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Bomber über der Rhön
Geschichte eines Absturzes: Wie Edgar Klein aus Düsseldorf sich auf dem Bild eines Flugzeugabsturzes wiedererkannte, was er über den Flugzeugkrieg weiß und was das alles mit James Stewart zu tun hat.
Augenzeuge des Oberelsbacher Bomberabsturzes: Der Düsseldorfer Edgar Klein war vor Ort, als im April 1944 bei Oberelsbach ein US-Bomber abstürzte. Auf einer historischen Aufnahme, die diese Zeitung zusammen mit einem Bericht im April dieses Jahres veröffentlichte, ist Edgar Klein als Knabe zu sehen. An den Main-Post-Artikel kam er über einen Oberstreuer Bekannten.
Foto: Oliver Klein | Augenzeuge des Oberelsbacher Bomberabsturzes: Der Düsseldorfer Edgar Klein war vor Ort, als im April 1944 bei Oberelsbach ein US-Bomber abstürzte.
FG
 |  aktualisiert: 05.08.2014 13:26 Uhr

Die interessantesten Geschichten schreibt das Leben selbst. Aber es gibt die seltenen Momente, da schreibt die Zeitung mit.

Am 11. April veröffentlichte diese Zeitung einen Artikel über den Bomberabsturz von Oberelsbach im April des Kriegsjahres 1944. Der angeschossene US-Flieger hatte zuvor noch vor Schmalwasser seine Bombenlast abgeworfen, das Rhöndorf entging seinerzeit knapp einer Katastrophe. In dem Bericht kam auch der Augenzeuge Helmut Pfaff aus Schmalwasser zu Wort.

Zu dem Bomberabsturz war auch ein historisches Schwarzweiß-Foto von der Absturzstelle veröffentlicht. Im Vordergrund des Bildes ist ein Junge zu sehen. Durch diesen Zeitungsbericht hat er nun einen Namen erhalten: Edgar Klein.

Der Düsseldorfer Rentner und ehemalige Ingenieur ist noch immer ganz aufgeregt in der Stimme, wenn er zu erzählen beginnt. „Wissen sie, das ist doch ganz verrückt. Ich habe erst vor wenigen Jahren nach Jahrzehnten einen Oberstreuer Schulkameraden wiedergetroffen. Und der hat mir den Zeitungsbericht aus der Rhön geschickt“. Der Schulfreund wusste, dass Edgar Klein etwas mit dem Bomberabsturz in Oberelsbach zu tun hat.

Der Düsseldorfer Edgar Klein war in den Kriegswirren nach Unsleben gekommen. Als die ersten Bombardierungen Düsseldorfs zu Kriegsbeginn erfolgten, wurde Edgar Klein sicherheitshalber von seinen Eltern nach Unsleben auf das Land geschickt, seine Mutter stammte von da. „Trotz aller Schrecknisse waren die Kriegsjahre ein großer Abenteuerurlaub für mich in der Rhön“, so Klein rückblickend. An jenem Vormittag des 13. April 1944 erfuhr er von dem Absturz in Oberelsbach und war sofort dorthin aufgebrochen. „Der Absturz und das Trümmerfeld haben mich als Kind erschüttert und stark bewegt. Das Thema Bomberkrieg hat mich seitdem nicht mehr wieder losgelassen“, erzählt der Düsseldorfer Pensionär. Einmal habe ich um die 1000 Flugzeuge gleichzeitig am Himmel gesehen. Wenn dann 4000 Motoren gleichzeitig dröhnten hat das ganz schön in Angst versetzt“, erzählt der Ingenieur. Dennoch war er lange Zeit selbst aktiver Segelflieger und nutzt auch mit 82 Jahren jede Gelegenheit zu einem Mitflug aus.

Am Tag des Absturzes habe er sogar ein Trümmerstück des Flugzeuges eingepackt. „Etwas später hatten die Polizeibeamten einen Knaben gesucht, der Flugzeugteile eingepackt haben soll“, erinnert sich Klein. Ein paar Tage hat er das Teil in seinem Zimmer versteckt gehalten. „Dann habe ich es aber in die Streu geworfen“, so der Mann.

Was er als Kind erfahren hat, beschäftigte ihn bis in sein Erwachsenen- und Rentenalter hinein. Mit dem Flugzeugkrieg des Zweiten Weltkriegs beschäftigte er sich seitdem sozusagen als Hobbyhistoriker. Über den Bombenkrieg in Deutschland, speziell aber auch in der Rhön, weiß er sehr viel. Und zu dem Bomberabsturz von Oberelsbach weiß er sogar einige ganz außergewöhnliche Details.

Denn wer hätte gedacht, dass das Unglück zum Beispiel eine Beziehung zu dem berühmten US-Schauspieler James Stewart hat. Stewart wurde neben zahlreichen anderen Rollen bekannt als Hauptdarsteller in Alfred Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ oder dem Monumental-Western „Das war der Wilde Westen“.

An jenem 13. April 1944, so die Recherchen von Edgar Klein, startete ein Verband mit 154 viermotorigen Bombern von der Basis Polebrook etwas nördlich von London zu einem der letzten Angriffe auf Schweinfurt, beladen mit 340 Tonnen Bomben. Auch dieser 21. Angriff auf die Kugellagerfabriken führte nicht zu einem Engpass in der deutschen Rüstungsindustrie, sondern zu erheblichen Bomberverlusten.

Einer der bestätigten Abschüsse war jene „B-17G“, die bei Oberelsbach abstürzte. Außer dem Abwurf von Bomben kurz vor Schmalwasser versuchte die Besatzung auch, in der Nähe von Unsleben mit dem Abwurf von Ausrüstungsgegenständen wie Flak und Schwimmwesten die Flughöhe zu halten, was sich jedoch als vergeblich erwiesen hat.

Der abgeschossene Bomber gehörte nach den Recherchen von Edgar Klein zur 508. Bomber-Sqadron im Verband der 351. Bomber Group. Der Kommandeur dieser Schwadron – vergleichbar einem Staffelführer der Luftwaffe – war eben jener Hollywoodstar Captain James C. Stewart. Mit seiner Staffel führt er 20 Einsätze über Deutschland an. Hochdekoriert setzte er nach Kriegsende als Reserveoffizier seine Karriere fort und beendete sie als Brigadegeneral. Ein weiterer Star, der Hollywood-Schauspieler Clark Gable, diente ebenfalls in dieser Einheit und war damals mit Dreharbeiten eines Propagandafilms betraut.

„Selbst nach 70 Jahren erinnere ich mich als Zeitzeuge deutlich an das Ereignis“, sagt Edgar Klein. Mosaikartig hat er in den Jahren danach die Fakten zu dem Absturz zusammengetragen. Dass aus den Rhöner Erlebnissen sein späteres Hobby Fliegerei/Luftfahrtgeschichte seinen Anfang nahm, ist so gesehen nur verständlich.

Die Brücken in die Rhön hat Edgar Klein übrigens nie ganz abgebrochen. Noch viele Jahre nach Kriegsende hielt er den Kontakt nach Unsleben zu Verwandtschaft und Freunden. „Und einmal zeigte ich meinem Enkelkind, wo ich in Unsleben als Bub die Gänse gehütet habe“, erzählt der 82-Jährige.

Zeitdokument: Eine Aufnahme von 1944 zeigt den abgestürzten Bomber mit Oberelsbach im Hintergrund. Der Junge im Vordergrund ist der Düsseldorfer Edgar Klein, der viele Hintergründe zum Absturz zusammengetragen hat.
Foto: Archiv Ortschronik Oberelsbach | Zeitdokument: Eine Aufnahme von 1944 zeigt den abgestürzten Bomber mit Oberelsbach im Hintergrund. Der Junge im Vordergrund ist der Düsseldorfer Edgar Klein, der viele Hintergründe zum Absturz zusammengetragen hat.
Der Fliegerei verbunden: . Bis heute setzt sich der Rentner intensiv mit der Luftfahrtgeschichte und dem Bomberkrieg des Zweiten Weltkrieges auseinander.
Foto: Oliver Klein | Der Fliegerei verbunden: . Bis heute setzt sich der Rentner intensiv mit der Luftfahrtgeschichte und dem Bomberkrieg des Zweiten Weltkrieges auseinander.
 
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