So richtig ins Plaudern kam Landtagspräsident a. D. Johann Böhm im schön geschmückten Gewölbekeller des Caritashauses, als dort gemütliche Erzähl-Café-Stimmung herrschte und kein Stuhl mehr frei blieb. Ausführlich ging Böhm auf die vielen Fragen ein, die ihm Moderator Wolfgang Kitscha zu seinem bewegten Leben stellte.
Begonnen hat es vor 81 Jahren im Egerland in einem Dorf zu Füßen der Wallfahrtskirche Maria Kulm. Dort verbrachte Böhm eine behütete Kindheit, obwohl zu spüren war, dass sie durch den Krieg gefährdet war. Nach der Kapitulation waren zunächst die Amerikaner in Böhmen, dann kamen die Tschechen – und die Deutschen, auch der achtjährige Hans, mussten weiße Binden tragen.
Die deutschen Kinder mussten ihre Spielsachen abgeben, mit denen dann die tschechischen Kinder spielten. Zwei Klassen hatte Hans gerade besucht, dann gab es zwischen 1945 und 1946 ein Jahr lang überhaupt keine Schule.
Nach der Vertreibung
Zurück in den Unterricht ging es nach der Vertreibung in Wülfershausen bei Arnstein zusammen mit einem Freund aus dem Heimatort. Am humanistischen Alten Gymnasium in Würzburg legte Böhm 1958 sein Abitur ab, nicht erwartet hatte er die Eins in Mathematik. Weil er etwas mit den Dingen des täglichen Lebens zu tun haben wollte, studierte er Jura.
Bereits nach sieben Semestern (im achten hätte er auch nicht mehr gelernt) machte er ein „passables“ Examen und begann seine berufliche Laufbahn bei der Regierung von Unterfranken. Es reizte ihn, dass in der Verwaltung Verhandlungsstärke und gestalterische Fähigkeiten gefragt sind.
1962 lernte Johann Böhm seine aus Hannover stammende Frau Elke kennen, die er 1968 heiratete und die bei all seinen beruflichen und politischen Schritten immer mitgemacht hat. Zum Auftakt prüfte sie mit ihm das Angebot, Jurist am Landratsamt Bad Königshofen zu werden.
Auf der Rückfahrt tranken die beiden beim Kirchner in Bad Neustadt noch einen Kaffee, mit dem Ergebnis, dass Elke das „dynamischere Neuscht“ favorisierte. Tatsächlich kam einen Tag später die Nachricht, dass auch am Landratsamt in Bad Neustadt eine Stelle frei geworden war, die Johann Böhm im März 1969 antrat.
Mut zur Verantwortung
Hier habe er zu dieser Zeit noch praktisch und handfest arbeiten können, ohne dass weitere beratende Gremien eingeschaltet werden mussten. Dazu gehörte aber auch der Mut zur Verantwortung. Noch heute ist Böhm zufrieden mit der behutsam durchgeführten Gebietsreform und der Gründung von Verwaltungsgemeinschaften, die den Gemeinden ihre Selbstständigkeit sicherten.
Als Böhm 1974 in den Landtag gewählt wurde, gehörte er zunächst dem sozialpolitischen Ausschuss an, als dessen Vorsitzender er später auch für die Realisierung der Herzklinik und der Neurologischen Klinik in Bad Neustadt eintrat. Weil er die Entwicklung der drei Krankenhäuser im Landkreis Rhön-Grabfeld voraussah und ein Kreiskrankenhaus auf dem Rederkreuz errichten wollte, scheiterte wohl seine Landratskandidatur.
Stattdessen wurde er 1994 Landtagspräsident und übte dieses Amt neun Jahre lang aus. Dabei hielt er sich an die Devise von Papst Johannes XXIII., der grundsätzlich empfohlen hatte: „Nimm dich nicht so wichtig.“
Nie eine Rüge ausgesprochen
Eine Rüge habe er niemals ausgesprochen, er habe dem Humor den Vorzug gegeben. So brachte er zwei dauerschwätzende weibliche Abgeordnete, eine von ihnen Lehrerin, zum Schweigen mit dem Hinweis: „Wenn ich jetzt Lehrer wäre, würde ich Sie auseinandersetzen.“
Viele Präsidentenhände, ungarische, chinesische und die von Gorbatschow, hat Johann Böhm geschüttelt, nicht selten hat er mit der Prominenz sogar gesungen. Als Leiter der Staatskanzlei habe er sehr viel arbeiten müssen und oft erst die letzte U-Bahn nach Hause nehmen können. Aber in dieser Funktion lernte er bei Filmproduktionen auch tolle Leute wie Audrey Hepburn, Ludwig Waldleitner oder Joseph Vilsmaier kennen. Für seine großen Verdienste, die er sich erworben hat, wurde er mit einer Reihe von Orden ausgezeichnet, darunter das Bundesverdienstkreuz, der Gregoriusorden, den ihm Papst Benedikt XVI. verlieh, und der Frankenwürfel.
Treffende Lebensweisheiten und humorvolle Bemerkungen ließ Böhm in seine Erzählung einfließen, sodass die Zuhörer gar nicht genug von ihm hören konnten und auch erfahren durften, dass die einzige Enkelin es aufgegeben hat, dass noch irgendwo in der Familie ein Mädchen kommt. Denn die anderen fünf Enkel sind alle Buben.