zurück
Bad Neustadt
Fernbremse für Kinderlaufräder: Rhöner Erfindergeist überzeugt Weltmarktführer Puky
Sebastian Lyschick aus Bad Neustadt und Julius Müller aus Herschfeld erfinden Bremsassistenten für Kinderlaufräder. Wie schafft man es, ein Laufrad aus der Ferne zu stoppen?
Entwickelten zusammen einen ferngesteuerten Bremsassistenten für Kinderlaufräder. Die mySTOPY-Geschäftsführer Sebastian Lyschick und Julius Müller.
Foto: Markus Büttner | Entwickelten zusammen einen ferngesteuerten Bremsassistenten für Kinderlaufräder. Die mySTOPY-Geschäftsführer Sebastian Lyschick und Julius Müller.
Markus Büttner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:26 Uhr

Wer Kinder hat, kennt diesen Moment: Der Nachwuchs fährt mit dem Laufrad auf eine Straßenkreuzung zu oder kann bergab nicht mehr bremsen. Die Eltern rennen voller Sorge hinterher. Dieses Gefühl der Ohnmacht kennt auch Sebastian Lyschick aus Bad Neustadt, selbst Vater von zwei Mädchen.

Als Projektmanager bei einem Halbleiterhersteller in Regensburg war es schon immer seine Aufgabe, bestmögliche Lösungen für Problemstellungen zu finden. Also begann Lyschick damit, eine Lösung für dieses Problem zu suchen und zu Hause zu tüfteln. Die Aufgabe: Wie schafft man es, ein Laufrad aus der Ferne zu stoppen? Die Montage der Bremse sowie die Handhabung sollten so einfach wie nur möglich sein.

Weil Kleinkinder nicht in der Lage sind, eine drohende Gefahr einzuschätzen und in brenzligen Situationen eine Bremse zu betätigen, kam solch eine Option nicht infrage. Es brauchte also eine ferngesteuerte Bremse. Die Idee für mySTOPY, einen durch Funk ausgelösten Bremsassistenten, war geboren. Zwei Jahre lang führte er in seiner Heimwerkstatt Tests durch, probierte Lösungsansätze und feilte an den Prototypen.

Wie funktioniert der Bremsassistent?

Rhöner Erfindergeist - ein Bremsassistent für Kinderlaufräder.
Foto: Markus Büttner | Rhöner Erfindergeist - ein Bremsassistent für Kinderlaufräder.

Und so funktioniert das Produkt: Der Bremsassistent wird an der Sattelstange des Laufrads befestigt. Ausgelöst wird er durch ein Funksignal von einem Armband der Eltern. Hierbei fällt das Bremselement auf das Hinterrad und das Laufrad kommt zügig zum Stehen. So können die Eltern entspannt wieder zu ihrem Kind laufen, die Situation erklären, den Keil wieder nach oben ziehen, den Bremsassistenten wieder aktivieren und so ganz nebenbei einen Lerneffekt beim Kind erzeugen.

Bis zu einer Reichweite von 100 Metern funktioniert der Auslöser, die Batterie ist wiederaufladbar. "Es ist verrückt, wie viele Eltern, denen wir von der Idee erzählen, begeistert sind und sagen: Warum ist da niemand vorher darauf gekommen?", sagt Sebastian Lyschick.

Großer Hersteller ist an Bord

Dann kam ein logistisches Problem: Wie kann man so ein Produkt hochwertig produzieren lassen? So etwas lässt sich nicht allein schultern.  Durch einen Zufall kam er an Julius Müller aus Herschfeld. Der 33-jährige Unternehmer ist gut vernetzt und war von Beginn an von der Idee überzeugt. Damit war er nicht der einzige. Müller und Lyschick stellten ihre Innovation auch bei PUKY vor, einem Weltmarktführer für Kinderlaufräder, und rannten dort offene Türen ein.

"Nach einer informellen Anfrage-Mail kam schon nach wenigen Stunden eine Einladung zu PUKY nach Wülfrath. Das hat uns wirklich überrascht. Dort warteten dann schon eine Woche später alle, die etwas zu sagen hatten. Vom Geschäftsführer bis zu Marketing-Chefin waren alle dabei. Da waren wir baff", erzählt Julius Müller. Lyschick und Müller wurden dort mit vielen Fragen – etwa ob sich das Kind auch überschlagen könne – gelöchert und hatten nicht nur Antworten, sondern auch Testergebnisse, Grafiken und Statistiken dabei. Das Unternehmen war Feuer und Flamme und arbeitet nun eng mit den beiden Rhöner Unternehmern zusammen.

Nach einigen Treffen ging dann alles ganz schnell. Ab sofort war das Team gebildet und die beiden ergänzten sich in allen Punkten - von der Entwicklung über Zertifizierungen bis zu Produktionsmöglichkeiten. Müller ließ dabei seine Kontakte in die Industrie spielen, recherchierte Werkzeugbauer und kümmerte sich um das Lieferanten-Management.

Regionale Produktion – besser und einfacher als aus China

"Wir hatten eigentlich gedacht, dass wir aus Kostengründen in China produzieren müssen, aber das Gegenteil war der Fall. Wir konnten Produzenten aus Deutschland und der näheren Umgebung finden, welche in Punkto Qualität und Zuverlässigkeit aber auch preislich unseren Erwartungen entsprachen", sagt Müller. "Unser Bremsassistent ist ‚made in Germany‘. Die Elektronik samt Funkmodule wird im Saarland hergestellt. Sogar die Karton-Verpackung konnten wir bei Kunert Wellpappe in Bad Neustadt und die Motivaufkleber in Ostheim produzieren lassen. Montiert und verpackt wird alles in unserem neuen Firmensitz in Wülfershausen."

Natürlich gab es auch Hürden, die Lyschick und Müller bei der Planung und Umsetzung von "mySTOPY" überwinden mussten. Zum einen gab es Lieferschwierigkeiten (Gründe dafür waren der leergefegte Halbleitermarkt und die Corona-Pandemie), zum anderen waren die enormen Anforderungen zur Erfüllung der entsprechenden EU-Normen und Standards zu bewältigen. All das haben die beiden nun hinter sich und verkaufen seit einer Woche ihren Bremsassistenten über den Online-Shop www.mystopy.de.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Neustadt
Markus Büttner
Halbleiterhersteller
Herschfeld
Kunert Wellpappe
Väter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Veraltete Benutzerkennung
    Würde mich freuen, wenn die MP in einem Jahr berichtet, wie es dem Jungunternehmer ergangen ist. Da der Bremskeil für 9,99€ ja ab und zu mal erneuert werden muss, scheint das auch mittelfristig ein gutes Geschäft zu werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Laufräder sind ne tolle Sache. Sie machen Spaß und die Kinder lernen spielend Fahrradfahren. Wer meint, er brauche noch eine ferngesteuerte Bremse, soll sich einen solchen Bremsassistenten anschaffen. Im besten Fall verhindert er Unfälle. Im schlechtesten Fall beruhigt er das Gefühl.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. H.
    @mystopy ...tolle Sache!!!
    @grafer.andy ... danke das ich lachen durfte! Helikopter putzen ... :D :D :D
    @mementori ... danke das ich lachen durfte! :D :D :D
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Daumen hoch für diese Innovation aus unserer Region.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. N.
    Geniale Idee! Sowas hab ich mir schon vor 25 Jahren gewünscht (abgesehen davon, dass damals diese Laufräder noch nicht so verbreitet waren)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. K.
    da freut sich der Nachwuchs
    wenn es ihn unvermittelt auf die Fresse haut...
    also Helm und Knieschoner nicht vergessen...

    meiner Meinung nach haben kleine Kinder
    nix auf Laufrädern verloren..
    entweder laufen oder fahren..
    wenn sie die Gefahren einschätzen können...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. Z.
    funktioniert bestimmt auch bald per app - schon mal an google/tesla/apple und Co. gedacht; auch an die Beifahrer-Ehemänner denken- mal fürs Auto! .... wie oft hab ich als Beifahrer schon mitgebremst ! Das wäre eine Erfindung - die Bremse für den Beifahrer ! ! ! Warum nur ans Fahrrad denken !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. B.
    Wenn die Mutter während dem immer nur auf ihr Smartphone schaut ist die beste Bremse wirkungslos
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. B.
    Wie haben wir früher überlebt?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. G.
    schön das man so etwas auch in deutschland produzieren kann!

    ansonsten finde ich, das dieses teil massiv in die freiheitsrechte des kindes eingreift!
    wir durften uns damals selbstbestimmt in gefahr bringen und daraus lernen!
    und nein, ich bin kein querdenker, ich bin ein querlenker!!!

    so, ich geh meinen helikopter putzen...
    ;)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. S.
    Tolle Erfindung, Hut ab.…. Und ich habe Jahrelang nur knapp daneben gelegen, in Notsituationen habe ich mit Hilfe einer Treibladung die Steckachse herausgesprengt, hat funktioniert aber die Kinder hatten dadurch oft verbrannte Beine und leichten Gehörschaden und mussten deshalb immer mit Gehörschutz und feuerfesten Hosen auf das Laufrad zum Üben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. L.
    Theo Lingen: traurig traurig, traurig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. E.
    Einfach genial! Hoffentlich den Patentschutz nicht vergessen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. J.
    Gigantisch 👍🏻 Spitzen Erfindung
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. L.
    Von mir 7 Sterne, einfach super.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. L.
    Glückwunsch und ein weiterso!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten