritas nehmen die Anliegen der Menschen ernst und bieten Rat und Hilfe in verschiedenen Bereichen an: Der Allgemeine Soziale Beratungsdienst des Caritasverbandes bietet Unterstützung bei Antragsstellung zum Beispiel für Grundsicherung, Arbeitslosengeld 2, Wohngeld oder Kinderzuschlag an. Die Eltern-, Jugendlichen- und Erziehungsberatung unterstützt Familien bei pädagogischen Fragen, psychischen und emotionalen Schwierigkeiten und Familienproblemen. Alle Beratungsangebote des Caritasverbandes sind kostenfrei, freiwillig und unterliegen der Verschwiegenheit. Das Projekt Bildungspartnerschaft, das organisatorisch von Markus Till von der Erziehungsberatung gesteuert wird, fördert über Spenden benachteiligte Schülerinnen und Schüler an verschiedenen Grundschulen im Landkreis.
Informationen zu Spendenkonten und den Angeboten der Beratungsdienste der Caritas finden Sie unter: www.Caritas-rhoengrabfeld.de