Mindestens einmal im Jahr hat Monika Angenendt aus Kleineibstadt Besuch aus Amerika. Dann ist ihre Schwester Brigitta zu Gast. In diesen Tagen rüstet sich die Texanerin aber schon wieder zur Rückreise, denn bald geht es wieder Richtung Dallas.
Dort hat Brigitta Norman ein Haus, in dem sie zahlreiche Erinnerungen aus ihrer Heimat, dem Grabfeld, aufbewahrt. Brigitta Norman stammt aus Kleineibstadt, hieß früher Jahrsdörfer, und lebt seit den 1960er-Jahren in Amerika.
Fragt man Brigitta Norman nach Kleineibstadt, gibt sie unumwunden zu, dass sie den kleinen Grabfeldort nicht vergessen hat, obwohl sie von dort schon 1964 weggezogen ist. „Ich habe immer noch starke Heimatgefühle, vor allem an Weihnachten, und halte deshalb auch an meinen Kindheitstraditionen fest.“
Brigitta Norman ist mit ihrem Mann weit in der Welt herumgekommen, hat aber immer „die Heimat im Herzen getragen“. Vier Wochen war sie nun in Deutschland, hat ihre Schwester und den Bruder besucht und viele Bekannte und Verwandte. Unter anderem war sie auch Gast im Bad Königshöfer Rathaus bei Bürgermeister Thomas Helbling. In kürzester Zeit hat sie diverse Besuche erledigt, war in der Main-Gegend, sah Fronleichnamsprozessionen und war schnell auch mal auf der Wartburg in Thüringen; zwischendurch dann wieder bei ihrer Schwester in Kleineibstadt.
Viel zu erzählen gab es für sie beim Seniorennachmittag in Kleineibstadt, wo Brigitta Norman zu Gast war. „Da habe ich viele Bekannte getroffen aus Kindheitstagen“, lacht sie. Als dort über die lauteste Orgel der Welt in Yeosu in Südkorea erzählt wird, sagt sie spontan: „Dort war ich mit meinem Mann schon in einer Ölraffinerie.“ Bei ihrem Besuch in Deutschland kam sie auch zu Bekannten nach Würzburg und Gemünden. Dort erzählte sie von ihrer Heimat, von den Schlössern und der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Ihre Einladung, doch einmal ins Grabfeld zu kommen, wurde spontan angenommen – und so war die kleine Gruppe in Unterfranken und Thüringen unterwegs. Auch hier waren es wieder die Erinnerungen an ihre Kindheit, die Brigitta während der kleinen Führung wachgerufen hat. „Das ist jetzt aber schön geworden, wir sehen es sogar von Kleineibstadt aus“, schwärmt die Texanerin, und zeigt auf das Sternberger Schloss.
Natürlich legen sie am Schloss einen kleinen Halt ein, erfahren von den 365 Fenstern, den zwölf Kaminen, den 52 Türen und vier Türmen, die an die vier Jahreszeiten, die zwölf Monate, die 52 Wochen und die 365 Tage eines Jahres erinnern.
Schnell wird die Informationstafel am Schloss fotografiert und Brigitta Norman erzählt ihren Gästen, dass es im Grabfeld viele Schlösser gibt. Einst stand ein solches Schloss sogar in Kleineibstadt, das wurde allerdings durch einen Blitzschlag völlig zerstört. Bedrückend wurde die Stimmung der Reisegruppe dann an der einstigen Grenze bei Rieth, wo Reste des Grenzzaunes zu sehen sind, aber auch der Kfz-Sperrgraben und der Kolonnenweg. Bestürzung der Besucher dann bei Leitenhausen, einem Ort, den das DDR-Regime einst völlig dem Erdboden gleichgemacht hat. Lediglich der Friedhof und Grundmauern eines Gehöfts sind heute noch zu erkennen.
Schließlich ein letzter Halt am Wachturm bei Gompertshausen, wo die Gäste allerdings schmunzeln, als sie den Zaun sehen, der hier nachgebaut wurde. „Da hätte man ja drüberspringen können“, meinten die Besucher aus Gemünden und Würzburg. Doch sie erfuhren, dass der wirkliche Zaun – wie in Rieth gesehen – 3,20 Meter hoch und kaum zu überwinden war.
Bei einem Kaffee in der Königshöfer Innenstadt erzählt die Texanerin von ihren nächsten Vorhaben in den wenigen Tagen, die sie noch in Deutschland verbringt. „Ich will noch die Familie Nowitzki in Würzburg besuchen.“ Zu dem weltberühmten Basketballspieler Dirk Nowitzki, der bei den Dallas Mavericks in Texas spielt, habe sie einen sehr guten Kontakt, sagt sie. Dann geht es wieder zurück nach Dallas, wo man Brigitta Norman ab und zu an ihrem Arbeitsplatz am Flughafen in Dallas finden kann.
„Goodbye Deutschland, ich komme wieder“, sagt sie lachend zum Abschluss.