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BAD NEUSTADT
Burnout und schrecklich Verliebte
Beklatscht von seinen Mitstreitern präsentiert der stolze Gewinner des sechsten Poetry-Slam in Bad Neustadt, Friedrich Hermann, den großen Sieger- Blecheimer.
Foto: Lea Härtel | Beklatscht von seinen Mitstreitern präsentiert der stolze Gewinner des sechsten Poetry-Slam in Bad Neustadt, Friedrich Hermann, den großen Sieger- Blecheimer.
lea
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:10 Uhr

Wenn im Bildhäuserhof wieder mit Wörtern wie „Arschlochmagnet“, „Wellenlänge“ und „Burnout“ auf den ersten Blick etwas zusammenhanglos um sich geworfen wird, dann findet mal wieder ein Poetry Slam statt. Zum sechsten Mal organisierte die Kulturwerkstatt in Zusammenarbeit mit der Dichterschlachtschüssel aus Schweinfurt schon den „Wo(e)rd Ba(e)ddle“ in Bad Neustadt.

Wieder ausverkauft

Und wer dachte, irgendwann würde der Hype mal ein wenig abreißen, der hatte sich gewaltig getäuscht. Denn schon lange vor Einlass versammelten sich Menschenmassen im Hof, um die heiß begehrten letzten Tickets an der Abendkasse zu ergattern. Der Bildhäuserhof war, wie immer bei den Slams, restlos ausverkauft.

Sieben-Minuten-Zeitlimit

Für einen Poetry Slam, also einen Dichterwettstreit, gibt es nur drei Regeln: Die vorgetragenen Texte müssen selbstverfasst sein, man hat für den Vortrag ein Zeitlimit von sieben Minuten und man darf keinerlei Requisiten benutzen. Thematisch gibt es keine Einschränkungen. Auch diesmal brachte Mitorganisator und Moderator Felix Kaden, der lockerflockig durch den Abend führte, ein hochkarätiges Line-Up aus ganz Deutschland nach Bad Neustadt.

Bei gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre, mit Sessel und Stehlampe auf der Bühne, und dank DJ Culture Epic, immer mit dem passenden Song im Hintergrund, jonglierten die jungen Poeten mit Worten, dass einem dabei schon einmal schwindlig werden konnte. Sie begeisterten mit einer Wortgewandtheit, die die Zuschauer sprachlos machte und mit einem Sprachwitz, der immer wieder für Lachanfälle sorgte. Voller Leidenschaft und mit ganz viel Herzblut brachten die acht Kandidaten den Saal zum Toben.

Lacher und Nachdenkliches

Die Slammerin und Schauspielerin Marie-Theres Schwinn eröffnete den Abend mit einer kleinen Schauspieleinlage als Rahmenprogramm. Danach battelten sich die acht Teilnehmer um die beiden Finalplätze. Der Newcomer Steven aus Nürnberg berichtete von „schrecklich verliebten Menschen“, die immer auf einer Wellenlänge sind und hatte somit einige Lacher auf seiner Seite. Paula Steiner und Local Luisa Lucas (Bad Neustadt) schlugen eher nachdenkliche Töne an, immer wieder waren die Worte „Schallplatten“ und „Freundschaft“ zu hören.

Abiturstress bekannt

Ziemlich bildlich und mit viel Humor schilderte die Mellrichstädterin Caro Wille den Abiturstress und wurde, den Lachern nach zu urteilen, von einigen jungen Leuten nur allzu gut verstanden. Auch wenn es der NRW-Landesmeister Sven Hensl nicht ins Finale geschafft hat, konnte er mit seinem Text „Ich schreibe meiner Nichte keine Gedichte“ einige Sympathien gewinnen.

Für Titelverteidigerin Clara Nielsen aus Regensburg hat es ebenfalls mit ihrem Gedicht an die Jahreszeiten diesmal nicht für das Finale gereicht. Finalist Darryl Kiermeier aus München zog das Publikum auf seine Seite, denn er machte in seinem Text „Vergiss dich nicht“ dem kompletten Saal am laufenden Band Komplimente, mit anspruchsvollen aber dennoch gewitzten Reimen, die man teilweise erst beim genaueren Hinhören erkannte.

Der thüringische Landesmeister Friedrich Hermann erinnert sich nie an seine Träume, also dachte er sich schlichtweg selber welche aus und träumte sich somit unter viel Gelächter ins Finale.

Darryl Kiermeier brachte in der Endrunde einen Text für sexuell frustrierte Frauen und sexuell frustrierende Männer mit und spätestens danach war allen klar, dass Kommunikation das A und O für ein gutes Sexleben ist. Das Sexleben wurde bei Friedrich Hermanns Geschichte erstmal weggelassen, denn ein fiktives Pärchen wollte ein Kind per Roboterautomat erzeugen.

Medium kommt an

Hierbei hatten die werdenden Eltern immer wieder die Wahl, zum Beispiel zwischen: hübsch, hässlich oder medium. Auch wenn sich das Paar immer wieder für Medium entschied, kam Hermanns Vortrag überdurchschnittlich gut an und er wurde somit vom Publikum zum Sieger geklatscht.

Der glückliche Gewinner durfte sich über einen großen Blecheimer freuen, den die Zuschauer mit allerhand – zum Teil auch unnützen – Sachen gefüllt hatten.

Doch trotzdem stehen bei diesem Wettstreit offensichtlich der Spaß und die Leidenschaft im Vordergrund –und nicht das Siegen. Wie immer hat das Publikum Wortakrobatik vom Feinsten geboten bekommen und darf sich auch schon auf den nächsten Slam in Bad Neustadt am 6. Oktober freuen.

 
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