zurück
Fladungen
Auf Zeitreise durch die Rhön
Für Eisenbahnfreunde ein Ereignis: Mit dem Rhön-Zügle auf Jubiläumstour.
Foto: Eckhard Heise | Für Eisenbahnfreunde ein Ereignis: Mit dem Rhön-Zügle auf Jubiläumstour.
Eckhard Heise
 |  aktualisiert: 23.07.2022 02:37 Uhr

Mit einem Jahr Verspätung feierte das "Rhön-Zügle" sein "silbernes" Jubiläum. 1996 nahm die Museumsbahn ihren Betrieb auf. Das musste natürlich würdig begangen werden – und wie sollte das anders gehen, als erst einmal mit einer Bahnfahrt.

Große Erleichterung am Bahnhof von Mellrichstadt: Eine Dampflok zieht die Anhänger zum Bahnsteig. Angesichts der Dürre musste damit gerechnet werden, dass nicht eine Dampflok zur Jubiläumstour durch das Streutal schnauft, sondern die Diesellok über die Schienen schnurrt.

Gleich zwei schwarze "Kohlenfresser" im Einsatz

Und noch eine Überraschung: statt einer sind gar zwei der schwarzen "Kohlenfresser" an der Zugspitze zu finden. "Wir wollen doch auch ein wenig zeigen, was wir haben", sagt Zugbegleiter und der Historiker unter den Fladungener Bahnfreunden, Wolfgang Bleiweis - und da noch etwas Zeit bis zur Abfahrt ist, beginnt er umgehend die Geschichte der Bahnlinie zu erzählen,

Das Rhön-Zügle war zu diesem besonderen Anlass gleich mit zwei Lokomotiven bestückt.
Foto: Eckhard Heise | Das Rhön-Zügle war zu diesem besonderen Anlass gleich mit zwei Lokomotiven bestückt.

Bleiweis, der hauptberuflich als Lokführer arbeitet, berichtet, dass 1898 der Betrieb der Linie aufgenommen wurde, zunächst vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, die stark mit dem Basaltabbau zu tun haben. Das Stockheimer Furnierwerk Rothhaupt nutzte die Transportmöglichkeiten auf der Schiene ebenfalls. Fast 80 Jahre herrschte aber auch Personenverkehr auf der Strecke, der dann 1976 eingestellt wurde, elf Jahre später kam auch das Aus für den Güterverkehr.

Der offene Wagen ist vor allem im Sommer heiß begehrt.
Foto: Eckhard Heise | Der offene Wagen ist vor allem im Sommer heiß begehrt.

Auf Betreiben des damaligen Landrats Fritz Steigerwald erfolgte die Rettung der Bahnlinie. So wurde 1996 erst der Abschnitt Fladungen-Ostheim und 2000 die Durchgängigkeit nach Mellrichstadt geschaffen, erklärt Bleiweis und springt dann doch auf - Zugführer Werner Heil hat das Abfahrtsignal gegeben.

Mit einem Ruck setzt sich der Zug mit seinen sechs Anhängern in Bewegung. Schon auf dem ersten der insgesamt knapp 19 Kilometer ist klar: Reisekomfort geht anders. Die Bremsen kreischen, Fenster klappern und es zeihen schon mal Rauchschwaden ins Innere der Waggons, die hin und her geschüttelt werden. Und trotzdem ist die Fahrt entspannend.

Langsam zieht die Rhöner Landschaft vorbei

Häufig genug wird die Entdeckung der Langsamkeit beschworen, aber erst bei ihrem Erleben wird ihre Bedeutung klar. Plötzlich ist Muße für Details: statt des modernen Kunststoffambientes eines Wartesaals wie in herkömmlichen Zügen verchromte, leicht angerostete Zierleisten und Lampen, gemütliche Holzverkleidung, Holzbänke in der dritten Klasse, tief gepolsterte Sitze zum Versinken in der ersten und zweiten Klasse. Draußen zieht bei knapp 40 Stundenkilometern langsam die Landschaft vorbei, bei der Fahrt entlang der Hinterhöfe sind Einzelheiten zu erkennen, Leute bleiben stehen und winken.

Technik von einst.
Foto: Eckhard Heise | Technik von einst.

Ein Ehepaar unter den Fahrgästen entpuppt sich als treue Fans der Bahn. Die zwei sind selbst Mitglieder eines Vereins für Freunde der Museumsbahn, allerdings bei Witten. Dort gebe es eine historische Strecke entlang der Ruhr. In der Rhön verbringen sie regelmäßig ihren Urlaub und drei Mal im Jahr fahren sie auch mit dem Rhönzügle, erzählt der Mann und beginnt auch schon etwas über die Baureihe der gerade besonders heftig schnaubenden Lokomotiven zu erzählen.

Eine Sonderfahrt für die Nordheimer Feuerwehr

Die verrichten bei Nordheim etwas mehr Arbeit, weil die Gleise Richtung Fladungen stärker ansteigen. Das ist auch die kritische Zeit für die Lokführer, erzählt nun Werner Heil weiter. Weil mehr Leistung verlangt wird, wird mehr verbrannt und mehr Funken können fliegen, die dann die Bahndämme entzünden könnten. Die Feuerwehr Nordheim kennt das aber schon und musste schon mehrfach ausrücken. Als Dank gab es für die gesamte Truppe eine Sonderfahrt. Jetzt herrsche noch Waldbrandgefahrenstufe vier, bei fünf müsse der Dampfbetrieb eingestellt werden, erklärt Heil.

Im Freilandmuseum war eine originalgetreue Nachbildung des früheren Bahnhofs von Fladungen aufgebaut.
Foto: Eckhard Heise | Im Freilandmuseum war eine originalgetreue Nachbildung des früheren Bahnhofs von Fladungen aufgebaut.

Nach der Ankunft in Fladungen gibt es für die Bahnfreunde aber noch mehr zu sehen. Der Verein zeigt seinen gesamten Fuhrpark und lädt zum Blick hinter die Kulissen in den Lokschuppen ein. Im Bahnhofsgebäude befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte der Strecke und im Eingangsgebäude des Freilandmuseums hat der Modelleisenbahnclub Mittelschmalkalden eine originalgetreue Nachbildung des früheren Bahnhofs von Fladungen aufgebaut.

Wer die Jubiläumsfahrt verpasst hat, kann das Erlebnis aber noch nachholen. Bis 9. Oktober fährt das Rhön-Zügle jeweils sonntags durch das Streutal.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Fladungen
Eckhard Heise
Eisenbahnfreunde Mellrichstadt
Feuerwehren
Fritz Steigerwald
Lokführer
Nostalgie
Passagiere und Fahrgäste
Zugbegleiter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top