
Großbardorf hat als vorbildliches Bioenergiedort schon viele Gäste empfangen, ein Botschafter aus der Mongolei war bisher noch nicht dabei. Auf Vermittlung von Schweinfurts stellvertretender Landrätin Christine Bender und MdL Volkmar Halbleib besuchte der Botschafter Birvaa Mandakhbileg mit Ehefrau Enkhburd Jugder in Begleitung von Bilgee Luvsandorsh von Wolfssohn Capital die Gemeinde.
Auf der Grünen Woche in Berlin hat Bender den Botschafter zufällig getroffen und ihn nach seinen Wünschen gefragt. Er interessiere sich sehr für erneuerbare Energien und das Thema Wasserstoff, war seine Aussage. Spontan lud sie ihn in die Region ein, die in dieser Hinsicht viel zu bieten habe. Bender stellte ein interessantes Programm zusammen, das ihn nach Hassfurt (Wasserstofferzeugung), Großbardorf (erneuerbare Energien), Schweinfurt (Hochschulstandort) und Handthal (Weingut) führte, am nächsten Tag dann nach Würzburg mit einem Empfang bei der Regierung von Unterfranken, außerdem besichtigten die Gäste den staatlichen Hofkeller und die Residenz.
Großbardorfs Entwicklung vom Bauerndorf zum Bioenergiedorf
Bürgermeister Josef Demar, Landrat Thomas Habermann und Reinhold Behr, Vorstand der Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Energie e. G. Großbardorf waren das Empfangskomitee am Großbardorfer Rathaus. Nach Informationen bei Kaffee und Kuchen war eine kurze Rundfahrt angedacht, die aber aus Zeitmangel ausfallen musste. Gastgeschenke wurden ausgetauscht und der Bürgermeister berichtete, wie sich das ehemalige Bauern- und Pendlerdorf zu einem Bioenergiedorf entwickelt hat. Nach den ersten Maßnahmen nach seiner Amtsübernahme 1996, der erfolgreichen Sanierung des Dorfbachs und dem Bau von drei Regenrückhaltebecken, begann man mit der Dorferneuerung und machte sich Gedanken über erneuerbare Energien. Wie Gemeinderat Behr berichtete, schuf man mit der FWR-Energie e. G. ein handlungsfähiges Instrument zur Weiterentwicklung. Nach der ersten Bürgersolaranlage entstand gemeinsam mit 44 Landwirten die Biogasanlage, ein Nahwärmenetz für den Ort, eine Haselnussplantage, vier Windkraftanlagen, dazu kommen in kürze zwei weitere PV-Anlagen. 36 Millionen Euro wurden in 20 Jahren investiert, das sind pro Jahr und Einwohner 225 Euro, rechnete Behr vor. Der Eigenanteil an den Investitionen wurde von vielen Anteilseignern gemeinsam aufgebracht, Förderprogramme erleichterten manchmal die Finanzierung. "Wir haben immer eine Maßnahme in der Schublade, wenn ein Förderprogramm auftaucht, wird die Schublade aufgemacht", kommentierte der Bürgermeister.
"Wenn die Sonne scheint, rollen die Euros vom Dach"
Natürlich sind die Verhältnisse in Deutschland nicht mit der Mongolei vergleichbar, einige Probleme sind ähnlich. Wie berichtet wurde, wohnen von den 3,5 Millionen Einwohnern eine Million in der Hauptstadt Ulan Bator. "Wie hält man die Jugend auf dem Land?", fragten die Gäste. Die freundliche Atmosphäre in einem Dorf mit gutem Zusammenhalt, ein reges Vereinsleben und gute Bildungsangebote, wie dezentrale Hochschulen und Arbeitsplätze spielen eine große Rolle, sagte der Landrat. "Darum müssen wir uns selbst kümmern, von oben kommt da nichts", bekräftigte Behr. Die CO2-Reduktion komme nicht nur der Umwelt zugute, man verdiene auch Geld damit, vorausgesetzt der Sitz der Firma bleibe vor Ort. "Wenn die Sonne scheint, rollen die Euros vom Dach", sagte Behr. Die PV-Anlage liefere bis Ende der Laufzeit 650.000 Euro Gewebesteuer für die Gemeinde.
Der Botschafter bedankte sich für die Gastfreundschaft und für die vielen Ideen, die er mitgenommen habe und die er für sein Heimatland gebrauchen könne. "Wir haben Riesenflächen, viele Rohstoffe, Wind und Sonne. Man muss die Eigeninitiative in die Köpfe der Leute bringen", sagte er. 70 Jahre lang habe Moskau diktiert, jetzt denke die Mongolei etwas breiter. Man wollte zum Beispiel die Wasserkraft ausbauen, das habe Russland verhindert, das gern ihr Öl verkaufen möchte. "Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Mongolei bestehen nur auf dem Papier", bedauerte er. Der Ausbau der erneuerbaren Energien habe gerade erst begonnen. Das Umweltbewusstsein sei nicht besonders groß, in den langen kalten Wintern werden sogar Autoreifen verheizt, berichtete er. Eines interessierte ihn nebenbei: "Ist hier Bier- oder Weingebiet?", fragte er und erfuhr, dass hier vorzugsweise wegen des Klimas Bier hergestellt wird. Nach der Verabschiedung war die nächste Station die Technische Hochschule Würzburg/Schweinfurt.