
„Ich komm aus Neuscht!“, rappte der Bad Neustädter Mert Demircioglu alias Brajn Damage kürzlich bei seinem allerersten Live-Auftritt im Juze Bad Neustadt. Das Konzert war gut besucht, besagter Funke sprang über, so mancher Bad Neustädter grölte mit dem Rapper: „Dieses Lied ist für die Stadt, in der ich leb' und glücklich bin. Ich bleib' bis an mein Lebensende hier und trink mein Bier! Ich komm aus Neuscht!“
Wenige Wochen später morgens um 9 Uhr. Kein „Jeaaah“, kein „Drauf geschissen“, kein „Haha“. Stattdessen ein einfaches: „Kannst du bitte deine Schuhe ausziehen?“ Der Satz kommt unerwartet, auch wenn er an der Schwelle zu einer Strahlunger Wohnung fällt. Dort lebt Demircioglu zurzeit mit seiner Freundin und dem 16 Monate alten gemeinsamen Sohn Paul im Haus der Schwiegereltern. So unspektakulär begrüßt also ein Rapper seine Gäste.
„Seitdem ich wieder hier bin . . .
Der 37-jährige Mert Demircioglu steht auf Hardcore- und Südstaaten-Rap, vom Gangster- und Rüpel-Image hält er im wirklichen Leben aber wenig. „Ich komm aus einer ganz normalen türkischen Gastarbeiterfamilie“, erläutert er seinen Background.
Anfang der 70er kamen seine Eltern nach Bad Neustadt, die Mutter zu Preh, der Vater zu Jopp, er selbst wurde in der Kreisstadt geboren. Es war der fünf Jahre ältere Bruder, der ihn früh mit Hip-Hop und Rap in Berührung brachte. Schon mit 12, 13 Jahren gab es für den kleinen Mert keine andere Musikrichtung mehr.
Im Alter von 23 Jahren rappte Demircioglu dann erstmals selbst, zusammen mit ein paar Kumpels aus der Rhön. Doch das Band-Projekt lief nicht lange. „Jeder ging letztlich seinen eigenen Weg.“ Am Ende entschied er sich dafür allein durchzustarten. „So kann ich die Dinge so umsetzen, wie ich das will.“ Sechs Alben habe er mittlerweile produziert. Im Home-Studio, mit Beat-Maker, Keyboard und Mikrofon. „Ich mache alles selbst“, erklärt Demircioglu, der vorwiegend auf Deutsch, ab und an aber auch auf Türkisch und Englisch rappt. Zuerst entwerfe er die Titel, die Trackliste, dann die Beats, am Ende folgt der Text. Brajn Damage polarisiert.
Neben den ausgesprochenen Fans des Rappers gibt es auch jene, die Mert Demircioglus Musik nicht leiden können. Und das auch deutlich sagen. „Gehasst von vielen“, heiße denn auch sein neues Album, an dem er derzeit feile. Es sei eben jenen Kritikern gewidmet. „Ich habe schon viel Spott erlebt“, erzählt der 37-Jährige offen. Vor allem die Tatsache, dass er quasi ein „Liebeslied“ auf seine Heimatstadt komponiert habe, habe ihm jede Menge Gelächter eingebracht. Er sagt, das lasse ihn kalt. Gleichzeitig ist es diese Bad-Neustadt-Hymne, die mit über 13 000 Aufrufen auf You-Tube bisher Demircioglus größter Erfolg ist.
In seinen Songs geht es bislang größtenteils um Dinge, die er selbst erlebte. Und über die „kranke Welt“, die in seinen Augen immer mehr „zerfällt“. In „Ich komm aus Neuscht“ habe er beispielsweise seine Jahre in Berlin – Demircioglu lebte dort von 2006 bis 2013 – verarbeitet und vor allem seine Rückkehr in die Heimat thematisiert.
. . . läuft alles glatt“
So rappt er: „Ich bin zurück in Bad Neustadt, meiner Heimatstadt. Und seitdem ich wieder hier bin läuft alles glatt. Lauf durch den Marktplatz und seh Haufen Leut', die ich kenn'. Es ist ein schönes Gefühl, wenn die Leute dich küssen.“
Dass sein Auftritt im Juze so gut ankam, hat nicht nur die Veranstalter, sondern auch den Rapper selbst ein wenig überrascht. Bislang dachte er, mit seinem Musikstil stehe er in der Region ziemlich alleine. Dass es nicht so ist, gibt ihm Auftrieb.
Die Musik, das sei für ihn viel mehr als nur ein Hobby, erklärt der 37-Jährige, der hauptberuflich bei Preh Sicherheitsbediensteter ist. Sein Langfristziel ist es „ein Plattenlabel zu kriegen.“ Allerdings bleibt er auch dabei gelassen. „Die Musik, das ist mein Leben. Da steck ich alles rein. Aber ich lass mir Zeit.“