
Unter den Füßen raschelt leise das Gras einer Blumenwiese in der Rhön, der Blick gleitet über die weite Landschaft, die Sonne schickt sanfte Strahlen durch die Äste der Bäume hindurch. Und plötzlich fühlt sich vieles leichter an, der Kopf wird frei, Belastendes rückt zumindest für einen Moment in den Hintergrund.
Solche Erfahrungen von Rhönerinnen und Rhönern sammeln derzeit laut einer Pressemitteilung das Biosphärenreservat Rhön, die Psychosomatische Klinik des Rehabilitationszentrums Bad Bocklet und die Universität Augsburg für ihr gemeinsames Forschungsprojekt "Green Care - Natur und psychische Gesundheit". Bürger können noch bis Ende Januar an einer Umfrage teilnehmen und so ihren Beitrag zu der wissenschaftlichen Untersuchung leisten.
Welche Orte in der Rhön geben besonders viel Kraft?
Denn so vielfältig wie die Rhöner Natur- und Kulturlandschaft sind auch die Erfahrungen der Menschen mit ihr. Gefragt wird in der Umfrage etwa, wo in der Rhön sich die Teilnehmer besonders wohl oder unwohl fühlen, welche Orte ihnen Kraft geben und Stress nehmen. Oder auch, welche Kriterien - zum Beispiel Anbindung, Ruhe, Wetter - sie beim Aufenthalt in der Rhöner Natur wichtig finden.

Anhand dieser Befragung untersucht der Lehrstuhl für Physische Geographie der Universität Augsburg, welche Potenziale die Biosphärenregion Berchtesgadener Land und das Biosphärenreservat Rhön zur Gesundheitsförderung haben. Das Rhöner Grün, die weitläufige Landschaft und Ruhe und die Erkenntnisse aus der Umfrage sollen genutzt werden, um Menschen mit einer depressiven Erkrankung besondere Erlebnisse in der Natur zu ermöglichen.
Was die Projektverantwortlichen herausfinden möchten
Projektmitarbeiterin und Psychologin Katharina Thümer sowie Ranger und Wildnispädagoge Maik Prozeller (beide Bayerisches Biosphärenreservat Rhön) leiten das Projekt. Eine Psychologin des Rehazentrums Bad Bocklet ist ebenso involviert wie Professor Dr. Elisabeth Kals, Lehrstuhlinhaberin für Sozial- und Arbeitspsychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, und ihr Team.
Rehabilitandinnen und Rehabilitanden des Rehazentrums Bad Bocklet probieren seit September 2020 die neu entwickelten Angebote aus. Mittels ihrer Erfahrungen und der Befragung von Rhönerinnen und Rhönern soll ermittelt werden, ob die Angebote tatsächlich die psychische Gesundheit fördern können. Die Reha-Patienten erleben dabei die Natur im Wald in Klinik-Nähe. "Es gibt keinen falschen Naturraum. Auch wenn wir uns nicht in der tiefen Rhön aufhalten, sondern im Umfeld des Rehazentrums, die Natur kann überall erlebt werden", sagt Katharina Thümer.
Die Natur bewusst wahrnehmen
Besonders interessieren sich die Projektverantwortlichen dafür, wie sich das Angebot bei den Teilnehmenden auf die psychische Gesundheit und die Haltung zur Natur auswirkt und in welchem Zusammenhang Naturerfahrungen und psychische Gesundheit stehen.
War es ein Fuchs, ein Reh oder doch ein Wildschwein? Das untersuchen die Rehabilitierenden beispielsweise beim Fährtenlesen. Während sie die Tierspuren heimischer Wildtiere entdecken und interpretieren, beschäftigen die Angebotsteilnehmer sich mit der Natur, erleben sie direkt und nehmen sie bewusst wahr. Katharina Thümer: "Bei allen Angeboten geht es im Kern um das Erlebnis im Naturraum. Das fängt bei einfachen Fragen wie 'Welche wilden Tiere leben eigentlich im Wald rund um die Klinik' an. Außerdem lernen die Teilnehmenden zum Beispiel Pflanzen kennen und bestimmen sie, um nur einige Beispiele zu nennen."
Naturerlebnisse werden in den Alltag zuhause integriert
Die Reha-Patienten lernen, so hoffen die Projektbeteiligten, mithilfe der naturbasierten Angebote, wieder besser zu entspannen und flexibler mit persönlichen Herausforderungen und Schwierigkeiten umzugehen. Ihre Bewegungskoordination soll gefördert werden sowie ihre soziale Kompetenz, in dem sie ohne Stress und Druck die Natur mit allen Sinnen erleben.
"Bisher haben 62 Personen mit depressiven Erkrankungen an dem Projekt 'Green Care' teilgenommen. Viele berichten, dass ihnen die Erlebnisse in der Natur sehr gut getan haben, einige integrieren den Aufenthalt draußen auch in ihren Alltag, wenn sie wieder zuhause sind", bilanziert Katharina Thümer. Pflegende hätten ihr zum Beispiel berichtet, dass Rehabilitanden dadurch besser schlafen konnten, was zwar nicht das Hauptziel des Projekts sei, aber ein positiver Nebeneffekt.
Interessierte können noch bis Montag, 31. Januar, unter www.biosphaerenreservat-rhoen.de an der Umfrage teilnehmen. Dort finden sich außerdem weitergehende Informationen zum Projekt "Green Care - Natur und psychische Gesundheit".