
Ein majestätischer, schwarzer, doppelköpfiger Adler – geschmückt mit goldener Krone sowie der bayerischen und deutschen Flagge, Zepter und Reichsapfel in den Krallen und einen Ring im Schnabel – ist seit 2001 die etwas andere Zielscheibe des Schützenverein Kleineibstadt. "Unser Verein dürfte im Landkreis Rhön-Grabfeld der einzige sein, der diesen Vogelschuss noch durchführt", sagt Erster Schützenmeister Bernd Erhart.
Es gibt zwei derartige hölzerne Zielscheiben. Sie bestehen aus Sperrholz und jeder Vogel muss für das Schießen um die Königswürde für Erwachsene und Jugendliche alle Jahre neu aus Sperrholz ausgesägt werden. Deshalb bedankte sich Bernd Erhart zunächst bei denjenigen, die diese Aufgabe übernommen haben. Der Vogel selbst besteht aus fast 50 Einzelteilen, die mit Zahnstochern zusammen gesetzt sind "und dann zu Brennholz geschossen werden".
13 Jugendliche unter 18 Jahren beteiligten sich in diesem Jahr am Kleineibstädter Vogelschuss, hinzu kamen 20 Erwachsene. Rund eineinhalb Stunden benötigten die Jugendlichen, bis auch das letzte Teil des Vogelkörpers gefallen war. Eine halbe Stunde länger die Erwachsenen, sagte der Erste Schützenmeister.
Bei der Siegerehrung im Vereinsheim freute sich Bernd Erhart über die gute Resonanz und dankte den Helfern, die das Schießen auf den hölzernen Vogel und die Bewirtung organisiert hatten. Die Königsproklamation nannte er den Höhepunkt im Vereinsleben, verbunden mit einem geselligem Beisammensein. Am Bildschirm können die Gäste mitverfolgen, wie geschossen wird und wo der Vogel "Federn lassen muss".

Spannend wurde es dann zum Schluss, wenn nur noch der Körper des Vogels am "seidenen Faden", also einem Zahnstocher hing. Reihum wurde wieder auf die Vogelreste geschossen. Wer den linken und rechten Flügel abschoss, der konnte sich Erster und Zweiter Ritter nennen, derjenige der den Korpus zu Fall brachte, wurde Schützenkönig.
Glückwünsche gab es dann bei der Jugend für Maurice Friedrich als erster Ritter, Celine Mauer (zweiter Ritter) und Paul Kleinhenz. Er wurde Schützenkönig und ist für ein Jahr Träger der Schützenkette.
Spannung dann bei den Erwachsenen. Hier wurde Selina Fürst erster Ritter, zweiter Ritter wurde Laura Reinhardt. Und den Titel Schützenkönig kann Uwe Schneider für sich beanspruchen. Auch für ihn gab es die Schützenkette, die im Erster Schützenmeister Bernd Erhart überreichte.
Einst ein echter Vogel
Der "Vogelschuss" der Schützen reicht übrigens bis in die keltische und frühgermanische Zeit zurück. Damals allerdings war es ein "echter Vogel", der erlegt werden musste. Dieser "Königsvogel" wurde dann sogar feierlich bestattet.
Je mehr sich das Christentum durchsetzte, desto öfter distanzierte man sich von dem blutigen Kultopfer. Die "lebende Zielscheibe" wurde nach und nach durch leblose Objekte aus unterschiedlichen Materialien ersetzt. Kunsthandwerker fertigten unter anderem prachtvolle "Königsvögel" aus Gold und Silber. Diese findet man heute in Museen.
In späterer Zeit wurden die Vögel dann, oft kunstvoll aus Holz geschnitzt und bemalt. Die Splitter, die der jeweilige Schützen dem Holzvogel abschoss, wurden aufgesammelt und gewogen. Je mehr Gewicht der einzelne auf die Waage brachte, desto vorteilhafter war es natürlich auch, denn so erhielt der "Schützenkönig" als bester Schütze einen Schießpreis. Im 17. Jahrhundert setzte sich nach und nach die hölzerne Schießscheibe als Ziel durch.