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OSTHEIM
Bürgermeister Ulrich Waldsachs nach dem Bürgerentscheid: „Ganz klar, der Bürgerwille zählt“
Erst einmal gestrichen: Die Ostheimer wollen keinen neuen Parkplatz im Bleichgarten.
Foto: SymbolPicture Alliance | Erst einmal gestrichen: Die Ostheimer wollen keinen neuen Parkplatz im Bleichgarten.
Von unserer Mitarbeiterin Astrid Hagen-Wehrhahn
 |  aktualisiert: 06.03.2013 12:05 Uhr

Die Ostheimer haben sich am Sonntag mit klarer Mehrheit entschieden: Sie wollen keinen weiteren Parkplatz im Bleichgarten. Mit einer so hohen Wahlbeteiligung von nahezu 45 Prozent und einem solch deutlichen Ergebnis beim ersten Bürgerentscheid in der kommunalpolitischen Geschichte der Stadt haben allerdings weder Befürworter noch Gegner gerechnet.

Von den 2854 Wahlberechtigten haben 1283 ihr Votum abgegeben. Fast zwei Drittel der Bürger (805 Stimmen) hatten auf die Frage „Sind Sie gegen den Bau der Parkplätze im Bleichgarten in Ostheim?“ mit „Ja“ geantwortet. Nur 474 Wähler folgten dem Stadtratsbeschluss und sprachen sich für einen neuen Parkplatz aus. Die gesetzlich geforderte 20-Prozent-Hürde für Bürgerentscheide wurde weit übertroffen, die Beteiligten der Bürgerinitiative sahen ihren Standpunkt von den Bürgern bestätigt.

Über die hohe Wahlbeteiligung und den Erfolg des Bürgerentscheids freute sich die Mitinitiatorin des Bürgerbegehrens, Jutta Ort, besonders. Dass so viele zur Wahl gehen, habe sie nicht zu hoffen gewagt. Die Prophezeiung von Bürgermeister Ulrich Waldsachs, die Bürger interessierten sich nicht dafür, sei damit nicht bestätigt worden, so die Initiatorin. Ihrer Ansicht nach hätte der Stadtrat schon im Vorfeld die Meinung der Bürger in Erfahrung bringen und den Beschluss rechtzeitig zurücknehmen können. Die Kosten für die Wahl – sie werden auf rund 2500 Euro geschätzt – wären dann nicht entstanden. Auch Ilse Trauner von der Bürgerinitiative ist froh über den Wahlausgang. Sie ist gegen den Bau des Parkplatzes, weil „in Ostheim genügend Parkmöglichkeiten vorhanden sind und ein neuer Parkplatz rausgeschmissenes Geld ist“.

Enttäuschung dagegen bei den Stadträten, die den Beschluss zum Bau des Parkplatzes einstimmig gefasst hatten. Wie Waldsachs und seine Stellvertreterin und SPD-Fraktionssprecherin Ulrike Stanek nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses sagten, habe der Stadtrat sich in unzähligen Sitzungen ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt. 20 Jahre habe man darauf hingearbeitet, dass dieser Parkplatz gebaut wird, habe die entsprechenden Grundstücke gekauft. Alle Stadträte seien sich einig gewesen, dass das Projekt für die Entwicklung der Stadt und die Infrastruktur von Vorteil gewesen wäre, betonte Waldsachs. Er räumte allerdings ein, dass „ganz klar der Bürgerwille zählt“ und das Bürgerbegehren ein demokratisches Verfahren ist. Vor allem lobte er die gute Wahlbeteiligung. Das Stadtoberhaupt hofft, dass die Bürger gut informiert waren. „Alle Ratsbeschlüsse bezüglich des Bleichgarten-Parkplatzes waren öffentlich, jeder hat sich informieren können“, unterstrich er.

Stanek zollte der Mobilisierung der Bürger durch die Bürgerinitiative Respekt. Dennoch findet sie es schade, wie die Entscheidung ausgefallen ist. Der Parkplatz am östlichen Stadteingang wäre ein gutes Angebot an die Gäste Ostheims gewesen. „Es wäre schön, wenn sich die Bürger an den Kommunalwahlen im nächsten Jahr ebenso aktiv beteiligen würden“, meinte Stanek.

Die Bürgerinitiative hat auch Wolf Kern unterstützt. Dennoch hob er unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses im Rathaus den fairen Umgang seitens der Stadträte hervor. Es sei stets in der Sache gestritten worden, kein Stadtrat habe den Aktiven in der Bürgerinitiative Steine in den Weg gelegt.

Der Fraktionssprecher der Freien Wähler, Werner Ortloff, bezeichnete die hohe Wahlbeteiligung und das Bürgerbegehren als Gewinn für die Demokratie. Das löse aber keine Probleme, wie etwa unzureichende Fußgängerbereiche am östlichen Ortseingang und Dauerparker, die die Stadt zum Parkfriedhof machen. Auch mangelt es an Parkplätzen für die Besucher des Orgelbaumuseums. 20 Jahre habe man ein Ziel verfolgt, „das in dieser langen Zeit von drei Bürgermeistern und drei Stadtratsgremien für richtig befunden worden ist“, stellte er klar. CSU-Stadtrat Hubert Dörr teilt Ortloffs Ansicht und ergänzte: „Wir haben die Bürger schon im Sommer zu einem informativen Rundgang durch die Stadt eingeladen. Es ist aber niemand gekommen.“ Auch Eva Böhm, Fraktionssprecherin der CSU im Stadtrat, hätte sich ein anderes Wahlergebnis gewünscht. Ihrer Meinung nach wäre der Parkplatz für die Arztpraxen im östlichen Stadtbereich und das Museum wichtig gewesen.

Für Peter Engstler hingegen zeigt die hohe Wahlbeteiligung, dass der geplante Parkplatz überflüssig ist. Marlies Kern und Renate Hock sind seiner Meinung.

Jutta Ort stieß am Ende sauer auf, dass sowohl der Bürgermeister als auch Werner Ortloff ihr gegenüber behauptet hätten, die Bürger hätten bei der ersten Unterschriftenaktion nicht gewusst, was genau sie unterzeichnet hätten.

Aber auch Ewald Schürmann, ehemaliger Chef der Physiotherapie-Praxis im östlichen Stadtteil, erklärt sich den Wahlausgang zumindest teilweise aus der unglücklichen Formulierung der Frage auf dem Wahlzettel (doppelte Verneinung). Er hält neue Parkmöglichkeiten im östlichen Stadtteil für dringend erforderlich, „die verkehrsgefährdende Parksituation vor allem im dortigen Kreuzungsbereich ist untragbar“. Daher hat Schürmann für den Parkplatz-Bau gekämpft und ist sehr enttäuscht vom Ergebnis.

In der Vergangenheit hat er von der Stadt Parkplätze für seine Patienten – viele von ihnen sind gehbehindert – kaufen müssen. Scharfe Kritik äußerte er an Facebook-Veröffentlichungen. Dort hätten Parkplatzgegner nur mit Häme und Polemik gegenüber dem Ratsgremium argumentiert. Deshalb ist Schürmann überzeugt, dass es hier nicht um die Sache ging, sondern die ganze Aktion nur gestartet wurde, um „es den Stadträten zu zeigen“.

Besonders schlimm findet Schürmann, dass die Chance auf staatliche Förderung dieses Projekts – zwei Drittel der Kosten hätten Freistaat und Bund getragen – nicht mehr besteht. Denn der Bürgerentscheid bedeutet lediglich, dass die Planungen für den Bleichgarten-Parkplatz nur ein Jahr zu den Akten gelegt werden müssen (siehe Infokasten). Nach Ablauf dieser Zeit kann ein erneuter Antrag im Stadtrat gestellt werden, wie auch der Bürgermeister bestätigte. Staats- und Landeszuschüsse sind dann aber nicht mehr zu erwarten.

Grundlagen zum Entscheid

Im Artikel 18a Bürgerbegehren und Bürgerentscheid der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern heißt es: „Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. Zudem darf innerhalb eines Jahres kein entgegenstehender Beschluss des Gemeinderats gefällt werden, es sei denn, die dem Entscheid zugrunde liegende Sach- und Rechtslage hat sich verändert.“

Zum Thema Verbindlichkeit führt die Freie Enzyklopädie Wikipedia aus: „Die Verbindlichkeit von Bürgerentscheiden verhindert aber nicht, dass die kommunale Vertretung zu einem späteren Zeitpunkt einen Beschluss fasst, der das Ergebnis des Bürgerentscheids abändert oder aufhebt.“


Kein böses Blut nach der Abstimmung: Wolf Kern (rechts), Parkplatzgegner und Mitinitiator des Ostheimer Bürgerbegehrens, lobte nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses den fairen Umgang von Bürgermeister Ulrich Waldsachs (Mitte), seiner Stellvertreterin Ulrike Stanek und allen Stadträten mit den Initiatoren des Bürgerentscheids.
Foto: Hagen-Wehrhahn | Kein böses Blut nach der Abstimmung: Wolf Kern (rechts), Parkplatzgegner und Mitinitiator des Ostheimer Bürgerbegehrens, lobte nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses den fairen Umgang von Bürgermeister Ulrich Waldsachs ...
 
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