
Die Stadt Bad Königshofen mit anderen Augen gesehen: Der Botaniker und Ornithologe Karl Schwarz aus Poppenlauer machte auf Einladung der BN-Ortsgruppe Bad Königshofen einen naturkundlichen Stadtrundgang, bei dem es viel Unbekanntes und Besonderes zu entdecken gab. Warum werden es sich die mehr als 20 Teilnehmer in Zukunft genau überlegen, bevor sie den Fugenkratzer ansetzen, um Wege sauber zu machen?
An der FrankenTherme startete der Rundgang, dort hatte der Referent gleich so viele sehenswerte Pflanzen entdeckt, dass es die Gruppe in rund 45 Minuten gerade bis zur nächsten Straßenecke geschafft hatte.
Nach einer Begrüßung durch den Vorsitzenden der Ortsgruppe, Dieter Jetschni, erklärte Karl Schwarz die unterschiedlichen Pflanzen, die im Volksmund als "Unkraut" bezeichnet werden, für den Botaniker aber eine wahre Fundgrube sind. Während die Störche am Himmel kreisten und der Stieglitz sang, was dem Ornithologen gleich auffiel, wurden die Umstehenden in die Miniaturwelt des Pflasterbewuchses eingeweiht.
Nelke mit Vorliebe für Schuhsohlen
In den Fugen wächst zum Beispiel das kahle Bruchkraut, ein Nelkengewächs mit winzig kleinen Blüten, die erst mit der Lupe besser zu erkennen sind. Auf einer Wiese könnte die Pflanze wegen der Konkurrenz nicht existieren, hier hat sie eine Nische gefunden, in der sie sich entwickeln kann. Ein Begehen macht dem Bruchkraut nichts aus, es benutzt die Schuhsohlen sogar als eine Möglichkeit, ihre Samen zu verbreiten.
Auf den bepflanzten Flächen vor der FrankenTherme und auf den Nebenflächen der Straße findet man Vogelmire, das kanadische Berufkraut, Erdrauch mit vielen Unterarten, Kohlgänsedistel, Hirtentäschel, Gänsefuß und den Kompasslattich. Letzteres ist eine Pflanze, die ihre Blätter in Nord-Süd-Richtung ausrichtet, man kann also immer erkennen, wo die Himmelsrichtungen sind.

Der Spitzwegerich gehört zu den bekannteren Pflanzen, auch als "Indianerpflaster" bezeichnet, wegen seiner lindernden Wirkung bei kleinen Verletzungen und Insektenstichen. Die Taube Trespe ist ein einjähriges Süßgras, das die Floristen für sich entdeckt haben, für die Landwirte jedoch eine Katastrophe ist, wie Karl Schwarz erläuterte. "Es vermehrt sich sehr und wuchert alles zu", erklärte er.
Mischung zwischen Raps und Meerrettich
Interessant war, was anscheinend in der angeschütteten Erde rings um das neue MVZ-Gebäude an Samen enthalten war. So wachsen Beinwell und Huflattich, wo sie eigentlich nicht hingehören. Ein neues Problem an den Straßenrändern ist das Orientalische Zackenschötchen, eine seit Mitte des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa eingeschleppte Pflanze (invasiv), die manchmal mit Raps verwechselt wird und einheimische Pflanzen verdrängt. Sie ist essbar, die jungen und noch zarten Triebe können gekocht oder auch als Salat verzehrt werden. Die einjährige Wurzel wird wie Meerrettich verwendet. Immer wieder tauchte die Frage auf, was essbar ist und ob es eine Heilwirkung gibt.
Die Entdeckungstour ging langsam weiter, zum Gelände des ehemaligen Krankenhauses, wo sich viele Arten von Pionierpflanzen und "Beikräutern" angesiedelt haben. Betrachtet wurden die Ackerkratzdistel, der kleine Storchenschnabel, die wilde Möhre, der Hopfenklee, Schafgarbe, die weiche Trespe, das Frühlingshungerblümchen und vieles mehr.
Genügsame Bewohner der Mauerritzen
Eine besondere Überraschung erwartete die Teilnehmer im Schulgarten des Gymnasiums: Dort hat sich eine Orchidee, das Weiße Waldvöglein, angesiedelt. Die staubfeinen Samen benötigen einen besonderen Pilz im Boden, um sich zu entwickeln, dort ist er vorhanden. Zurück zum Klostergarten, einer Oase für Tiere und Pflanzen mitten in der Stadt, erklärte Karl Schwarz die genügsamen Bewohner der Mauerritzen.
Insgesamt 80 unterschiedliche Blütenpflanzen wurden auf dem Weg durch die Stadt entdeckt. Großes Lob gab es für den Bauhof für die Strategie, bestimmte Flächen nicht zu mähen und so zur Vielfalt beizutragen und etwas für die Insekten zu tun. Die Teilnehmer sehen die Miniaturwelt zwischen den Pflastersteinen in Zukunft bestimmt mit anderen Augen und werden sich an die Begeisterung des Botanikers für diesen genügsamen und robusten Bewuchs erinnern.