1867 kam das Aus für einen bayerischen Ureinwohner – der letzte Biber wurde erlegt. Jahrhundertelang war dem Tier wegen seines Fells, seines Fleischs und seines Drüsensekrets nachgestellt worden. 100 Jahre lang sollte es keinen Biber mehr in Bayern geben.
Doch mittlerweile ist der possierliche Riesennager zurück: Knapp 200 Biber, schätzt Biberberater Thomas Glinka am Landratsamt, gibt es derzeit wieder in Rhön-Grabfeld. Eingeleitet worden war diese Wende vom Bund Naturschutz. Im Rahmen eines Wiedereinbürgerungsprojekts wurden 1966 zunächst Biber an der Donau wiederangesiedelt, bis 1980 waren es dann etwa 120 Biber in Bayern.
Eine streng geschützte Art
Mit seinen großen Dammbauten machte und macht der Biber sich nicht nur Freunde. Doch: „Der Biber ist eine streng geschützte Art“, informiert Glinka. Nicht nur das Tier selbst muss unversehrt bleiben, auch seine Fortpflanzungs- und Ruhestätten dürfen nicht beschädigt werden. „Wir sprechen hier über einen Straftatbestand“, wird Glinka deutlich.
Zurecht, findet Glinka, sei der Biber geschützt. Denn er sei eine „Schlüsselart“ für die Renaturierung von Gewässern, für den Schutz anderer Arten und fürs Auffüllen der Grundwasservorräte. Faszinierend am Biber findet Glinka den „hohen Mitnahmeeffekt“: Vom Biber profitiere die biologische Vielfalt, berichtet der gelernte Zimmermann, der als Bautechniker arbeitete, bevor er an der Hochschule Anhalt „Naturschutz und Landschaftspflege“ studierte.
Erstmals 2001/2002 wieder in Rhön-Grabfeld nachgewiesen
Seit 2016 arbeitet der 39-Jährige aus Hohenroth am Landratsamt in Bad Neustadt. Dort kümmert er sich nicht nur um Biber, sondern beispielsweise auch um Landschaftspflegemaßnahmen, Artenhilfsprojekte und das Thema Schutzgebietsverwaltung.
In Rhön-Grabfeld wurde der Biber 2001/2002 erstmals wieder nachgewiesen. „Anfangs an Saale und Streu, also an den größeren Gewässern zweiter Ordnung“, berichtet Glinka. Konflikte gab es in dieser Anfangszeit kaum. Denn diese Gewässer waren tief genug, sodass der Biber nicht stauen musste.
So vermehrt sich der Biber
Warum staut der Biber überhaupt? „Der Eingang einer Biberburg muss dauerhaft unter Wasser sein, um den Nachwuchs vor Fressfeinden zu schützen“, erklärt Glinka. Die Burg selbst liegt in der Uferböschung im Trockenen. Die ersten fünf Jahre vermehrten sich die Tiere in Rhön-Grabfeld nur langsam, dann aber „exponentiell“, so Glinka. Die ersten zwei Jahre verbringen die Jungen nämlich noch bei den Eltern, bevor sie sich selbst ein Revier suchen.
50 bis 55 Reviere mit je drei bis vier Bibern haben Ehrenamtliche bei Kartierungsaktionen 2016 gezählt. „Mittlerweile dürften es 60 Reviere sein.“ Auch wenn die Biber derzeit immer zahlreicher werden, sieht Glinka darin keine Gefahr: „Der verfügbare Lebensraum wird ihn letztlich eindämmen“, ist der Berater überzeugt.
Revier-Potenzial in der Rhön
Findet der Biber keine potenziell besiedelbaren Reviere mehr, laufe es auf Revierkämpfe hinaus oder der Biber müsse weite Strecken auf der Suche nach neuen Revieren zurücklegen. Nicht selten würden die Tiere auf dieser Reise Verkehrsopfer. Revier-Potenzial sieht Glinka noch im Bereich der Rhön, das Grabfeld, von dem die Entwicklung ausging, sei schon ziemlich dicht besiedelt.
Eine Folge der höheren Biber-Dichte: Auch kleinere Gewässer sind mittlerweile Biber-Revier, in denen aus Biber-Sicht stärkere Dammbau- und Anstau-Aktivitäten nötig sind. Daraus ergeben sich immer wieder Konflikte mit angrenzenden Nutzern. Überschwemmungen von Nutzflächen, Fraßschäden in Mais- und Zuckerrübenfeldern, gefällte Uferbäume sowie unterhöhlte Bodenbereiche sind Beispiele für Konflikte, die immer wieder an Biberberater Glinka herangetragen werden.
Schutz- und Nutzansprüche in Einklang bringen
Dessen Aufgabe ist es, durch meist kleine Regulierungsmaßnahmen „Schutz- und Nutzansprüche in Einklang zu bringen“. Er appelliert an die Bevölkerung, nicht selbst aktiv zu werden: „Ich will nicht im Nachhinein einen Schuldigen suchen, sondern im Vorhinein passgenaue Lösungen entwickeln.“
Welche das dann sind, müsse im Einzelfall vor Ort entschieden werden. Eventuell könnten Elektrozäune Fraßschäden verhindern, wertvolle Gehölze können mit Drahthosen geschützt werden, durch Ablenkfütterungen kann versucht werden, die Fällaktivität zu verringern, Dämme können vom Fachmann auf verträgliche Höhe abgetragen oder nach Genehmigung auch vollständig entfernt werden. Durch Drainagen kann die Rückstauwirkung auf ein verträgliches Maß reduziert werden.
Zeitnah Probleme melden
In den Hochzeiten – im Frühsommer, wenn die Jungen auf Reviersuche gehen und im Herbst, wenn die Niederschläge zunehmen – wird Glinka circa zwei bis drei Mal pro Woche wegen eines solchen Konfliktfalles kontaktiert. Unterstützt wird er bei seiner Arbeit von zahlreichen Ehrenamtlichen.
Wichtig sei, dass Probleme zeitnah gemeldet würden. Denn sonst verliere der Geschädigte eventuelle Ansprüche darauf, aus dem bayerischen Biberfond entschädigt zu werden. Der tritt aber sowieso nur ein, wenn andere Maßnahmen nicht greifen und eine gewisse Bagatellgrenze überschritten ist. 2016 gab es für Rhön-Grabfeld keine Gelder aus besagtem Fond.
Vom Nutzen des Bibers ist Glinka überzeugt. Die Fälle, in denen es zu Problemen kommt, sind für ihn in der Mehrzahl zur Zufriedenheit aller lösbar – wenn er davon erfährt: „Es gibt ein Bündel von Maßnahmen um Konfliktsituationen zu entschärfen.“