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Junkershausen
Biohof May: Ein Unglück als Neuanfang
Die Familie May hat mehrfachen Grund zu feiern: 30 Jahre Ökobetrieb, Abschluss der Bauarbeiten an den neuen Schweineställen, Aufnahme der Fleischproduktion
Fast wie ein Streichelzoo wirkt der Schweinestall der Familie May, den Landrat Thomas Habermann besuchte.
Foto: Eckhard Heise | Fast wie ein Streichelzoo wirkt der Schweinestall der Familie May, den Landrat Thomas Habermann besuchte.
Eckhard Heise
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:00 Uhr

Es war ein Schicksalsschlag, der das gesamte Leben der Familie May veränderte. Ein Feuer zerstörte im Dezember 2015 die Schweineställe  und weitere Nebengebäude ihres landwirtschaftlichen Betriebs in Junkershausen. Doch aus der Asche entstand etwas vollkommen Neues: Ein ökologischer Vorzeigebetrieb, der Besucher in Erstaunen versetzt -  auch Landrat Thomas Habermann, der im Rahmen seiner Wirtschaftsgespräche, den Hof besuchte.

Wiederaufbau

Seine Freude resultiert auch daher, dass er bei dem Brandunglück selbst anwesend war und tief erschüttert miterleben musste, wie die Existenzgrundlage eines langjährigen Familienbetriebs vernichtet wurde, erzählt Habermann. Was er jetzt nach dem Wiederaufbau sehe, verschlage ihm fast die Sprache. Aber bis es soweit kommen konnte, musste die Familie eine schweren Weg durchlaufen und manche Entscheidung treffen, die ihr Leben veränderte.  

Boris Decker – jede Namensähnlichkeit mit lebenden Personen soll reiner Zufall sein – ist der Herr im Schweinestall, lässt sich aber von Dietmar May gerne kraulen.
Foto: Eckhard Heise | Boris Decker – jede Namensähnlichkeit mit lebenden Personen soll reiner Zufall sein – ist der Herr im Schweinestall, lässt sich aber von Dietmar May gerne kraulen.

Der größte Einschnitt dürfte gewesen sein, dass der Sohn von Dietmar und Klara May, Christian, sowie die Schwiegertochter Rebekka 2016 ihre gesicherte berufliche Existenz in Frankfurt aufgaben und beschlossen, die Schweinezucht wieder aufzunehmen. Als er auf das Anwesen der Eltern zurückkehrte, ging es zunächst einmal darum, den Lebensunterhalt der beiden Ehepaare zu sichern, berichtet Christian May. Nach und nach wurde ein Kreis von Abnehmern der Erzeugnisse aufgebaut, die die Äcker abwarfen: in erster Linie Dinkelreis und Mehl, später Eier aus ihrem "Hühnermobil". Hilfreich waren die Kontakte nach Frankfurt, wo etwa ein Drittel der Erzeugnisse hingeht. Zu einem Renner entwickelte sich das 24 Stunden geöffnete "Eierhäusle" mit Selbstbedienung. Die Erlöse reichten aber längst nicht, um zwei Familien dauerhaft zu ernähren.

Konzept für Schweinezucht

Gleichzeitig wurde intensiv an einem Konzept für die Schweinezucht gearbeitet. "Dietmar und ich fuhren landauf, landab, um uns Ställe anzusehen, die den Schweinen und den Menschen, die dort arbeiten, ein optimales Umfeld bieten". Lange Diskussionen fanden innerhalb der Familie statt. Vor allem mit dem Plan, einen Teil des Betriebs auszusiedeln, konnte sich der Vater zunächst nicht anfreunden.   

Das Konzept, das sie dann gemeinsam erarbeitet haben, sah jeweils einen Stall für die Muttertiere und einen für die kleinen Ferkel an der Hofstelle am Dorfrand vor. "Bei den beiden Ställen ist die Geruchsbelästigung  nur gering", erklärt Christian May. Ein Stall für etwa 350 Mastschweine ist einige 100 Meter vom Dorf entfernt.

Bei Mutter schmeckt es immer noch am besten.
Foto: Eckhard Heise | Bei Mutter schmeckt es immer noch am besten.

Außergewöhnlich ist die Bauart, für die sie in Berlin von der Bundeslandwirtschaftsministerin schon mit dem auf 4000 Euro dotierten Deutschen-Landbau-Kultur-Preis ausgezeichnet wurden. Sämtliche Gebäude sind aus Holz, selbst die Seitenwände der Buchten im Abferkelstall. Wegen der leichten Geländeneigung sind die Ställe in Dorfnähe außerdem mit der Rückwand im Hang eingelassen. "Das hat neben der optisch besseren Einbindung in die Landschaft den Vorteil, dass es die Tiere im Sommer kühler haben", sagt der Jungbauer, dem der Vater inzwischen den Hof überschrieben hatte. Außergewöhnlich zudem das begrünte Flachdach. Im Inneren sieht man von unten eine dekorative Holzschalung.

Mehr Auslauffläche

Darüber hinaus haben die Tiere weit mehr Auslauffläche, als nach Ökorichtlinien gefordert ist. Das Ganze strahlt Behaglichkeit und Natürlichkeit aus. Zur Einrichtung gehören zahlreiche eigene Entwicklungen, die den Tieren noch mehr Komfort bringen. Überhaupt habe bei der Planung stets das Wohl der Tiere im Fokus gestanden.  

Im ausgesiedelten Bereich ein Stück unterhalb des Dorfes befindet sich eine ebenfalls neue, mächtige Holzscheune mit einer ungewöhnlichen Dachform, in der das Getreide aufgearbeitet, Futter gelagert und Geräte untergestellt werden. Die beiden Ställe für die Mastschweine – ebenfalls aus Holz - liegen daneben.

Landschaftlich gut eingebunden sind die Stallungen am Rande von Junkershausen.
Foto: Eckhard Heise | Landschaftlich gut eingebunden sind die Stallungen am Rande von Junkershausen.

In diesen Tagen fallen gleich mehrere Ereignisse zusammen, fährt Christian May bei dem Rundgang fort. Da gibt es ein Jubiläum zu feiern: Vor 30 Jahren stellte sein Vater Dietmar den Hof auf ökologische Bewirtschaftung um. Außerdem werden die Bauarbeiten  bis auf einige Kleinigkeiten abgeschlossen und nach der Aufzucht der ersten Mastschweine beginnt nun die Fleischproduktion.

Hoffen auf ruhigere Tage

Nach der aufreibenden und strapaziösen Bauzeit hofft Christian May nun auf ruhigere Tage und natürlich auf einen guten Fleischabsatz, den er ganz ohne Zwischenhändler mit seiner Frau selbst regeln will. Nach den bisher guten Erfahrungen mit den restlichen Produkten ist der Landwirt optimistisch. Die Kunden riefen schon an und fragten, wann es losgeht. "Die Nachfrage nach biologischen Erzeugnissen ist groß und ich denke, dass viele Menschen inzwischen Wert darauf legen, gute und regionale Lebensmittel einzukaufen".

    

Ein Schläfchen in Ehren...
Foto: Eckhard Heise | Ein Schläfchen in Ehren...
 
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