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Oberelsbach
Bier aus Brot: Warum das Oberelsbacher Bier zwar nachhaltig, aber in Bayern nicht erlaubt ist
Pax-Bräu-Braumeister Andreas Seufert hat in seiner Brotbier-Kreation altes Brot weiterverarbeitet. Das ist jedoch in Bayern nicht legal. Mit einem Kniff wurde es möglich.
Die Initiatoren: Braumeister Andreas Seufert (links) und Norbert Krines, Geschäftsführer des Bundesverbands Kreativbrauer e.V., brauten in Oberelsbach ein sogenanntes Brotbier, das altes Brot, welches sonst weggeworfen werden würde, weiterverarbeitet. In Bayern ist das aber nicht legal, sodass die Würze mit einer Spedition nach Berlin geliefert wurde, um dort zu gären und zu reifen.
Foto: Norbert Krines | Die Initiatoren: Braumeister Andreas Seufert (links) und Norbert Krines, Geschäftsführer des Bundesverbands Kreativbrauer e.V., brauten in Oberelsbach ein sogenanntes Brotbier, das altes Brot, welches sonst ...
Marc Huter
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:55 Uhr

Während Bäcker überall in Deutschland die gleichen Produkte herstellen dürfen, müssen Brauer quer durch die Republik mit unterschiedlichen Arbeitsbedingungen kämpfen. Um auf diesen Missstand hinzuweisen, startete Andreas Seufert von der Pax Bräu zusammen mit dem Verein Bundesverband Kreativbrauer, dessen Sitz in Oberelsbach ist, eine besondere Aktion: Er braute ein sogenanntes "Brotbier" aus altem Brot, das sonst weggeworfen werden müsste.

Doch eine solche eigentlich nachhaltige Form der Weiterverarbeitung ist in Bayern verboten. Nur durch einen "Kunstgriff" – dem Transport der in Oberelsbach hergestellten Würze nach Berlin – darf das Produkt legal vergären und reifen, um dann wieder nach Bayern reimportiert zu werden.

Zutaten für Brotbier: Wasser, Malz, Hopfen, Hefe und altes Brot

Von der Bäckerei Lenhardt holte sich Andreas Seufert für sein Vorhaben am Samstag 40 Kilogramm Weizenmischbrot, um zusammen mit Norbert Krines, dem Geschäftsführer des Bundesverbandes Kreativbrauer, dieses "Brotbier" zu brauen. Hergestellt wird das Brotbier ausschließlich aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe, und eben altem Brot, das in dieser Form in Bayern nicht erlaubt ist. "Was sich nach einer nachhaltigen Idee anhört, wie Lebensmittelverschwendung reduziert werden kann, ist aber immer mehr Konservativen in Brauereiverbänden ein Dorn im Auge, gegen den verstärkt vorgegangen werden soll", erklärt Norbert Krines dazu.

Rein mit dem Hopfen: Andreas Seufert bei der Hopfengabe.
Foto: Norbert Krines | Rein mit dem Hopfen: Andreas Seufert bei der Hopfengabe.

Dabei ist das Brauen mit Brot keine neue Idee. Schon im späten 17. Jahrhundert gibt es Aufzeichnungen von bayerischen Hausbieren, bei denen getrocknete Brotrinde ein fester Bestandteil des Rezepts ist. In der Zauche, einer Region in Brandenburg, wurde das sogenannte Zauchische Landbier sogar komplett mit Broten aus Malz und Roggenmehl hergestellt.

Die verloren gegangene Brautradition soll wiederbelebt werden

"Erst als das bayerische Malz- und Biersteuerrecht 1906 für das ganze damalige Reichsgebiet verbindlich wurde, starb dieser Teil der deutschen Brauhistorie aus", erklärt Andreas Seufert. Der Bundesverband Kreativbrauer hat sich zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr auf diese verloren gegangene Brautradition aufmerksam zu machen.

Selbst wenn heutige Brote mit Roggen, Salz oder Gewürzen gebacken werden, lassen sich daraus gebraute Brotbiere in die deutsche Brautradition einreihen. So enthält die noch heute unter anderem in Leipzig und Goslar gebraute Gose zum Beispiel Salz, Koriander oder weitere Gewürze. Gewürzbiere hatten in Deutschland übrigens bis weit in die Neuzeit eine reiche Tradition. Und Weizen-, Dinkel-, Emmer- und Roggenbiere werden auch heute noch von Konsumenten sehr geschätzt.

Der Sud wurde mit einer Spedition von Oberelsbach nach Berlin gebracht

Was in Deutschland gebraut werden darf, regelt das vorläufige Biergesetz, das ausdrücklich Ausnahmegenehmigungen für besondere Biere vorsieht. Allerdings gilt dies nicht für alle Brauereien im gleichen Maße. Ob und zu welchen Bedingungen eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird, liegt im Ermessen der jeweiligen Aufsichtsbehörde. Bayern verbietet solche Genehmigungen sogar ganz. "Wir wollen auf diese himmelweiten Unterschiede aufmerksam machen", erklärt Norbert Krines.

Der Stein des Anstoßes: Der Brotschrot aus altem Brot, der bei der Bierherstellung weiterverarbeitet wurde.
Foto: Norbert Krines | Der Stein des Anstoßes: Der Brotschrot aus altem Brot, der bei der Bierherstellung weiterverarbeitet wurde.

Die in Oberelsbach hergestellte Würze darf hier legal nicht vergären. Deswegen wurde der Sud mit einer Spedition von der Pax Bräu nach Berlin zur Brauerei Heidenpeters gebracht. Dort darf das Brotbier legal vergären, reifen und fertig "nach Bayern reimportiert" werden. Nur durch diesen Kunstgriff ist es möglich, in Bayern legal ein nachhaltiges und natürliches Brotbier herzustellen. Brauer aus ganz Deutschland unterstützen diese Aktion durch eigene Brotbiere.

Kritiker sehen im Brot einen verbotenen Malzersatzstoff

Der Hauptkritikpunkt an Brotbieren ist, dass es sich bei dem verwendeten Brot um einen verbotenen Malzersatzstoff handele, weil in Brot unvermälztes Getreide verwendet wird. Diese sogenannte "Rohfrucht" würde die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung unmöglich machen. Dieser Meinung widerspricht der Bundesverband Kreativbrauer e.V. vehement. "Der Sinn hinter dem Verbot von Malzersatzstoffen liegt darin, die Verbraucher vor minderwertigen Ersatzstoffen zu schützen", erklärt Andreas Seufert. Bei handwerklich gebackenem Brot handele es sich aber um eine hochwertige natürliche Zutat, die durch seine Beschaffenheit und seinen Geschmack das Aroma des fertigen Biers deutlich prägt.

Das gilt auch für viele Bierstile, die in letzter Zeit mehr und mehr Beliebtheit erlangen, wie zum Beispiel das New England IPA oder das klassische Stout: Hier geben Rohfruchtanteile aus Haferflocken oder Röstgerste den Bieren ihr besonderes Mundgefühl und Aroma. Durch ein rigoroses Verbot von Rohfrucht könnten solche Bierstile nicht mehr gebraut werden. "In letzter Konsequenz wären dadurch viele kleine Brauereien, die sich auf besondere Biere spezialisiert haben, in ihrer Existenz bedroht", so das Fazit von Norbert Krines.

Die Deutschen Kreativbrauer

Der Verein Bundesverband Kreativbrauer wurde 2016 gegründet und vertritt die Interessen kleiner, unabhängiger Brauereien. Getreu ihrem Motto "Natürlich geht mehr!" verstehen sie Bier als natürliches Lebensmittel und nicht als High-Tech-Designerprodukt.
Ein Ziel des Vereins ist es, neben den reinheitsgebotskonformen Bieren eine rechtssichere Nische für kreative Brauereien zu schaffen, die mit natürlichen Zutaten wie Früchten, Kräutern oder Gewürzen brauen wollen. Außerdem setzen sich die deutschen Kreativbrauer dafür ein, dass landesweit einheitliche Regeln nach österreichischem Vorbild gelten, die das Brauen mit natürlichen Zutaten ohne vorherige Ausnahmegenehmigung gestattet.
mch
 
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  • rainbird
    Tolle Aktion, ich hätte an deren Stelle einfach 2 Wochen 'Betriebsferien' gemacht und kein Amt aufs Grundstück gelassen. Damit hätte man sich den Umweg über Berlin gespart. zwinkern
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  • frankenausdistanz
    Da bin ich Mal gespannt, wie dieses "Brotbier" denn schmeckt! Wenn Bayern in Franken mit strengem Gesetz verbietet, muss man halt "kleine" Umwege fahren um womöglich einen Erfolg zu haben! Ich trinke gerne Biere aus dem Allgäu und der Oberpfalz - auch nicht aus meiner unmittelbaren Umgebung und die Biere schmecken mir besonders!
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  • austroewer
    Was soll das, wenn es richtig deklariert ist. Die Katz mag Mäuse, ich mag sie nicht. Jedem das seine.
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  • stotch
    Ich verstehe die Aktion als Protest gegen eine gewisse Behördenwillkür. Das Bier zweimal durch Deutschland zu fahren und dann von einem "nachhaltigen" Bier zu sprechen ist dennoch Hohn.
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  • Walterelsa
    Genau, Marc Huter hat da wohl ein Wort vergessen. Richtig wäre: Nur durch diesen Kunstgriff ist es möglich, in Bayern legal ein NICHT!! nachhaltiges und natürliches Brotbier herzustellen
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  • Oreus
    Das Reinheitsgebot für Bier war schon eine sehr gute Sache!
    Wird da jedoch zusätzlich Brot verwendet, wird die Sache schon schwieriger:
    Heutiges Brot ist oft schon ein hochverarbeitetes Produkt.
    Da können jede Menge Enzyme und Zusatzstoffe drin sein, die schon bei dem Brot selbst nicht deklariert werden müssen, geschweige dem bei dem Bier, bei dessen Brauvorgang dieses Brot verwendet wird.
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