
Was für eine aufregende Idee. Die aber für Tausende von Besuchern und Gästen aus ganz Bayern zur Entdeckung einer Kleinstadt hoch im Norden des Freistaats führte, als das grandiose Finale der BR-Radltour am 8. August 2015 Schlagzeilen schrieb. 1200 Radler waren bei größter Hitze durch das weiß-blaue Bundesland gestrampelt, um nach 500 Kilometern in Mellrichstadt am Ziel anzukommen. Erinnern wir uns: Der Auftritt der Spider Murphy Gang wurde für 14 000 Besucher zu einem Fest der Freude. Herz, was willst du mehr – so lässt sich einer der vielleicht schönsten Sommertage in der Amtszeit von Eberhard Streit als Bürgermeister auf den Punkt bringen.
In der Tat, die Fülle der „Hinterlassenschaften“ des langjährigen Stadtchefs, von der Mellrichstadt und seine Bürger wohl in Zukunft noch zehren können, zeugt von einer Vielzahl von Projekten und Initiativen, die er nicht nur angestoßen, sondern verwirklich hat. Wenngleich Streit im September 2006 „kein Einstand nach Maß“ vergönnt war. Musste er doch als eine seiner ersten Amtshandlungen als Bürgermeister an der Schließungszeremonie der Hainberg-Kaserne teilnehmen. „Ich denke, es ist gut nachvollziehbar, dass diese Art der Öffentlichkeitsarbeit keiner gerne hat.“
Kommunikation, Offenheit und Transparenz als Grundregeln
Diese Erfahrung mag das Stadtoberhaupt dazu bewogen haben, für die weitere Arbeit im Rathaus auf drei Grundregeln zu bauen: nämlich Kommunikation, Offenheit und Transparenz, sprich Öffentlichkeitsarbeit. Darauf fußen dann auch die erfreulicheren Anlässe: Besonders positiv wertet Eberhard Streit zu Beginn seiner Amtszeit die Kontakte, bei denen sich ganz viele Akteure gemeinsam – angefangen mit der Ausstellung „Baustelle Mellrichstadt“ und in der Folge in zahlreichen Arbeitsgruppen – Gedanken um Mellrichstadt und die Zukunft der Stadt gemacht haben.
Daraus hat dann der Stadtrat mit Unterstützung der Regierung von Unterfranken systematisch ein Stadtentwicklungskonzept (ISEK) erarbeitet, an dem die Mellrichstädter sehr intensiv mitgearbeitet haben, blickt Streit zurück und erinnert sich gerne an eine spannende Klausur-Tagung im Rhön Park-Hotel. „Zusammen haben wir uns einen ganzen Tag lang intensiv mit unserer Stadt beschäftigt.“
Stadtumbau: Mehr Bürgerbeteiligung geht nicht
Nicht minder intensiv gestaltete sich der Kontakt mit den Bürgern während und nach dem Auswahlverfahren im Architektenwettbewerb zum Stadtumbau und beim Umbau selbst. „Das Stadtmarketing von Brigitte Proß und dem Aktiven Mellrichstadt war da einmalig. Mehr Bürgerbeteiligung und direktes Feedback gibt es ja kaum noch“, lobte Eberhard Streit die aus seiner Sicht guten Zeiten.
Und vergaß dabei nicht, wichtige Unterstützer in diesem Prozess zu erwähnen, mit denen er engen Kontakt und regen Austausch pflegte. Eberhard Streit erinnerte an dieser Stelle besonders an das Riedelareal, wie es noch 2010 aussah, und was jetzt, dank des Projektes von Karl-Hermann Reich, daraus geworden ist. „Das Stadthotel Reich gehört heute sicher zu den attraktivsten Anlaufpunkten in der Innenstadt“, stellte Streit anerkennend heraus.
Krankenhaus-Abriss und Neubau der Senioren-Wohnstätte
Ein Kapitel für sich, letztendlich sogar mit Happy-End: Der Erwerb des Kreiskrankenhauses vom Landkreis, der Abbruch mit Fördermitteln aus dem Städtebauförderprogramm und die Suche nach der heutigen Lösung zusammen mit der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld, die heute dort eine Senioren-Wohnstätte betreibt, war nach Streits Worten geprägt von Verhandlungen und Gesprächen. Als Ergebnis steht am Hainberg ein Pilot- und Vorzeigeprojekt.
Beim Thema Wasserversorgung der Stadtteile war der Rathauschef als geschickter Moderator in zahlreichen Diskussionen gefragt, denn es galt viele Konfliktpunkte anzusprechen und Vertrauen aufzubauen. Kurzum: Die gemeinsame Lösung steht für Ende gut, alles gut.
Kinderkrippe und Hort sind gefragt
Als die erste Krippe im evangelischen Kindergarten eingerichtet wurde und dazu umgebaut werden musste, bedurfte es vieler Gesprächsstunden mit Pfarrer Andreas Werner, der auch Initiator und Mitbegründer des Hortes in der Grundschule war. Damals mussten Pfarrer Werner und Bürgermeister Streit noch bei den Eltern um die ersten 17 Kinder werben, um den Hort eröffnen zu können. Heute besteht dort eine Warteliste.

Ganz besonders viel Redebedarf, Diskussion und Bürgergespräche waren notwendig, als es um die Zusammenlegung der (damals noch) Hauptschulen im Streutal ging. Zusammen mit dem damaligen Rektor in Mellrichstadt, Roland Hoch, und den betroffenen Bürgermeistern in den Gemeinden war Schwerstarbeit in Sachen Aufklärung und Information an den alten Schulstandorten angesagt, ehe die Schule in Mellrichstadt zusammengeführt und mit Mitteln aus dem Konjunkturprogramm saniert wurde. Dass die Mittelschule noch in Udo-Lindenberg-Schule umbenannt wurde, spaltete die Bevölkerung in zwei Lager. Darüber ist heute längst Gras gewachsen. Von Kritik war hier dann keine Spur: Der neue Anbau der Ignaz-Reder-Realschule wird Streit „in guter Erinnerung bleiben“.
Scheunen am Salzhaus ins Museum integriert
Für Museumsdirektor Rudolf Mauder war es eine Herzensangelegenheit, wie das Stadtoberhaupt nur allzu gut wusste: Die Scheunen am Salzhaus wurden schließlich mit Mitteln der Städtebauförderung und aus der Gerda-Reich-Stiftung hergerichtet und ins Museum integriert.
In Bahra ist die Dorfplatzgestaltung kontrovers diskutiert worden. Das mag am Entwurf des ALE im Rahmen der Dorferneuerung gelegen haben, der den Bewohnern nicht gefiel. In unzähligen Gesprächsrunden wurde ausgiebig diskutiert, bis zuerst der Kirchenaufgang und dann der gesamte Dorfplatz seine heutige Gestaltung erhielt und zur 1000-Jahrfeier eingeweiht werden konnte.
Gute Kooperation bringt Augenarzt nach Mellrichstadt
Diese Art der Kooperation ist für Mellrichstadt ein Gewinn: Zusammen mit Karl-Hermann Reich, Dr. Harry Domack und dem Stadtrat ist es nach langen Verhandlungen gelungen, den Augenarzt nach Mellrichstadt zu bringen. Weniger gelungen ist zum Bedauern von Eberhard Streit dann die Kommunikation um ein neues Domizil am Alfons-Halbig-Platz, um diese Praxis für Mellrichstadt auch langfristig zu sichern.
Auch das Beschussamt in Mellrichstadt stand nach Beschlüssen zur Privatisierung solcher Einrichtungen im Bayerischen Landtag auf der Kippe. Nach dem Motto „Problem erkannt“ sammelte das Stadtoberhaupt wichtige Unterstützer um sich, angefangen von Bernd Weiß (ehemals Landtagsabgeordneter und Staatssekretär) über Landrat Thomas Habermann bis hin zur Firma Weihrauch, um nur einige zu nennen. Mit Erfolg, der imposante Neubau in der Loh steht nicht zuletzt für die nachhaltige Sicherung des Amts in Mellrichstadt.
Gebührenabrechnungsstelle in Mellrichstadt angesiedelt
Ganz schnell, ganz intensiv und gut koordiniert war im Rückblick auch die Zusammenarbeit mit Landrat Thomas Habermann, als der Freistaat auf der Suche nach einem neuen Standort für die Gebührenabrechnungsstelle (GAST) war. Der Lohn der Mühen in zähen Verhandlungen: Diese Behörde ist in Mellrichstadt angesiedelt.
Aber die meisten und wohl auch anstrengendsten Gespräche waren erforderlich, als Eberhard Streit den Vorsitz bei der Gründung der Streutalallianz hatte. Der Gründungsprozess, die Arbeitssitzungen mit den Bürgermeistern, dem ALE, den Vertretern der Regierung von Unterfranken, zahlreichen Experten und die Workshops mit den Bürgerinnen und Bürgern aus dem ganzen Streutal waren zeitintensiv wie auch kraftraubend. Am Ende ist es doch gelungen, mit dem Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept (ILEK) eine Basis für eine gute Zusammenarbeit im Streutal zu legen. Das Ergebnis „Zukunft gemeinsam gestalten“ gilt als Versprechen.
Verlässliche Partner an der Seite
Nach 14 erfolgreichen Amtsjahren darf sich Eberhard Streit glücklich schätzen, hatte er doch stets Menschen an der Seite, auf die er sich verlassen konnte. Wie Streit selbst eben Personen, auf die das Zitat von Viktor Frankl, Neurologe und Psychiater, gleichfalls zutrifft: „Ganz Mensch ist der Mensch eigentlich nur dort, wo er ganz aufgeht in einer Sache.“
So wusste er lange Jahre Thomas Dietz als kongenialen Partner um sich. Der Bürgermeister als Vor- und – mit Verlaub - bisweilen auch Querdenker, sein Stellvertreter als Organisator waren zwei, die perfekt harmonierten. Jeder mit seinen Talenten und Stärken, beide zusammen für die Parole: Gut, dass es Mellrichstadt gibt.