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MELLRICHSTADT
Beim Beschussamt das Ziel im Visier
Beschussamt: Wegen Lieferschwierigkeiten bei den ballistischen Stahlplatten lief die Großbaustelle in Mellrichstadt mit angezogener Handbremse. Jetzt geht es zügig voran.
Endspurt im Beschussamt       -  Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Christian Rödl zeigt den noch mit Schutzpapier abgedeckten Boden im 50-Meter-Kanal.
Foto: Steffen Standke | Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Christian Rödl zeigt den noch mit Schutzpapier abgedeckten Boden im 50-Meter-Kanal.
Steffen Standke
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:39 Uhr

Schießbetrieb“ warnt die rote Schrift über der grauen Stahltür. Scharf geschossen wird im Stand dahinter aber noch nicht. Das Display leuchtet nur testweise. Wohl erst Ende August/Anfang September können die Mitarbeiter des Mellrichstädter Beschussamts ihren Neubau beziehen. Ein halbes Jahr später als erhofft. Lieferprobleme haben die Arbeiten verzögert.

Mit den Schießständen im Schützenverein haben die drei Anlagen für Kurz- und Langwaffen sowie für Böller und Schwarzpulver im Beschussamt wenig zu tun. Sie gleichen kurzen schrägen Schächten, die in Betonbecken enden. Diese Becken werden später 1,5 Meter hoch mit Wasser gefüllt. Die Geschosse, die aus einer Waffe in einer speziellen Vorrichtung abgefeuert werden, sollen darin ihre Wucht verlieren.

Handwerker heben gerade an der hinteren Betonwand ein paar Stahlplatten ein und verschweißen sie. Falls das Wasser die Geschosse nicht ausreichend stoppt, tun es spätestens die Stahlplatten. Das schont den Beton dahinter. Und die am Stahl abgeprallten Geschosse lassen sich leicht aufsammeln, wenn das Becken einmal pro Jahr geleert wird.

Gerade die ballistischen Stahlplatten haben für die Bauverzögerungen gesorgt. Oder besser: ihr Fehlen. Bestellt wurden sie in Schweden. Doch die Hersteller hielten ihre Liefertermine nicht so genau ein, wie sie es sollten.

Mehr als drei Jahre beschäftigt sich Christian Rödl vom Staatlichen Bauamt in Schweinfurt mit dem Beschussamt – vom Planungsbeginn bis zur Fast-Fertigstellung. Die Lieferprobleme nimmt der Projektleiter inzwischen gelassen. Klar sei der Zeitplan durcheinandergeraten. Die Arbeiten liefen nur „mit angezogener Handbremse“ weiter. Gerade im technischen Bereich konnte man nicht einfach andere Gewerke vorziehen. Sie setzten den Einbau der Platten voraus.

Doch inzwischen geht es auch dort zügig voran. Das zeigt sich am 50-Meter-Schießkanal im Untergeschoss. Beim letzten Besichtigungstermin im September wirkte er durch die Betonoptik nüchtern (wir berichteten). Inzwischen kleben in dem langen Schacht Holzwolle-Platten, die den Schall schlucken.

Der Zielbereich wurde – ähnlich den Schießständen für Kurz- oder Langwaffen – stahlplattenbewehrt. Am Mittwoch kam ein Schneckenkugelfang. Er soll durch seine Spiralform die Kraft abgefeuerter Projektile abfedern – ähnlich dem Wasser in den kleineren Schießständen.

Den großen Schießkanal schließen eine sechs Tonnen schwere Stahltür und kleinere Zugänge ab. Lüftungen leiten Frischluft ein, beziehungsweise die beim Auslösen der Waffen und beim Aufschlag der Projektile entstehenden Gase aus.

Sicherheit gilt extrem viel im neuen Beschussamt. Kein Mitarbeiter soll durch ein verirrtes Projektil getroffen oder durch Gase beeinträchtigt werden. Deswegen werden die Böden in den elf Laborierungsräumen „ableitfähig und antistatisch“ gestaltet, sagt Rödl. So wird verhindert, dass sich das Material elektrisch auflädt. Käme das mit entzündlichem Pulver, mit dem in den Räumen gearbeitet wird, in Verbindung, hätte es fatale Folgen.

Über dem Zielbereich des 50-Meter-Kanals thront ein Fünf-Tonnen-Kran. Autoteile können hier zum Beispiel eingehoben und ihre Türen und Scheiben auf Durchschlagsfestigkeit getestet werden.

Der gesamte technische Bereich leuchtet in hellem Grau. Zum einen, damit es für die Mitarbeiter, die sich oft viele Stunden bei Kunstlicht dort aufhalten, nicht zu düster wird. Zum anderen lassen sich so Schäden an den Oberflächen gut erkennen.

Der Beton, die Stahlplatten, die Wasserbecken und der lange Schießkanal mit den vielen Sicherheitsvorkehrungen – irgendwie erinnert der technische Bereich an eine Festung. Der Eindruck entsteht im Verwaltungstrakt überhaupt nicht. Weiß gestrichene große Räume, helle Flure, ein weiter Blick Richtung Rhön: Auch hier wirkt alles viel freundlicher als im vergangenen September.

Zumindest im Gang liegt das am jetzt freien Oberlicht, sagt Rödl. Im April wurde das Gerüst an der Holzfassade abgebaut, welches das gesamte Innere verdunkelt hatte. Nur die Wände, hinter denen sich der Technikbereich versteckt, glänzen rostfarben. Aber auch ansonsten scheint der über Erd- und Obergeschoss verteilte Verwaltungstrakt am weitläufigsten. In einem Raum funkelt dem Besucher eine nagelneue Teeküche entgegen.

Dabei offenbart der Verwaltungstrakt noch nicht seine ganze Gemütlichkeit. Das größtenteils fertige Parkett liegt unter grauem Schutzpapier verborgen. Die Handwerker sind dabei, restliche Böden und Treppen mit Parkett zu versehen.

In einem anderen Raum im Erdgeschoss stehen viele Kisten bereit. Darin die Einzelteile für die Werkstatteinrichtung: Stahlgestelle und Arbeitsplatten für die Werkbänke, Schubkästen. Nächste Woche werden die Einbaumöbel für die Büros geliefert.

Christian Rödl könnte die Mitarbeiter des Beschussamts zumindest in einige, in sich geschlossene Bereiche einziehen lassen. Sie werden ab nächste Woche „baufein gereinigt“.

Sinn macht ein Teilumzug nicht. Schließlich könnten die Mitarbeiter den technischen Bereich noch nicht nutzen. Und Rödl sieht keine Not. Ist der Altbau des Beschussamts doch immer noch voll nutzbar. Im Herbst – nach dem Umzug – schlägt ihm die Stunde. Das alte Gebäude wird abgerissen. Im ersten Quartal 2016 plant das Bauamt, die Hofseite mit Zufahrts- und Anlieferungsbereich zu gestalten. Aber das hängt von der Härte des Winters ab.

„Ein Termin für die Einweihung steht noch aus. Er findet erst statt, wenn das ganze Areal fertig ist“, sagt Rödl. Wahrscheinlich gilt es, den Termin in den Kalender eines Ministers einzutakten. Mindestens 16 Millionen Euro Baukosten wollen schließlich entsprechend gewürdigt sein. Die gute Nachricht: Durch die Verzögerungen sind laut Rödl bisher noch keine Mehrkosten erkennbar.

Noch leuchtet die rote Schrift über den Schießständen nur zu Testzwecken. Bis sie auch offiziell vor dem Betrieb darin warnt, werden noch einige Wochen vergehen.

 
Endspurt im Beschussamt       -  Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Die Eingangstüren sind schon drin.
Foto: Steffen Standke | Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Die Eingangstüren sind schon drin.
Endspurt im Beschussamt       -  Tolle Fassade: Nachdem im April das Gerüst gefallen ist, zeigt das fast fertige Mellrichstädter Beschussamt seine Holzfassade. Unter dem Schotterweg im Vordergrund verbirgt sich der 50-Meter-Schießkanal, hinter dem rostfarbenen Würfel befinden sich weitere Räume des technischen Bereichs.
Foto: Steffen Standke | Tolle Fassade: Nachdem im April das Gerüst gefallen ist, zeigt das fast fertige Mellrichstädter Beschussamt seine Holzfassade.
Endspurt im Beschussamt       -  Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Testweise leuchten die Warnlichter der Schießstände.
Foto: Steffen Standke | Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Testweise leuchten die Warnlichter der Schießstände.
Endspurt im Beschussamt       -  Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Die Elektronik für die Schießstände ist schon eingebaut.
Foto: Steffen Standke | Endspurt im Innern: Immer deutlicher zeigt sich, in welcher Umgebung die Mitarbeiter des Beschussamts einmal arbeiten werden. Die Elektronik für die Schießstände ist schon eingebaut.
 
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