Den Gang ins Wahllokal nehmen immer weniger Menschen auf sich. Das hat nicht so sehr etwas mit Wahlmüdigkeit zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass immer mehr Menschen in Deutschland die Briefwahl bevorzugen. Dieser Trend ist seit vielen Jahren zu beobachten, und er hat bei der Kommunalwahl 2020 wegen der damals aufkommenden Corona-Pandemie deutlich an Schubkraft gewonnen. Zur Bundestagswahl am kommenden Sonntag, 26. September, setzt sich auch in Rhön-Grabfeld diese Entwicklung fort.
Knapp 5200 Briefwahlunterlagen hat die Stadtverwaltung in Bad Neustadt verschickt. Damit haben sich fast die Hälfte der rund 11 000 Wahlberechtigten dafür entschieden, zu Hause ihre zwei Kreuzchen für die Direkt- und Listenwahl zu setzen. Deutlich mehr als 2017, als 2921 Briefwähler registriert wurden. Eine Entwicklung, die angesichts der noch immer nicht beendeten Corona-Pandemie durchaus gewollt ist, wie Ordnungsamtsleiter Oliver Seufert gegenüber dieser Redaktion erklärt. Im Frühjahr habe die Stadt sogar eine Anfrage an die Bundeswahlleitung gestellt, die Bundestagswahl komplett auf Briefwahl umzustellen. Wie das auch schon bei der Stichwahl der Kommunalwahlen im vergangenen Jahr der Fall war.
In Bad Neustadt gibt es wegen der Pandemie deutlich weniger Urnenlokale
Schließlich sei völlig unklar gewesen, wie sich die Pandemie entwickeln würde, so Seufert weiter. Es sei aber deutlich geworden, dass für eine komplette Briefwahl die gesetzlichen Grundlagen nicht gegeben sind. Allerdings zollt man Corona mit der Reduzierung der Urnenlokale von 16 auf sechs und der Einrichtung von sechs Briefwahllokalen Tribut. Mit Verzögerungen bei der Auszählung rechnet Seufert nicht. Die Schnellmeldungen sollten doch am Sonntag relativ zügig herausgehen, ist er überzeugt.
Verzögerungen bei der Stimmenauszählung am Sonntag hält dagegen Helmut Dietz vom Bürgeramt der Verwaltungsgemeinschaft Mellrichstadt durchaus für möglich. Und zwar dann, wenn sich herausstellen sollte, dass sehr kleine Gemeinden, wie etwa Hendungens Ortsteil Rappershausen oder der Mellrichstädter Stadtteil Sondheim/Grabfeld, nicht mindestens 50 Wählerstimmen an der Urne erreichen. Dann heißt es nämlich Stimmzettel zusammenpacken und zum Auszählen in eine andere Gemeinde fahren.
"Schuld daran", wenn man so will, wäre dann auch die Briefwahl, die im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Mellrichstadt enorm zugenommen hat. Von den 8977 Wahlberechtigten haben sich 4650 für die Briefwahl entschieden, was knapp 52 Prozent bedeutet. 2017 waren es nur 1900. Der Vergleich hinkt aber, weil damals die Großgemeinde Bastheim noch nicht zur VG gehörte. Dennoch: Auch ohne die Bastheimer wären es heuer bis jetzt rund 3700 Briefwähler, so Dietz.
In Bad Königshofen schon gut 1000 Briefwähler mehr als vor vier Jahren
Ähnlich deutlich ist die Situation in Bad Königshofen. Mit 2430 haben mehr als die Hälfte der 4700 Wahlberechtigten der Stadt die Wahlunterlagen bereits erhalten. Zum Vergleich: Zur Bundestagswahl vor vier Jahren hatten sich 1476 Personen als Briefwähler registrieren lassen. Bis Freitag vor der Wahl können die Stimmzettel noch angefordert werden. Die Stimmabgabe im Briefkasten muss dann bis Sonntag um 18 Uhr erfolgt sein. Sicherheitshalber wurde noch ein zweiter Briefkasten aufgestellt. Wie bei der Kommunalwahl am 15. März 2020 werden sechs Briefwahlbezirke gebildet.