Ahmad Awad wurde vier Jahre vor der Jahrtausendwende in Damaskus in Syrien geboren, hat für sein junges Alter bereits ein bewegtes Leben hinter sich und ist nun angekommen. Aber nicht nur das, er ist ein erfolgreicher Barbier, der jetzt in Bad Neustadt unter dem Namen Palmyra seinen zweiten Friseursalon eröffnet hat und neben zwei syrischen Landsleuten auch 15 Deutschen einen Arbeitsplatz bietet.
Seine Kindheit war von Krankheit und vielen Krankenhausaufenthalten geprägt und die Ärzte in Syrien machten ihm nur wenig Hoffnung auf ein erfülltes Leben. Bedingt durch seine Krankengeschichte wurde er erst später als normal eingeschult und besuchte in der dortigen Schule altersbedingt nur die fünfte bis zur neunten Jahrgangsstufe regelmäßig. Seit seinem 14. Lebensjahr musste er in der Fabrik seines Vaters arbeiten. Eine Jugendzeit wie wir sie kennen, blieb ihm versagt.
Die Haare wachsen überall gleich schnell
Er hatte einen Traum, von dem sein Vater aber nicht viel hielt. Er wollte Barbier werden. Jede freie Minute nutzte er, statt zu spielen, um in einem Friseursalon eines Freundes das Barberhandwerk zu erlernen. Dann begann der Bürgerkrieg in Syrien und seine Familie musste fliehen. Damit er nicht als Soldat eingezogen werden kann, musste er ohne seine Familie das Land verlassen und machte sich auf den Weg nach Jordanien, wo er für ein Jahr in einem Friseursalon eine Anstellung bekam und auch wohnen konnte.
Sein Weg führte ihn zu Fuß weiter über die Türkei nach Griechenland und von dort marschierte er tagelang über Serbien, Ungarn, Österreich nach Deutschland. Er kam in ein Asylbewerberheim in München und dann in ein Heim für Asylsuchende in Schweinfurt. Und letztendlich nach Bad Neustadt, wo er mit vielen anderen ein Dach über dem Kopf im Gebäude des ehemaligen Möbelhauses Pfeuffer fand. „Andere Sprache, andere Kultur, nur die Haare wuchsen genauso schnell wie in der Heimat“, so Ahmad Awad, der von der dort eingesetzten Security die deutsche Sprache erlernte. Dafür schnitt er ihnen, wie auch anderen Flüchtlingen, die Haare, um seinem "Traum" und "Berufstraum" näher zu kommen.
Nachfrage wurde immer größer
Nach langem Kampf konnte er fast im Alleingang einen kleinen Barbershop am Busbahnhof eröffnen. Ganz ohne Mitarbeiter. Das Inventar hat er aus alten Paletten selbst gebaut. Dekan Andreas Krefft kannte den jungen und ehrgeizigen Barbier aus der Zeit des Auffanglagers im „Pfeuffer“ und der Kontakt sollte bis heute anhalten. Ahmad Awad brauchte eine Räumlichkeit, um sein erstes Möbelwerk zu fertigen und zwischenzulagern. Dekan Krefft stellte ihm im Bad Neustädter Gemeindezentrum an der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt einen Kellerraum zur Verfügung.
Die Nachfrage nach einem feschen Haarschnitt wuchs und erste Mitarbeiter mussten angestellt werden. Auch der Dekan weiß um die flinke Hand des Barbiers und vertraut ihm seine Haarpracht an. Und die Nachfrage wuchs immer mehr. Vor allem nach Damenschnitten. Aufgrund dessen eröffnete er nun trotz der schwierigen Corona-Zeit eine zweite Filiale in der Siemensstraße. Das Interieur vereint deutsche und arabische Kultur. "Bad Neustadt hat mir die Möglichkeit gegeben, meinen Traum zu erfüllen und so möchte ich mit meinem Salon, der auch arabische Friseurkunst und professionelle Haarentfernung bietet, etwas zurückgeben".
Den Namen "Palmyra", den er aus seiner Heimat mitnahm, wählte er bewusst für seinen Traumsalon. Das "Alte" soll man nicht vergessen, auch wenn etwas "Neues" beginnt. "Ich fühle mich langsam Deutsch, auch wenn die blonden Haare noch fehlen", so Ahmad Awad mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. Dekan Andreas Krefft sprach von einer unglaublichen Geschichte und zugleich von einer Erfolgsgeschichte und einem Neustart voller Hoffnung. Der Barbier fühlt sich in Bad Neustadt nicht mehr als Flüchtling. Er sei angekommen, durch harte Arbeit, klare Ziele vor Augen und den Glauben an sich selbst.
In einer vorherigen Version war der Nachname teilweise leider falsch geschrieben. Ahmad heißt mit Nachnamen Awad. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.