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Bad Königshofen
Auszeichnung "Weißer Engel": So organisiert Inge Keßler aus Bad Königshofen die Pflege rund um die Uhr
Inge Keßler aus Bad Königshofen erhielt von Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek die Auszeichnung "Weißer Engel". Wie sieht ihr Pflegealltag aus?
Ein gutes Beispiel für die Leistung pflegender Angehöriger ist Inge Keßler aus Bad Königshofen, hier mit ihrem Mann Herbert Keßler.
Foto: Regina Vossenkaul | Ein gutes Beispiel für die Leistung pflegender Angehöriger ist Inge Keßler aus Bad Königshofen, hier mit ihrem Mann Herbert Keßler.
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:08 Uhr

An zehn Bürgerinnen und Bürger aus Unterfranken verlieh Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek in Würzburg die Auszeichnung "Weißer Engel" für ihr ehrenamtliches Engagement in den Bereichen Gesundheit und Pflege, davon leben drei im Landkreis Rhön-Grabfeld: Anita Zehfuß aus Wollbach, Lana Rebhan und Inge Keßler, beide aus Bad Königshofen.

"Wir zeichnen Menschen aus, die ihre eigenen Interessen zurückstellen, um für andere da zu sein. Ehrenamtlich Tätige leisten einen unschätzbar wertvollen Beitrag für das Gemeinwesen. Dieser Einsatz und die gelebte Mitmenschlichkeit verdienen große Anerkennung", sagte Holetschek in der Feierstunde.

"Es war sehr schön und feierlich", berichtete Inge Keßler. Wie Holetschek in seiner Laudatio erwähnte, hat sie sich sowohl auf kommunaler Ebene als auch im gesundheitlichen und sozialen Bereich schon jahrelang engagiert und wurde bereits 2009 mit der Kommunalen Verdienstmedaille gewürdigt. Die Auszeichnung "Weißer Engel" erhält Inge Keßler, weil sie sich aufopferungsvoll um ihren Mann kümmert. "Es ist für sie selbstverständlich, ihre eigenen Interessen und Wünsche hintanzustellen. Sie gibt jeden Tag ihr Bestes, um die Lebensqualität ihres Mannes zu verbessern und aufrechtzuerhalten. Ihre Pflegeleistung ist in hohem Maße anerkennenswert", sagte der Minister.

Inge Keßler wollte eigentlich nicht gern im Mittelpunkt stehen, sie ließ sich trotzdem zu einem Interview überreden, um andere Betroffene zu ermutigen.

Frage: Sie haben erst ihre Schwiegermutter und dann ihre eigene Mutter gepflegt, jetzt pflegen Sie Ihren Mann. Was macht das mit Ihnen als Person? Haben sie Ämter aufgegeben und persönlich zurückgesteckt?

Inge Keßler: 2016 hatte mein Mann seinen zweiten Schlaganfall. Von da an habe ich mich um ihn gekümmert, da musste ich mein politisches Engagement als Stadträtin und meine Ehrenämter natürlich zurückstellen. Ich kann ja meinen Mann nicht stundenlang alleine lassen und zu Sitzungen oder in die Kirche gehen.

Inge Keßler (rechts), Lana Rebhan (Dritte von links) und Anita Zehfuß (Vierte von links) wurden in Würzburg mit dem Weißen Engel für ihr soziales Engagement ausgezeichnet.
Foto: Stefanie Nejedlo | Inge Keßler (rechts), Lana Rebhan (Dritte von links) und Anita Zehfuß (Vierte von links) wurden in Würzburg mit dem Weißen Engel für ihr soziales Engagement ausgezeichnet.
Wie sieht Ihr Alltag aus?

Keßler: Ich stehe um fünf Uhr auf, weil um sechs Uhr die Mitarbeiterin der Sozialstation kommt. Dann gibt es Frühstück, das sich – wie alle Mahlzeiten - wegen der kleinen Häppchen, die mein Mann schlucken kann, lange hinzieht. Da mein Mann kaum sprechen kann, habe ich Aphasie-Übungsbücher gekauft. Wir lesen zusammen, füllen Lückentexte aus, machen Übungen, so geht der Tag vorbei. Ich habe den ganzen Tag zu tun, mein Mann kann im Rollstuhl sitzen und ist in den Alltag mit eingebunden. Er hält natürlich einen Mittagsschlaf, in der Zeit mache ich meine Besorgungen.

Haben sich soziale Kontakte verringert, kommen alte Freunde seltener?

Keßler: Wir bekommen viel Besuch, die Leute haben uns nicht vergessen. Herbert war ja Lehrer und ich hatte auch viele Kontakte, unter anderem mit ehemaligen Spätaussiedlern, die besuchen uns mittlerweile mit ihren Kindern. Ich selbst komme nur noch selten irgendwo hin.

Ein gutes Beispiel für die Leistung pflegender Angehöriger ist Inge Keßler aus Bad Königshofen.
Foto: Regina Vossenkaul | Ein gutes Beispiel für die Leistung pflegender Angehöriger ist Inge Keßler aus Bad Königshofen.
Welche Unterstützung erhalten Sie seitens einer Sozialstation oder einer anderen Stelle?

Keßler: Die Caritas-Sozialstation kommt morgens und abends. Ich bin froh, dass es sie gibt, das ist doch eine große Entlastung. Zweimal in der Woche kommt ein Physiotherapeut. Ich habe einen Lifter, weil ich meinen Mann nicht hochheben kann. Beim Duschen und bei Notfällen hilft mein Sohn, der aus Würzburg herfährt.

Fühlen Sie sich manchmal überlastet und wünschten sich mehr Hilfe?

Keßler: Im Moment bin ich zufrieden, wir brauchen keine weitere Hilfe.

Gibt Ihnen die Pflege ein gutes Gefühl, weil Sie Ihren Mann gut versorgt wissen? Kommt da etwas zurück?

Keßler: Ja, ich pflege ihn gern. Er war immer gut zu mir. So kann ich ihm einiges zurückgeben und ich merke, dass er mir sehr dankbar ist.

Gibt es einen Rat, den Sie an andere pflegende Angehörige weitergeben möchten?

Keßler: Man braucht viel Geduld und muss immer die Ruhe bewahren. Vor allem sollte man sich nicht scheuen, um Hilfe zu bitten, wenn es nötig ist, und Hilfe anzunehmen. Vor allem: Man muss aus jeder Situation das Beste machen.

Haben Sie eine Forderung an die Politik? Was müsste besser geregelt werden?

Keßler: Im großen Ganzen bin ich zufrieden. Finanziell lege ich trotz Pflegeversicherung monatlich einen Betrag darauf. Ich wünschte mir, dass sich die Pflegekräfte nicht so abhetzen müssen, sie stehen unter großem Zeitdruck. Die Patienten reagieren aber oft nicht so, wie vorgesehen. Ich bin meinem Sohn sehr dankbar für seine Unterstützung, er ist immer da, wenn wir ihn brauchen, und sei es mitten in der Nacht.

Anita Zehfuß aus Wollbach

Seit über 30 Jahren besucht Anita Zehfuß regelmäßig ältere und kranke Mitbürgerinnen und Mitbürger zuhause und im Pflegeheim, berichtete Minister Holeschek in seiner Laudatio. Anita Zehfuß weiß, dass Menschen, die älter oder krank sind, die allein leben oder einen Angehörigen zuhause pflegen in soziale Isolation geraten können. Als Gesprächspartnerin ist sie durch ihre ruhige, einfühlsame, tröstende und aufmunternde Art ein beliebter und gern gesehener Gast. Sie ist eine große Bereicherung für ihre Mitmenschen. Gemeinsam mit Ihrem Ehemann hat sie den Verein "Kinder aus Shitkowitschi – Hilfe nach Tschernobyl" gegründet, vielen Kindern zu einem Erholungsaufenthalt im Landkreis verholfen und Opfer der Reaktorkatastrophe unterstützt. Seit 1992 war sie im Lauf der Jahre Gastmutter von insgesamt 51 Tschernobyl-Kindern. Darüber hinaus hat sie jahrelang bei Blutspende-Terminen Unterstützung geleistet, sich um die Verpflegung vor Ort gekümmert und beim Auf- und Abbau geholfen.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

Lana Rebhan aus Bad Königshofen

Lana Rebhan kümmert sich seit 2012 gemeinsam mit ihrer Mutter um ihren nierenkranken Vater, so war sie bereits im Kindesalter starker Belastung ausgesetzt und hat ihre eigenen Interessen oftmals zurückgestellt, wie Minister Klaus Holetschek in der Laudatio erwähnte. Dabei hat sie schnell gemerkt, dass sie nicht allein ist. Mit 14 Jahren hat sie eine eigene Website gegründet – die "Young Carer Hilfe" – also die "jungen Pflegenden", um andere Kinder und Jugendliche in derselben Situation zu unterstützen. Sie informiert im Internet über Hilfsangebote, teilt Flyer, Broschüren, Fotos und Erfahrungsberichte anderer Young Carer. Sie hat sehr viel Arbeit, Energie und Herzblut in die kostenfreie Website investiert und bietet eine Anlaufstelle für die Sorgen von Kindern und Jugendlichen als pflegende Angehörige. "Mit ihrem Engagement zeigt Sie, dass wir die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht vergessen dürfen", sagte Klaus Holetschek.
Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
 
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